Seit über 30 Jahren arbeiten Sabine Schiner und Stefan Benz als Journalisten in Darmstadt. Im Interview mit FRIZZmag erzählen sie, warum sie Südhessen treu bleiben, was Fußball mit Theater verbindet und wie ihr Podcast entstand. FRIZZmag: Sabine – du bist Expertin für Wissenschaft, Medizin und Gesundheit, Stefan für Film-, Theater- und Kulturpolitik. Wie seid ihr Journalist:innen geworden? Stefan: Ich bin den klassischen Weg gegangen. In der Justus-Liebig-Schule Deutsch-Leistungskurs, gerne Aufsätze geschrieben, bei der Schülerzeitung mitgemacht, auch damals schon Kino- und Theaterkritiken. Bühne und Film haben mich immer schon begeistert. Ich hab dann Germanistik, Amerikanistik, Theater-, Film- und Fernsehwissenschaften in Frankfurt studiert und anschließend beim Darmstädter Echo mein Volontariat gemacht. Ich war 30 Jahre Redaktionsmitglied. Davor hab ich auch für andere Medien gearbeitet, in Darmstadt lange bei der „Klappe“, die dann ja zum FRIZZ-Magazin wurde. Sabine: Ich komme aus Titisee-Neustadt. Ein Arbeiterhaushalt. Ich hab verschiedene Jobs gemacht, schließlich eine Ausbildung als Zahnarzthelferin. Aber das machte mir alles keinen Spaß. Durch meinen damaligen Freund kam ich nach Darmstadt und bin hier aufs Abendgymnasium gegangen. Plötzlich erhielt ich Lob für meine Aufsätze. Eine Anzeige in der „Klappe“, die Stefan aufgesetzt hatte, führte mich zum Thema Kunst und Journalismus. Nach dem Biologiestudium hab ich ein Volontariat beim Darmstädter Echo gemacht, anschließend bei der „Ärzte Zeitung" gearbeitet, dann bin ich zum Echo zurückgekehrt. Bis vor einem Jahr war ich Reporterin in der Stadtredaktion. Jetzt bin ich freie Mitarbeiterin. Was bevorzugt ihr privat – Print- oder visuelle Medien? Sabine: Ich bin ein Büchermensch. Schon als Kind habe ich ganze Romanreihen verschlungen. Heute lese ich am liebsten Krimis – je gruseliger, blutiger und krasser, desto besser (lacht). Stefan: Ich bin eher der visuelle Typ. Um in die Welt der Bücher einzutauchen, brauche ich lange, bis vor meinem geistigen Auge die Bühne eines Romans bereitet ist. Über 30 Jahre bei einem Medium! Habt ihr je überlegt, zu wechseln? Sabine: Darmstadt ist spannend und ich mag Lokaljournalismus, erzähle gerne Geschichten. Wenn ich durch die Stadt fahre, begegnen mir so viele interessante Storys. Welche Möglichkeiten bietet euch das freie Arbeiten? Stefan: Meine Möglichkeiten, Kulturjournalismus zu machen, waren in der Redaktion zuletzt eingeschränkt. Jetzt habe ich wieder mehr Freiheit und einen größeren Radius, gerade was die tolle Bühnenlandschaft im Rhein-Main-Neckar-Raum betrifft. Das ist eine gute Überleitung zu eurem Podcast „Heinermania“. Wie kam es dazu? Sabine: Als Journalistin sind mir die Gespräche am wichtigsten. Da ich selbst gerne Podcasts höre, kam die Idee, einen Podcast für Darmstadt zu starten – mit Themen wie Kultur, Natur, Gesellschaft und Sport. Wir sprechen mit Menschen, die etwas zu sagen haben. Also haben wir uns Mikrofone angeschafft und ein kleines Studio im Gästezimmer aufgebaut. Unsere Freundin Mara Pitz, die selbst einen True-Crime-Podcast macht, hat uns Tipps gegeben – etwa, ein paar wichtige Zitate an den Anfang zu stellen. Unser Ziel ist es, die Vielfalt der Region zu zeigen, was die Menschen so alles machen, was hier alles möglich ist.

