
© Mitsch Schulz
Marco Sailer ist 29 Jahre alt, in Schwäbisch Hall geboren und gehört zu den Aufstiegshelden der Lilien. Der Stürmer ist einer der Publikumslieblinge am Böllenfalltor und wird, auch wegen seiner unermüdlichen Lauf- und Kampfbereitschaft, öfter schon beim Aufwärmen von den Fans besungen. Wir treffen uns mittags zu einem sehr intensiven Gespräch in einem kleinen Biergarten in der Stadt.
FRIZZ: Was bist Du für ein Typ?
Marco Sailer: Ich bin eigentlich ein ruhiger Typ, gar nicht so wie auf dem Platz. Ich brauche Zeit für mich, bin gerne mal alleine und denke viel nach. Die Leute glauben das meistens nicht und meinen, ich müsste immer unterwegs sein, aber ich brauch einfach auch Zeiten, in denen ich reflektiere, runterkomme und mich sozusagen wieder auflade. Ich bin eher Individualist, aber kein Einzelgänger. Ich muss nicht immer alles machen was andere machen. Ich bin eigentlich immer gut drauf und versuche das Beste aus allem zu machen. Wenn man immer alles gibt und mit sich im Reinen ist, gibt es keinen Grund für schlechte Laune. Im Großen und Ganzen bin ich mit meinem Leben sehr zufrieden. Sicher habe ich in der Vergangenheit auch mal Fehler gemacht, aber das gehört einfach dazu - die muss man bearbeiten, reflektieren und annehmen. Und dann aber auch abhaken. Mir fällt es schwer, über einen längeren Zeitraum schlecht drauf zu sein oder zu trauern. Da geh ich lieber voll in die Krise, bearbeite sie und schließe die Sache ab. Das Leben geht immer weiter, es bringt nichts, sich so lange mit negativen Dingen aufzuhalten. Das gilt auch für Niederlagen. Das nächste Spiel kommt bestimmt.
FRIZZ: Wie siehst Du Dich als Spieler?
Marco Sailer: Ich denke immer zuerst an die Mannschaft, bevor ich an mich denke. Ich würde mich als Kämpfer, Teamspieler und als uneigennützig beschreiben. Das ist nicht immer einfach, weil man dann als Einzelspieler ein bisschen untergeht. Für den Zuschauer sieht das vielleicht gar nicht so aus, aber wenn ich Statistiken anschaue, spricht das eher nicht für mich als Stürmer, außer vielleicht bei den gelaufenen Kilometern. Für meine Art von Spiel brauche ich natürlich die Mannschaft, die das akzeptiert, aber noch mehr den Trainer, der die Art und Weise mag, wie ich spiele. Als Spieler bin ich sehr selbstkritisch, nicht nur bei Niederlagen. Ich gehe oft nochmal Szenen durch und überlege, wie ich das besser hätte machen können. Der Unterschied zwischen dem Menschen Marco Sailer und dem Spieler ist, dass ich als Mensch eher ein entspannter Typ, mit einer Tendenz zum Faulenzer oder Träumer bin. Als Spieler bin ich total verbissen - also positiv verbissen. Der ehrgeizige Kämpfer, der alles gibt. Auf dem Platz heißt es immer: Vollgas geben und alles aus Dir rausholen.
FRIZZ: Wie sieht Deine weitere Lebensplanung aus?
Marco Sailer: Ich hatte schon immer den Traum von Familie und wollte eigentlich relativ früh Kinder und Familie haben. Familienleben ist für mich extrem wichtig. Das habe ich von zu Hause vorgelebt bekommen. Meine Eltern sind schon über 30 Jahre verheiratet. Irgendwann habe ich gemerkt, ich werde das nicht realisieren. Und jetzt gehe ich eben meinen Weg und bin gerade überzeugter Single. Ich mag mein Leben gerade so wie es ist. Ich will aber auf jeden Fall noch heiraten und Kinder haben. Das Leben abseits der Großstadt würde mir schon liegen. Ein kleines Häuschen auf dem Land, nichts Übertriebenes. Ich bin nicht besonders materiell. Aber meine perfekte Welt ist eine mit Frau und Kindern.
