Mit seinem unverwechselbaren Mix aus Rap, Reggae und tiefgründigen Texten hat sich Pasquale Valentin Denefleh, besser bekannt als GReeeN, längst einen festen Platz in der deutschen Musikszene erarbeitet. Der Mannheimer verbindet Beats mit Botschaft, Tiefgang mit Leichtigkeit und bleibt dabei immer er selbst. Im FRIZZ-Interview spricht der Mann mit den drei „E“ über seine Inspirationen, seine Musik und seine Lust auf Live.
FRIZZmag: 2013 bist du unter dem Namen „GReeeN“ erstmals in Erscheinung getreten. Wann wurde dir klar: „Musik ist mehr als nur ein Hobby – das will ich beruflich machen“?
GReeeN: Dieses Bewusstsein war schon recht früh da, so etwa, als ich achtzehn war. Damals hatte ich mit Freunden begonnen, Freestyle zu rappen. Die Raps haben wir aufgenommen und als ich abends auf der Heimfahrt im Zug die Sachen angehört habe, wusste ich: „Das ist es! Das ist mein Weg, den will ich gehen.“ Ursprünglich wollte ich eigentlich Archäologe werden. Doch als ich mich da habe rappen hören, hat das was mit mir gemacht. Ich habe damals schon fest daran geglaubt, dass man alles schaffen kann. Und ich wollte der lebende Beweis sein, dass das wahr ist. Dass auch ich es mit meinen Raps schaffen kann, auch ohne bzw. mit sehr geringem musikalischen Background.
Wie bist du auf den Namen „GReeeN“ gekommen – und warum mit drei „E“?
Von 2008 an hatte ich zunächst mit meinem besten Kumpel als „Die Zwei“ zusammen Musik gemacht. Wir waren „der Rote“ und „der Grüne“. Er hatte immer eine rote Hose an, ich eine grüne. So sind wir durch die Mannheimer Innenstadt gelaufen und haben unsere CDs unter die Leute gebracht. „Der Rote“ ist irgendwann ausgestiegen, aber ich hatte immer noch diesen Traum, den ich auf keinen Fall aufgeben wollte. Also habe ich weitergemacht. Allerdings klang mir „der Grüne“ zu politisch, deswegen habe ich mich „GReeeN“ genannt. Und mit drei „E“, damit man mich im Internet findet. Mit „Seeed“ hatte das, wie viele denken, nichts zu tun.
Deine Musik zeichnet eine besondere Mischung aus Tiefgang und Leichtigkeit aus – woher nimmst du deine Inspirationen?
Es gibt Themen, die mich beschäftigen und dann in meine Texte fließen. Ich war immer schon an allem sehr interessiert und habe meiner Mama schon als kleiner Junge dauernd Löcher in den Bauch gefragt. „Warum sind wir hier?“ und so weiter. Das waren schon richtig philosophische Frage-Antwort-Momente, die ich als Kind erlebt habe. Ich war und bin einfach sehr am Leben interessiert. Und ich möchte dabei in die Tiefe gehen und hinter das große Ganze blicken. Auch wenn in meiner Musik ab und zu der Quatschkopf zum Vorschein kommt, ist Oberflächlichkeit nicht mein Ding. Ich versuche immer, in der Tiefe meine Antworten zu finden. Das hat mich und meine Texte sehr geprägt.
Du kombinierst oft Reggae-Vibes mit Rap – wie würdest du selbst deinen Stil beschreiben? Der Titel deiner EP „Rappae“ trifft‘s ganz gut, oder?
Ja, auf jeden Fall. Auch wenn das damals eher ironisch gemeint war. Cro hatte damals sein erstes Album, in Anspielung auf seinen Sound aus Pop und Rap, „Raop“ genannt. Ich bin eigentlich immer schon ein Hip-Hop-Kid, aber irgendwann auf dem „Summerjam“ (bekanntes Reggae-Festival in Köln, Anm. d. Red.) mit Reggae infiziert worden. Der Sound hat etwas ganz Ähnliches in mir ausgelöst wie Hip-Hop und fortan war auch Reggae ein ganz wichtiger musikalischer Part für mich und hat natürlich auch Einzug in meine Songs gefunden. Und in Anlehnung an Cro habe ich meinen Sound „Rap + Reggae = Rappae“ genannt. Das trifft es immer noch sehr gut, finde ich. Wobei mittlerweile auch immer mehr Pop in meiner Musik passiert.