©Adrian Noltemeier
Heinermania
Stefan Benz und Sabine Schiner
Im Podcast vermittelt ihr, wie vielfältig die Kultur- und Sportlandschaft in Darmstadt ist. Wo geht ihr selbst am liebsten hin? Sabine: Ich mag die Bessunger Knabenschule und die Oetinger Villa – da geht der Punk ab. Bei mir muss es dröhnen! Stefan: Das Staatstheater ist schon gut, aber mein Lieblingsort ist das Stadttheater am Böllenfalltor. So ein Fußballspiel mit Fanchören, die Bühnenbilder basteln, mit einer Mannschaft, die in jedem Spiel eine Geschichte erzählt, einem Verein, der seine eigenen Mythen schreibt, mit Fans, die bei kultischen Handlungen in Ekstase geraten – das ist immer wieder eine unglaubliche Improshow. Das schaue ich mir seit 1978 an. Sabine hat mittlerweile auch eine Dauerkarte. Sport gehört zu euren Leidenschaften – neben dem Fußballschauen seid ihr auch selbst aktiv? Sabine: Ja, wir laufen, gehen schwimmen und trainieren im Fitnessstudio. Außerdem wandern wir gern, ob in den Alpen oder am Meer. Im Podcast tretet ihr als Duo auf – eine gelungene Mischung. Wie habt ihr das Format entwickelt? Stefan: Sabine hatte ja die Initiative. Sie ist quasi Generalintendantin und Programmdirektorin (lacht). Vor allem aber technische Leiterin, was am meisten Arbeit macht. Ich bin bloß der Sidekick und der Consultant. Vielleicht noch der Kulturbotschafter. Sabine: Um das Programm aufzulockern, teilen wir die Sendung in drei Blöcke auf: erst drei Fragen, dann ein Interview und zum Schluss Ausgehtipps für Darmstadt – alles in 30 bis 45 Minuten. Das Format ist Marke Eigenbau. Es wird ständig weiterentwickelt, ist learning by doing. Ihr stellt bei Heinermania an eure Gäste immer drei Fragen. Diese gibt es auch bei uns! Nordbad oder Woog? Nordbad – der Neubau ist ja ein Wasserpalast. Krone oder Centralstation? Krone – zumindest in unseren jungen Jahren. Mathildenhöhe oder Kunsthalle? Die Hallen auf der Mathildenhöhe; sie haben Darmstadt schließlich zwölf Jahre lang gefehlt. Zum Finale: Kurz und knapp einen Wunsch für Darmstadt. Sabine: Ich wünsche mir viel mehr grüne und wilde Ecken in Darmstadt! Stefan: Eine bessere Anbindung durch den öffentlichen Nahverkehr. Sonst wird das nix mit der Verkehrswende. Vielen Dank für das tolle Gespräch! ZUR WEBSEITE
info.bio
Sabine Schiner | * 1963 in Titisee-Neustadt | Ausbildung zur Zahnarzthelferin | Abendgymnasium | freie Mitarbeit Klappe Magazin | 1991 Biologiestudium | 1997 Volontariat Darmstädter Echo 1999 Redakteurin bei der Ärzte Zeitung in Neu-Isenburg, danach Redakteurin beim Darmstädter Echo | 2023 freie Autorin und Podcasterin Stefan Benz | * 1966 in Darmstadt | Abitur an der Lio in Darmstadt | 1985 bis 1994 freier Kulturjournalist für Darmstädter Echo, Frankfurter Neue Presse, Gießener Allgemeine, Klappe/Fritz Darm-stadt, Journal Frankfurt, Deutsches Allgemeines Sonntagsblatt, Rheinischer Merkur, Die Deutsche Bühne, Hessischer Rundfunk | 1982 Studium Germanistik, Amerikanistik, Theater-, Film- und Fernsehwissenschaften an der Uni Frankfurt (MA) | 1994 Redaktionsmitglied beim Darmstädter Echo | 1997 Redakteur im Feuilleton | 2016 schrift-stellerische Tätigkeit, Mitglied der Autorengruppe Poseidon | 2024 freier Kulturjournalist VRM, FAZ, seit November Podcast Heinermania | Auszeichnungen: Hessisch-thüringischer Jungjournalistenpreis 1996, Niebergall-Preis 2010 und 2022