© Klaus Mai
Christian Grau
Eigentlich wollte er Fußballer werden, hat lange beim SV Darmstadt 98 gespielt. Aber zum Glück hat er sich bei der Berufswahl umentschieden. Denn sonst hätten die Darmstädter auf viele Anblicke aus ungewöhnlichen Blickwinkeln auf ihre Stadt verzichten müssen – einen „anderen Blick“. So heißen auch seine beiden Bildbände, die Darmstadt aus ungewohnter Perspektive zeigen: aus der Luft. Einige dieser sehenswerten großformatigen Aufnahmen hängen jetzt in der Roßdörfer Straße 67 – in seinem neuen Atelier. „Mit diesem Fotostudio habe ich mir einen Traum erfüllt“.
Christian Grau wurde 1965 in Darmstadt geboren und hat an der Lichtenbergschule Abitur gemacht. Er kommt aus einer Druckereifamilie, sodass ihm die Optik sozusagen in die Wiege gelegt wurde. Nach Abschluss einer Lehre zum Fotografen machte er sich 1992 gleich selbständig als freier Fotograf im Bereich Publizistik, Werbung und Dokumentation. Neben Fotografien in Deutschland ist er auch viel im Ausland für Reisereportagen und Werbeaufnahmen unterwegs: Venezuela, Chile, Spanien, Costa Rica und Simbabwe. Ein Highlight: 1997 war Grau als Fotograf im Rahmen der History-Tour mit Michael Jackson engagiert. Sein Erfolgsrezept: „Ich schnuppere gerne in viele Bereiche rein und habe mich nicht nur auf eine Sparte konzentriert“. Seine Kunden sind so vielfältig wie seine Aufnahmen: Industriekunden hat er genauso wie private Aufträge. Grau hat ein großes Netzwerk und kommt mit seiner ehrlichen Art bei vielen Menschen gut an, außerdem hat er durch seine über 20-jährige Selbständigkeit viele Erfahrungen mit Menschen gesammelt. „Den meisten Spaß an meinem Job macht mir die Abwechslung, es mit unterschiedlichen Menschen zu tun haben zu dürfen“.
Bekannt ist der Fotograf jedoch vor allem für seine Luftbilder, die er mit seinem Freund, dem Piloten, André Risto, aufnimmt. Seit 2005 Jahren überfliegen sie Darmstadt und andere deutsche Städte wie Frankfurt, Heidelberg oder Hamburg. „Durch die Möglichkeit, mit André zu fliegen, konnte ich einen eigenen Stil entwickeln und eigene Perspektiven einbringen“. Es sei schön zu sehen, wie viel Natur Darmstadt zu bieten hat, wie Grün es von oben ist. Auch baulich ist Einiges los. „Es ist eine Stadt, in der viel passiert und es gibt immer wieder Dinge, die ich gerne aus einer anderen Perspektive zeigen möchte.“ Fotografiert wird während dem Fliegen aus dem Fenster - 90 Grad von der Flugrichtung abgewandt -, denn die Cessna kann nicht in der Luft stehenbleiben wie ein Hubschrauber. „Meine Fotos entstehen im Hinunterschauen, das Bild bereits fertig im Kopf, dann ist es fast nur noch Technik“. Inzwischen ist der 2. Bildband „Der andere Blick“ erschienen und zeigt neue Motive und Blickwinkel. Auch neu: 54 Gastautoren/innen aus seinem eigenen privaten und beruflichen Umfeld – Journalisten, Ärzte, Anwälte, Architekten, Industrielle, Künstler, Freunde und Familie – ließen sich durch seine Bilder zu Texten, Gedichten und Essays anregen. Das Layout stammt von Fotograf Klaus Mai.
Graus Lieblingsmotiv ist der zugefrorene Woog, den so noch keiner fotografiert hat. Zum ersten Mal seit 19 Jahren war die Eisfläche auf dem Woog so dick, dass sie betreten werden durfte. Auch Grau war mit seiner Familie unterwegs. „Dort war eine Stimmung wie auf einem Volksfest: Es gab Glühwein, man traf Hinz und Kunz und hatte eine Menge Spaß“. Auf einmal kam ihm die Idee, diese einmalige Stimmung von oben zu fotografieren. Ein Anruf bei André Risto genügte und die Maschine wurde startklar gemacht. Das Ergebnis: eine einmalige Aufnahme, die mit Licht und Schatten wie graue und schwarze Schraffierungen an ein abstraktes Gemälde erinnert. Ungewöhnlich ist auch die Aufnahme von Darmstadt bei Nacht, die neue Fassade der Hochschule Darmstadt (Titel), auch seine Bilder im Schnee verbreiten eine besondere Stimmung. „Sticht im ersten Band noch die grüne Seite der Stadt hervor, so gibt es im zweiten mehr abstrakte fotografische Bilder ...“, so der Künstler Willi Bucher im Nachwort. Seit 9 Jahren ist auch ein Kalender mit den Luftbildaufnahmen erhältlich, der mit einer Auflage von 500 immer noch viele Abnehmer findet. Mit Graus Werken können die Betrachter ihr Darmstadt immer wieder neu erleben.
Wenn er nicht fotografiert, sitzt Grau gerne bei Pino‘s italienischem Bistro in Bessungen oder bei einer guten Flasche Wein beim Vino Central. Sehr gerne ist er aber auch mit dem Mountainbike im Darmstädter Stadtwald unterwegs. Die Farben können hier so schön sein wie beim Indian Summer in Kanada ... Was Darmstadt alles zu bieten hat, ist enorm – es ist alles eine Frage der Perspektive.
Ausstellung: Noch bis Mitte Januar sind seine Aufnahmen im Kundencenter der Sparkasse Darmstadt am Luisenplatz zu sehen.
Kalender: Darmstadt 2014, Vol. 9, für 19,90 Euro im Darmstädter Buchhandel.
Bildband: Darmstadt 2. Der andere Blick, für 49,90 Euro im Darmstädter Buchhandel oder bei Christian Grau im Atelier, Roßdörfer Straße 67, Darmstadt.