Gibt es Künstler:innen oder Genres außerhalb von Hip-Hop, die dich besonders geprägt haben?
Mein Vater hat sehr gerne atmosphärische Elektromusik, zum Beispiel von Schiller, gehört. Das hat mich immer zum Träumen gebracht und hat mich sicher geprägt. Der Tiefgang in meinen Texten hat sicher einen Bezug zu dieser ruhigen, nachdenklichen Musik.
Du bist dafür bekannt, Themen wie Achtsamkeit, Selbstreflexion oder auch Umweltschutz anzusprechen – wie wichtig ist dir Haltung in der Musik?
Finde ich wichtig, aber ich kann auch verstehen, dass manche Künstler:innen sich da zurückhalten. Die wollen eher nur ihre Musik machen und nicht als politisches Sprachrohr zur Verfügung stehen, denke ich. Bei mir verhält sich das anders: Ich möchte schon ein gutes Vorbild sein, weiß aber auch, dass ich Ecken und Kanten habe. Und wenn ich immer versuche, alles richtig zu machen, zensiere ich mich selbst irgendwann. Ich habe ja beispielsweise, gerade wegen dieser Vorbildfunktion, sehr lange nicht über „die Pflanze“ gesungen. Ich wollte nicht, dass „GReeeN“ mit Cannabis assoziiert wird, weil der Name nicht dafür steht, sondern für eine positive Lebenseinstellung und Nähe zur Natur. Das wollte ich nicht vermischen, habe aber irgendwann gemerkt, dass ich mich als Künstler dadurch zensiere. Ich habe einfach immer wieder gerne Musik gemacht, wenn ich eine Lunte geraucht habe, die mich in eine andere Welt hat fliegen lassen.
Wie gehst du damit um, wenn deine Meinung oder dein Stil aneckt oder polarisiert?
Ich bin manchmal zu nett, finde ich. Und manchmal leide ich unter meiner Nettigkeit, weil ich ziemlich sensibel bin. Da ist was in mir, was es allen Leuten recht machen möchte. Ich bin allerdings auch sehr kritikfähig und lerne aus jeder Kritik. Wahrheit ist mir wichtig und ich bin Leuten durchaus dankbar, wenn sie an meiner Musik oder meinen Texten auch mal etwas auszusetzen haben. Die Wahrheit, auch wenn sie vielleicht mal schmerzt, ist mir immer lieber als eine gut gemeinte Lüge. Und Kritik kommt ganz selbstverständlich, denn wenn du hundertprozentig „real“ bist, eckst du einfach auch mal an.
Dir war deine Unabhängigkeit als Künstler immer sehr wichtig, du hast dir schon früh in deiner Karriere ohne großen Support von außen viel aufgebaut, eigenes Label etc. Was waren die wichtigsten Erkenntnisse auf diesem Weg?
Der Weg war mitunter schon steinig. Ich habe immer wieder erlebt, dass Labels Acts über den Tisch gezogen haben. Diese Erlebnisse hatten sich ziemlich bei mir festgesetzt, weshalb ich richtige Angst vor Verträgen bekommen habe. Deshalb habe ich mich mit Freunden von mir, die außerhalb der Industrie standen, zusammengetan. Da gab es dann zunächst den großen „Family-Vibe“ und es wurde viel auf die bösen Labels geschimpft. Aber genau mit diesen „Freunden“ ist mir dann eine Menge Mist mit Knebelverträgen und anderem passiert. Meine Managerin sagt immer: „Der Teufel ist ein Eichhörnchen“. Und das war hier genau der Fall: Nicht die böse große Industrie hat mich gelinkt, sondern ich wurde von Eichhörnchen verarscht. Das war eine sehr wichtige Lektion für mich.
