
© Klaus Mai
Renate Köhler Engel Apotheke Merck
Wer die modernen und großzügigen Räumlichkeiten der Engel-Apotheke im Merck-Haus direkt am Luisenplatz betritt, würde nicht auf Anhieb vermuten, dass er sich in Darmstadts zweitältester Apotheke befindet.
Die 2017 renovierte und neu gestaltete Offizin ist hochmodern, rechter Hand in der hellen Kosmetikabteilung herrscht geschäftiges Treiben. Linker Hand sind alle 16 Bedienungsterminals besetzt mit freundlichen Mitarbeiter*innen, die mit Kunden im Gespräch sind. Auf dem roten Teppich in der Mitte des Raumes bildet sich dennoch eine kleine Warteschlange, in der Sitzecke unter dem Engel unterhalten sich angeregt zwei ältere Herrschaften.
Der hölzerne Engel mit den ausgebreiteten Flügeln ist immer noch das Wahrzeichen der Engel-Apotheke. „Er bedeutet Schutz und Stärke”, weiß Renate Koehler. Sie arbeitet hier seit 1983 und ist seit 1991 Inhaberin der Apotheke. Wenige wissen, dass sie Mitglied der großen Merck-Familie ist und eine über 350-jährige Tradition fortführt.
Mit Bewilligung des Landgrafen Georg II. errichtete der Hofapotheker Samuel Böckler 1654 am Schlossgraben die zweite öffentliche Apotheke Darmstadts, die spätere Engel-Apotheke. Nach seinem Tod erwarb sie 1668 der aus Schweinfurt stammende Apotheker Friedrich Jacob Merck. Dem kinderlos verstorbenen Friedrich Jacob Merck folgte sein Neffe Georg Friedrich Merck. Dessen Ururenkel Heinrich Emanuel Merck, der die Apotheke 1816 übernahm, leitete den Übergang zur industriellen Produktion ein. Dessen Mutter hatte 1819 ein geräumiges Haus an der Ecke Rheinstraße/ Luisenplatz erworben, 1828 wurde es abgerissen und neu gebaut, 1836 verlegte Merck die Apotheke vom Schlossgraben an den heutigen Standort. Im Zweiten Weltkrieg bei einem Luftangriff völlig zerstört, wurde die Engel-Apotheke 1952 an gleicher Stelle im neu errichteten Merck-Haus wieder eröffnet. 1990 erfolgte ein großer Umbau, 2011-2013 eine umfassende Renovierung des Merck-Hauses, die auch der Logistik und den Räumlichkeiten hinter den öffentlichen Räumen zugute kam.
Der Blick hinter die Kulissen ist beeindruckend, es mutet futuristisch an, wenn die digital gesteuerten Schlitten durch die schmalen Gänge des Medikamentenlagers sausen, Roboterarme zugreifen, das gewünschte Medikament auswählen und es per Rohrpost an das Bedienungsterminal liefern, von dem es bestellt wurde. „Nur noch der Computer weiß, wo sich welches Medikament befindet, denn sie werden nach der Anlieferung vollautomatisch und platzoptimiert ins Lager sortiert”, erklärt Renate Koehler.
Das ermöglicht eine maximale Kundenorientierung, die Mitarbeiter*innen bleiben durchgängig im Gespräch und haben so Zeit für umfassende Beratung und Hilfe. „Manchmal wünscht man sich schon die alten Zeiten zurück”, verrät Koehler, denn das Heraussuchen der Medikamente per Hand aus den alten Schubladen sei auch ein Moment der Entspannung gewesen. „Aber wir nehmen uns gerne Zeit für Gespräche und erklären viel. Ich denke, die Zuwendung zu unseren Kunden ist sehr hoch und unser Lohn ist, dass wir so viele zufriedene Kunden haben.”
Fast noch wie in alten Zeiten geht es im pharmazeutischen Labor zu. Hier wird abgewogen und pipettiert, spezielle Mischungen hergestellt, Dosierungen angepasst z.B. für Kinder. „Das ist immer noch das Herzstück unserer Apotheke”, sagt Renate Koehler, hier begann um 1830 die Erfolgsgeschichte des Pharmakonzerns Merck mit ersten Laboratorien auf dem heutigen Pali-Parkplatz.
Von dort aus wird heute angeliefert und ausgeliefert, mehr als 50 Mitarbeiter*innen, viele Mütter in Teilzeit, arbeiten in der Engel-Apotheke vor und hinter den Kulissen. Zweigstellen gibt es in Weiterstadt, Bickenbach und am AliceHospital.
Weitere Informationen:
Engel-Apotheke im Merck-Haus
Rheinstraße 7-9, Darmstadt
Telefon: 06151 / 995830
Öffnungszeiten: Mo-Fr 8-20 Uhr, Sa 8.30-20 Uhr, So geschlossen