© Johannes Schembs
Bad Hersfelder Festspiele
Hat Nach Dieter Wedels Demission den Intendanten-Stab übernommen, nun wurde er vom Coronavirus eingebremst. Dennoch will Joern Hinkel in Bad Hersfeld künstlerisch Kurs halten.
Komplett abgesagt sind die Bad Hersfelder Festspiele 2020 wegen des Coronavirus, aber wenn es nach Joern Hinkel geht, soll einmal mehr die alte Stiftsruine im Zentrum der Aktivitäten stehen. In der könnten, bei Beachtung der Abstandsregeln, auch in diesem Jahr bis zu 250 Zuschauer Platz finden - sofern das Gesundheitsamt sein Okay gibt. Komplett kulturlos wollen Hinkel und sein Publikum den pandemisch verhagelten Festivalsommer in Nordosthessen also nicht in Erinnerung behalten. Deshalb hat der Intendant unter dem Motto „Ein anderer Sommer“ für die Zeit vom 17. Juli bis zum 16. August ein Alternativprogramm zusammengedengelt, dessen Konzept er gerade dem Stadtverordneten-Ausschuss für Bildung und Kultur vorstellte.
Dieses projektierte „Festival des Erzählens“, das sich in allen denkbaren Formen den „Geschichten aus der Welt von gestern, heute und morgen“ widmen wird, soll mit bekannten Tournee-Schauspielern, aber auch Laiendarstellern vornehmlich an den Wochenenden von elf bis 24 Uhr an verschiedenen Orten Bad Hersfelds über innerstädtische Bühnen gehen. Zentraler Ankerpunkt bleibt dabei das imposante Ruinen-Areal.
In der würde erstmals ein Bühnenaufbau auf der Seite des Haupteingangs zum Einsatz kommen. Links und rechts davon könnten die Treppenaufgänge sowie der Chor als Spielfläche genutzt werden. Die Zuschauer würden eine neue Perspektive erleben, so Hinkel. Für diese Veranstaltungen stellt die kaufmännische Leiterin Andrea Jung dann auch deutlich niedrigere Eintrittspreise als bei den regulären Festspielen in Aussicht. Insgesamt, sagt Jung, soll sich das Programm aber durch Ticketverkäufe refinanzieren. Verzichtet werden soll allerdings auf die beliebte Festivalfanfare, „das wäre Etikettenschwindel“, sagt Hinkel.
Sperriges Festival-Motto, prominent besetzte Programmpunkte.
Inhaltlich soll „Ein anderer Sommer“ in den kommenden Tagen finalisiert werden, wenn die ausstehenden Künstlerverträge unter Dach und Fach sind. Gestalt nimmt wohl ein „Kammermusical“ mit je zwei Darstellern und Musikern an, an dem auch die Theatergruppe Anu mit ihren Licht-Installationen mitwirken soll. Daneben stehen Konzerte, Schauspiel, Kabarett, Lesungen, Malaktionen, Gastspiele, Talkrunden, Ausstellungen, Nachtschichten und Liederabende auf der Agenda. Laut Hinkel sollen die Festspiele dem Programm einen quasi-improvisatorischen Rahmen ohne „Notcharakter“ verleihen, in Zusammenarbeit mit dem Stadtmarketing werden zahlreiche weitere Mitwirkende eingebunden sein. Denkbar wäre beispielsweise ein „Fenster-Konzert“ der Meiß-Chöre am Marktplatz.
Die Bad Hersfelder Festspiele wären nicht Deutschlands größtes Freilichttheater-Event, würden nicht alljährlich auch bekannte Namen in der beschaulichen Kurstadt nahe Kassel vorbeischauen. Selbst wenn die Promi-Liste unter dem sperrigen Festivaltitel „Bad Hersfeld - Stadt der Geschichten“ diesmal erheblich kürzer ausfallen sollte, so könnte das Motto „Ein anderer Sommer“ als kultureller Aperitif mit Namen wie Daniela Ziegler, Ralf Bauer oder Ilja Richter durchaus die Bühnenlust in den Nischen von Europas größter romanische Kirchenruine neu entfachen.
„Bad Hersfeld - Stadt der Geschichten“ heißt das Festival, das unter dem Motto „Ein anderer Sommer“ an fünf Wochenenden vom 17. Juli bis 16. August stattfinden wird. Das endgültige Programm soll Anfang Juli bekanntgegeben werden. Eine fortlaufende Aktualisierung findet sich hier.