Im Sommer wirst du live auf einigen Festivals zu Gast sein, so auch auf dem „Schlossgrabenfest“, wo du am 6. Juni auftreten wirst. Als Mannheimer dürfte dir das Festival ein Begriff sein, oder? Wie sind deine Erwartungen an dieses „quasi Heimspiel“?
Natürlich habe ich vom „Schlossgrabenfest“ schon mal gehört, aber ich war tatsächlich noch nie dort. Ich habe bei Shows hier im Rhein-Main-Neckar-Raum auch nie dieses „Heimspiel-Gefühl“, obwohl ich nach wie vor hier in der Gegend lebe. Ich liebe es einfach, auf der Bühne zu stehen, egal an welchem Ort. Ich freue mich schon riesig auf den Abend bei euch, vor allem auch, weil meine Family mit dabei sein wird. Das wird richtig schön, da bin ich sicher!
Was macht dir mehr Spaß: eng an eng schwitzen mit den Fans im Club oder die große Crowd auf einem Festival wie dem „Schlossgrabenfest“?
Ich bin gerne an der frischen Luft, Open Air finde ich super. Klar, schwitzige Halle, das ist auch klasse und sehr nah an den Fans. Aber das kenne ich mittlerweile, nach meinen ganzen Tourneen in den letzten Jahren, ziemlich gut – dieses Game ist mir sehr vertraut. Aber Open Airs hatte ich noch nie so viele auf dem Zettel wie dieses Jahr und auf die freue ich mich schon sehr!
Hast du ein Ritual, bevor du auf die Bühne gehst?
Ich ziehe mich vorm Auftritt immer einen Moment zurück und mache Atemübungen nach Wim Hof (Extremsportler aus den Niederlanden, Anm. d. Red.), mit denen ich mein Blut mit mehr Sauerstoff anreichere. Das ist sehr meditativ und gibt mir sehr viel Konzentration, Ruhe und Power. Mit meinem DJ und der Band gibt’s auch ein Ritual: Wir reiben entenmäßig unsere Hintern aneinander, bevor es auf die Bühne geht. Die ganzen tiefen Umarmungen bei anderen Bands finde ich immer viel zu ernst … ich möchte da bei uns etwas mehr Lockerheit reinbringen (lacht). Und in den letzten zehn Minuten vor dem Gig schließe ich meine Augen und sage mir: „Danke, liebes Universum. Danke für den Moment, das wird gleich richtig geil!“ Und dann geht’s raus.
Im September erschien deine aktuelle EP „Dropical GReeeN“, nun folgt die Tour. Was dürfen wir als Nächstes von dir erwarten? Ich könnte mir auch einen Podcast von dir gut vorstellen.
Sehr guter Punkt! Über einen Podcast denke ich schon seit locker zehn Jahren nach. Aber ganz alleine möchte ich das nicht angehen, da hätte ich gerne eine Partnerin oder einen Partner mit am Start, um das gemeinsam zu stemmen, weil ich schon mit meinen ganzen anderen kreativen Jobs gut ausgelastet bin. Wichtiger Punkt noch: Es wird Ende Mai ein neues Album von mir geben! Ich habe mittlerweile sechzehn Tracks aufgenommen und habe mich vor einigen Wochen spontan entschlossen, die als Album zu veröffentlichen. Die Platte wird „Offline“ heißen und der Name ist Programm, denn von 2008 bis heute habe ich alles für meine Musik gegeben und an meinem Traum gearbeitet. Jetzt kommt noch mal dieses wunderbare Album und dann werde ich mir eine Auszeit nehmen und mich mal für eine Weile zurückziehen, bevor es nächstes Jahr wieder auf Tour durch die großen Städte geht.
Vielen Dank für das Gespräch.
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FRIZZmag präsentiert: „GReeeN“ live!
Fr., 6.6., 22:30 Uhr, „ECHO“-Bühne, Schlossgrabenfest, Darmstadt
FRIZZmag verlost 2x2 Festivaltickets für das Schlossgrabenfest vom 5.–8.6.25
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Betreff: GReeeN/Schlossgrabenfest
Einsendeschluss: 26.5.2025
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