FRIZZ: Was würdest Du Deinen Kindern gerne mitgeben?
Marco Sailer: Für mich ist Liebe, Offenheit und Ehrlichkeit ganz wichtig. Und eine einfache, vernünftige und bodenständige Art zu leben. Heute geht viel verloren, z.B. dieses einfache und ernst gemeinte „ Danke“. Ein gewisser Anstand ist mir wichtig. Ich habe als Kind von meinen Eltern und Großeltern gelernt, dass ich, wenn ich irgendwo hinkomme, jedem erst einmal die Hand gebe. Vielleicht ist das nicht zwingend nötig, aber ich glaube das gibt das Gefühl, das man jeden ernst nimmt und einfach positiv und offen in Begegnungen hineingeht. Es ist wichtig, dass man ein paar Anstandsregeln lernt und grundsätzlich freundlich ist. Auch Demut finde ich wichtig. Man sollte nichts als selbstverständlich ansehen.
FRIZZ: Hast Du Vorbilder?
Marco Sailer: Was Fußball betrifft, hat mir Beckham immer sehr imponiert - dieser Mix zwischen coolem Fußballer und Werbefigur. Früher auf dem Bolzplatz hatte ich immer Beckham -Trikots an und mein Spitzname war dann auch immer „Becks“. Wenn ich nachhause komme, werde ich oft noch so genannt. Inzwischen orientiere ich mich aber mehr an Leuten, die ich kenne. Bei Menschen aus meinem Umfeld weiß ich halt, dass es ehrlich und real ist. Ich begeistere mich dann mehr an Dingen, die jemand kann oder an der Art von jemandem. Einer davon ist auf jeden Fall der Dodo. Ich finde, der hat so eine ruhige Ausstrahlung, absolut erstrebenswert. Ja und meine Eltern sind auf jeden Fall Vorbilder für mich - und mein Bruder, außerdem mein bester Freund, denn durch diese Menschen bin ich so geworden wie ich bin. Daher sind das Vorbilder für mich. Die machen ihr Ding, sind nicht arrogant. Das gefällt mir.
FRIZZ: Was hat Dich geprägt?
Marco Sailer: Wir sind eher bescheiden aufgewachsen, hatten nicht viel, aber ich habe von meinen Eltern gelernt, immer zu geben und zu helfen. Das ist heute noch so. Ich bin eher der Typ, der etwas gibt, auch wenn ich da manchmal naiv wirke und auch schon mal schlechte Erfahrung gemacht habe. Aber wie gesagt: Fehler, die man macht sind dazu da, sie zu erkennen und bearbeiten und dann in Dein Leben zu integrieren und sie beim nächsten Mal nicht zu machen. Es ist wichtig im Leben immer dazu zu lernen. Ich glaube an das Gute. Ich glaube, dass eigentlich kein Mensch von Natur aus einem anderem etwas Böses will. Erst die Lebensumstände und die Erfahrungen, die jeder Einzelne macht, führen dazu, dass es Probleme gibt. Aber, wie gesagt, grundsätzlich glaube ich an das Gute. Für diesen Glauben brauche ich keine höhere Macht oder keinen Gott. Ich denke, dass Religion die Menschen eher abhängig macht und dass Verantwortung für Dinge, die man nicht lösen kann an die höhere Macht abgegeben wird. Das ist nicht mein Ding. Ich versuche immer, alles selbst zu lösen und auch wenn es schwierig ist.
FRIZZ: Du veränderst relativ oft Dein Aussehen, was bedeutet Mode für Dich?
Marco Sailer: Es ist nicht unbedingt Mode, aber ich verändere mich gerne und probiere Dinge aus. Ich will nicht stehenbleiben, sondern weiterkommen. Die Welt dreht sich und ich will mitgehen und meine Träume verwirklichen. Ich will mit 35 nicht so sein wie ich jetzt bin, sondern mich weiterentwickeln. Jeden Tag alles geben. Das ist für mich erstrebenswert und vorbildhaft.
FRIZZ: Vielen Dank für das Gespräch!