
© Catharina Frank
Isabel Gottfried bei der Käseherstellung
Seit 5:30 Uhr steht Barbara Kuhn in der Käserei und schneidet die dickgelegte Milch mit einer Käseharfe. Über 300 Liter frisch gemolkene Milch werden heute zu Schnittkäse verarbeitet. Die Hygienevorschriften sind streng. Normalerweiße haben Besucher hier keinen Zutritt. Auch ich musste Gummistiefel anziehen, eine Haube aufsetzen und mir die Hände waschen, um fürs FRIZZmag beim Käsemachen dabei sein zu dürfen.
Es ist ein Handwerk, das sehr viel Erfahrung braucht.
Zusammen mit Caroline Rinn hat Barbara Kuhn 2013 die Käserei des Hofgutes aufgebaut hat. „Die Milch sollte bei Rohmilchkäse nicht älter als 36 Stunden sein, sonst muss sie pasteurisiert werden“, erklärt sie. Zur Milch werden Milchsäurebakterien und Lab, ein Enzym, das aus Kälbermagen gewonnen wird, zu gegeben. „Der Rohmilchkäse ist damit sehr ursprünglich.“ Die Gallerte (dickgelegte Milch) wird mit der Käseharfe geschnitten, mit Hilfe des Rührwerkes gerührt und behutsam auf 32 bis 35 Grad erhitzt. Es gilt: Je härter der Käse, desto höher die Temperatur. Und je nach Käseart unterscheidet sich auch die Größe der Bruchkörner. Es braucht sehr viel Erfahrung, um Käse herzustellen. „Leider gibt es keine spezielle Ausbildung für das Herstellen von Käse. Man kann zwar Molkereifachfrau lernen, dort wird aber das Handwerk nicht beigebracht“, bedauert Kuhn. „Ansonsten gibt es spezielle Fortbildungen, die vom Verband handwerklicher Milchverarbeiter angeboten werden.“
Rund 60 Minuten nach dem Schneiden geht es ans Schöpfen. Dabei ist Fingerspitzengefühl gefragt. Die Käsemeister müssen abschätzen, wann die Masse die richtige Konsistenz hat. Die geschnittene Käsemasse (Gallerte), der sogenannte „Käsebruch“, wird dann in Käseformen mit Löcher geschöpft, die Molke fließt dabei ab. Pfeffer oder Kräutern versehen werden zu gegeben. „Das Schöpfen muss sehr flott gehen – innerhalb von 15 Minuten“. Danach werden die Käse gewendet. Sie „sehen schon wie Käse aus“ und müssen es danach schön warm haben. Am nächsten Tag kommen die Rohkäse in ein Salzbad, nach einem weiteren Tag in den Reiferaum, wo sie auf Holzbrettern im Käseregal gelagert werden. Dort werden sie anfangs jeden Tag, später einmal in der Woche mit Salzwasser geschmiert und gewendet. Frühestens nach 6 Wochen gelangen sie dann in den Verkauf.
Barbara Kuhn, diplomierte Sozialpädagogin, kam durch ein Praktikum zum Hofgut Oberfeld. „Käsemachen ist ein Handwerk, das auch körperlich sehr anstrengend ist, da man sehr viel Gewicht bewegt. Man braucht für diesen Job eine große Leidenschaft. Aber für mich kann kein anderer Job das ersetzen, ich habe in der Käserei meinen Traumjob gefunden“, so die gebürtige Pfälzerin, die auf dem Hofgut wohnt. Schmunzelnd ergänzt sie: „Viel Zeit verbringt man allerdings mit Putzen“.
Es ist schön anzusehen, wie die Käse langsam goldgelb werden.
Die zweite Angestellte in der Käserei ist Isabel Gottfried, die Landwirtschaft studiert hat und vorher selbständig als Bio-Kontrolleurin tätig war. Sie führt mich in die Reifekammer. Hier lagern die verschiedenen Käse in Regalen, mit einem Datum versehen und nach Alter sortiert. Die ältesten, goldfarbenen liegen oben im Regal. „Ich mag die Arbeit im Reiferaum, weil es schön ist anzusehen, wie sich die Käse verändern.“ Die Camemberts sind in eine Folie eingepackt, damit ein spezielles Klima entsteht, das den Käseschimmel zum Wachsen bringt. Im Hofladen des Hofguts gibt es mit rund 20 Sorten Käse in Demeter-Qualität inzwischen eine „tolle Vielfalt“, darunter Gutskäse, Bauernkäse, Käse verschiedenen Alters u.a. mit Pfeffer, Kräutern sowie Camembert, Brie, der fetaähnliche Rohling, rotgeschmierten Käse sowie Joghurt, Dickmilch und Quark. Ich werde in Zukunft meinen Käse nicht nur dort kaufen, sonder ganz anders und bewusster essen. Ich weiß ja jetzt, wieviel Liebe und Arbeit darin steckt.
Weitere Informationen:
Nicht nur ‚Käse kann man im Hofladen kaufen:
Hofgut Oberfeld Landwirtschaft AG Erbacher Straße 125, 64287 Darmstadt
Öffnungszeiten: Mo-Fr: 9-19 Uhr, Sa: 9-16 Uhr