Bereits seit der Veröffentlichung ihrer Debüt-EP „Du musst an den Frühling glauben“ läuft es für „Jeremias“ wie geschmiert: Nach ersten ausverkauften Tourneen folgte 2021 direkt der Top-Ten-Charteinstieg mit ihrem Debütalbum „Golden Hour". Vergangenen Herbst brachten die Hannoveraner ihren überaus erfolgreichen zweiten Longplayer „Von Wind und Anonymität“ heraus, den „Jeremias“ im Sommer u. a. beim „Schlossgrabenfest“ live präsentieren werden. FRIZZmag traf Sänger Jeremias und Gitarrist Olli zum Gespräch. FRIZZmag: Euer aktuelles Album ist auf Platz 3 der Charts eingestiegen, die letzte Tour im Herbst war weitestgehend ausverkauft. Wie fühlt sich dieser ganze Hype für euch an momentan? Olli: Das Privatleben ändert sich dadurch gar nicht großartig, finde ich. Wenn ich hier in Hannover in meiner Bubble in meinem Freundeskreis unterwegs bin, fühlt sich das an wie sonst auch. In der Außenwahrnehmung ist das aber natürlich anders: Die Hallen, in denen wir spielen, werden größer. Immer mehr Leute kommen zu unseren Shows. Aber wie sich das genau anfühlt, dass das so ist, kann ich gar nicht genau sagen. Was meinst du, Jere? Jeremias: Wir haben ein sehr gutes, vertrautes Umfeld, das uns erdet und die Bälle immer schön flach hält. Wie Olli schon gesagt hat: Wir schneiden das veränderte Drumherum mit, sind aber dieselben Leute geblieben und schreiben genauso wie früher unsere Songs. Wir machen nach wie vor was wir möchten und wie wir es möchten. Diese Freiheit ist aber auch ein großes Privileg. Reflektiert das neue Album „Von Wind und Anonymität“ die bewegte Zeit, die seit der Veröffentlichung eures Debüts vor drei Jahren vergangen ist? Jeremias: Ja, das würde ich schon sagen. Ich schreibe auch privat für mich Tagebuch und die Inhalte der Songs sind auf jeden Fall autobiografisch. Diese Zeilen entstammen alle unseren gemeinsamen Erlebnissen. Wie leicht seid ihr die Aufnahmen angegangen? Stehen nach einem sehr erfolgreichen Debüt nicht eine riesengroße Erwartungshaltung und eine große Angst, Fehler zu machen, im Raum? Olli: Im Gegensatz zum Debüt liefen die Aufnahmen für das zweite Album nicht in einem Rutsch. Wir waren nicht zwei Monate im Studio und dann war die Platte fertig, sondern wir haben da mal drei Songs aufgenommen, dann mal einen, dann wieder vier. Das war ein sehr langer Prozess und zwischen den einzelnen Aufnahmen gab es sehr viel Austausch zwischen uns vieren und unserem Produzenten. Dadurch ist es uns von Session zu Session leichter gefallen, unsere Ideen passend umzusetzen. Wir konnten sehr viel ausprobieren und hatten im Grunde immer das Gefühl, dass wir nichts zu verlieren haben. Jeremias: Diese Befürchtungen, die du gerade angesprochen hast, hatten wir vielleicht ein bisschen zu Beginn der Aufnahmen. Aber dadurch, dass wir uns so viel Zeit lassen und unterschiedliche Ansätze verfolgen konnten, war das am Schluss einfach eine Sammlung toller Songs, bei denen uns nicht mehr wichtig war, ob sie gut zusammenpassen. Das sollten einfach die Leute entscheiden. „Von Wind und Anonymität“ hört sich enorm vielschichtig an, fast, als hättet ihr so viel musikalischen Input wie möglich vereinen wollen. Trotzdem ergeben die Songs als Album ein sehr rundes Ganzes. Woran liegt das, eurer Meinung nach? Olli: Ich denke, dass Jeres Texte, seine Sicht auf die Dinge, unsere Songs zusammenhalten. Jeremias: Seit wir zusammen als Band unterwegs sind, seit sechs Jahren, teilen wir ein Leben. Diese Band nimmt einen sehr großen Platz in unserem Alltag ein. Und wenn du so eng aufeinanderhängst und darüber schreibst, sind diese Inhalte der Kleber, das sehe ich auch so. Das Musikalische ist dann unsere Experimentierwiese, auf der wir uns um diese Texte bewegen. Welchen Einfluss hat die Umgebung, in der ihr eure Lieder schreibt? Ich habe gelesen, dass das große Sommerhaus eines Freundes in Brandenburg eine nicht ganz unwichtige Rolle in der kreativen Entwicklung eurer Band gespielt hat? Olli: Dieses Haus spielt eine sehr große Rolle in unserer kreativen Geschichte, keine Frage. Mir fallen nicht viele Songs von uns ein, die außerhalb dieses Hauses entstanden sind. Als wir uns an die Songs zur zweiten Platte gemacht haben, lief das erst mal etwas holprig. Wir wollten zunächst alles anders machen: andere Songs, anderes Studio und auch nicht wieder