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Annette Hempel
Haben Sie schon erlebt, dass Sie ein ausgewogenes Gespräch mit einer Person führten, in die eine Dritte einbrach, an einem Punkt anknüpfte und dann als einzige weitersprach? Kennen Sie Menschen, die nur zuhören, um selbst ausführlich zu antworten? Wenn Sie eine der Fragen mit Ja beantwortet haben, dann sind Sie einem Gesprächspiraten oder einer Gesprächspiratin begegnet. Das sind Menschen, die – meistens ohne böse Absicht, allerdings mit wenig Empathie und Reflexion – ein Gespräch kapern, um sich und ihre Perspektive mitteilen zu können. Eine gelungene Konversation besteht aus verschiedenen Themen und Beiträgen von allen Beteiligten, die nach ähnlichen Ansichten oder Erfahrungen und spannenden Hobbys suchen, um ein Gespräch aufbauen zu können. Wie kann man solche Menschen dazu bringen, einen Punkt zu setzen, um selbst auch etwas beisteuern zu können? Dazu bilden wir eine Annahme: Diese Menschen handeln so, *weil* sie endlich gehört und gesehen werden wollen. Ihnen fehlt Aufmerksamkeit, die sie sich von außen holen, wo immer es geht. Machen Sie sich klar, dass die Gesprächspiraterie nichts mit Ihnen persönlich zu tun hat, sondern dass dies aus dem Bedürfnis nach Gesehenwerden der kapernden Person herrührt. Zeigen Sie Mitgefühl, Anteilnahme, loben Sie, fragen Sie mittels geschlossener Fragen nach (Fragen, auf die mit Ja oder Nein geantwortet werden kann) und fallen Sie ruhig ins Wort. Übermäßige Höflichkeit ist fehl am Platz. Würdigen Sie einen Aspekt des/der Piraten/Piratin und knüpfen Sie an diesem, ohne innezuhalten, an: „Das ist eine interessante Perspektive, die ich gerne mit … ergänzen möchte …“. Wenn Sie das Gespräch verlassen wollen, können Sie dies mit Ihrer Körpersprache zeigen, indem Sie sich wegdrehen oder den ursprünglichen Faden wieder aufnehmen. Seien Sie aus Ihrer eigenen Wahrnehmung überdeutlich mit Ihren Worten und Signalen und klar in Ihrer Haltung. Ich wünsche Ihnen, dass Sie sich mit Menschen umgeben können, die auch Ihre Bedürfnisse im Blick haben.