in dieses Haus nach Brandenburg. Irgendwann sind wir doch wieder dort hingefahren. Dann gab es da zwei Tage lang „zwischenmenschlichen Kindergarten“ und auf einmal lief es absolut rund mit dem Song schreiben. Das mag so klingen, aber ich glaube wirklich, dass das an diesem Haus liegt. Es gibt dort einfach nix, kein Café, keine Bar. Wenn du da bist, bleibst du da auch. Und das sorgt immer dafür, dass wir ganz eng beieinander sind und uns auf unsere Songs konzentrieren. Seit einigen Jahren sind die Songs junger deutschsprachiger Songwriterinnen und Songwriter sehr gefragt. Warum ist deutschsprachige Musik so beliebt? Jeremias: Gute Frage. Ich denke, das hat zunächst mal viel mit der Sprache zu tun, die ja bei uns und einigen anderen Bands noch mal anders ist als bei diesen krassen Deutschpop-Acts. Wir drücken uns vielleicht etwas rustikaler aus und sind oft näher an der Realität mit unseren Texten. Da können sich viele Leute einfach wiederfinden. Ich selbst schreibe auf Deutsch, weil’s für mich am natürlichsten ist. Das ist die Sprache, in der ich träume. Von Anfang an waren „Jeremias“ viel auf Tour. Neben zahlreichen eigenen Shows habt ihr auch für Bands und Künstler wie „Giant Rooks“ oder „Cro“ eröffnen dürfen. Wie wichtig ist dieser Support bekannter Kolleg:innen? Tauscht man sich da auch aus, entstehen da Netzwerke? Olli: Diese gemeinsamen Konzerte haben uns auf jeden Fall was gebracht. Bei „Cro“ oder den „Rooks“ gibt es sicher eine Schnittmenge beim Publikum und wir konnten von deren größeren Reichweite sicher profitieren. Die gemeinsamen Konzerte mit „Cro“ haben sicher ihren Anteil daran, dass unsere letzte eigene Tour im Herbst so gut gelaufen ist. Und wir haben natürlich auch einiges bei diesen Shows gelernt. Vor allem: Ob du vor fünfhundert oder vor fünftausend Leuten spielst – im Grunde ist das dasselbe. Was wäre passiert, wenn es mit der Musik nicht geklappt hätte? Gab es oder gibt es einen „Plan B“ für euer Leben? Jeremias: Du sprichst auf jeden Fall gerade mit den zwei Vierteln der Band, die sicher keinen „Plan B“ hatten (lacht). Olli: Ich wüsste gar nicht, was ich sonst machen soll. Musik war und ist das Ziel. Everyday, für immer. Und ich denke, bei Jere ist das auch so. Jeremias: Ja, und ich denke, dass wir den familiären Rückhalt hatten und dass es schließlich auch geklappt hat … das ist nicht selbstverständlich und dafür bin ich sehr dankbar! Aber es war einfach klar, dass wir das machen müssen. Dieser Wunsch, Musik zu machen, ist bei uns allen so tief drin und so stark. Da führte kein Weg dran vorbei. Und wir werden das so lange machen, bis es nicht mehr geht. Auch diesen Sommer seid ihr wieder live unterwegs, so auch auf dem „Schlossgrabenfest“, wo ihr am 18. Mai spielen werdet. Wart ihr schon einmal in Darmstadt? Kennt ihr das Festival? Jeremias: Ja, klar. Wir waren schon ein paar Mal bei euch in Darmstadt! Wir haben vor einigen Jahren zum Beispiel im „806qm“ gespielt, allerdings im kleineren Raum. Und beim „Schlossgrabenfest“ haben wir eine unserer ersten Open-Air-Shows gespielt. Damals, als Mike Singer Headliner war. Und ich erinnere mich noch an die sehr weite Rückreise, die wir direkt nach der Show antreten mussten, weil wir uns kein Hotel leisten konnten. Das war damals unser Alltag und sehr prägend (lacht). Letzte Frage: Wie wird es nach dem ganzen Rummel um „Von Wind und Anonymität“ und der anstehenden Festivaltour weitergehen, gibt es schon Pläne? Jeremias: Ja, wir sind schon wieder mittendrin und am Machen. Olli: Wobei wir jetzt gerade im Moment, vor den Sommershows, uns noch eine kleine Pause gönnen. Aber wie Jere schon sagt: Wir haben viele neue Dinge angestoßen, die allerdings noch nicht so weit sind, dass wir hier konkret berichten können. Wir wissen selbst noch nicht so genau, wo die Reise hingeht. Aber es passiert eine ganze Menge und es ist und bleibt spannend! Vielen Dank für das Gespräch.
Weitere Infos hier. FRIZZmag präsentiert: „Jeremias“ live! Sa., 18.5., 20:40 Uhr, „MERCK“-Bühne, Schlossgrabenfest, Darmstadt
FRIZZmag verlost 2x2 Festivaltickets für das Schlossgrabenfest vom 16.–19.5.24. Bitte sende eine E-Mail mit deinem vollständigen Namen und Kontakt an verlosung@frizzmag.de. Betreff: Jeremias/Schlossgrabenfest Einsendeschluss: 10.5.2024 Die Gewinnbenachrichtigung erfolgt per E-Mail.