
©Thea Nivea
Thea Nivea Glosse
Thea Nivea
Hi, ich bin Thea Nivea. Nivea hab ich von meinem Vater. Weil ich als Kind mal Nivea gegessen habe. Erklärt er jedem, ders nicht hörn will. Überhaupt erklärt er reichlich viel. Damit ich durchblicke, sagt er. Dabei blick ich schon durch, sogar bei Politik. Oder bei Fußball. Und erklär ihm auch manchmal was. Oder meine Mutter mischt sich ein. Was dabei raus kommt, na ja, könnt Ihr selbst lesen, jeden Monat. Wenn Ihr mir was erklärn wollt, schreibt mir einfach: t.nivea@frizzmag.de
Was ist, frag ich, mit unserer Tradition, zusammen aufs Heinerfest zu gehen? Gerne, sagt meine Mutter, Freitagabend? Ganz schlechte Idee, sagt mein Vater, da ist Viertelfinale. Unser letztes EM-Spiel, sag ich. Ich hab doch nicht auch noch die Fußballtermine im Kopf, sagt meine Mutter, also wann? Du meinst, fragt mich mein Vater, wir fliegen gegen Spanien raus? Hallo, sagt meine Mutter, wir haben was zu klären, was ist mit Samstag? Lieber Sonntag, sag ich, und ja, Papa, meine ich. Warum nicht Samstag, fragt meine Mutter. Weil da auch Spiele sind, sagt mein Vater. Ich denke, sagt meine Mutter, Deutschland fliegt raus, warum müsst ihr dann noch gucken? Deutschland fliegt nicht raus, sagt mein Vater, wir besiegen im Endspiel England. Abwarten, sag ich, also Sonntag? Von mir aus, sagt meine Mutter. Gut, sagt mein Vater, kommt noch jemand mit mir zur Eröffnung? Ich hab keine Lust auf Baby-Benz, sagt meine Mutter. Baby was, frag ich. Frühere, leicht despektierliche Bezeichnung für den heutigen OB, sagt mein Vater, noch nie gehört? Doch, ich erinnere mich dumpf, sag ich, passt aber nicht mehr, er hat sich stark verändert. Nee, sagt meine Mutter, der ist ganz der Alte, kompromisslos und konfrontativ. Muss man ja vielleicht auch sein, sagt mein Vater, bei der Haushaltslage. Gabs da nicht, sag ich, dieses Bündnis für Verantwortung aus Grün-Schwarz-Lila und Rot? Richtig, sagt meine Mutter, und den Kompromiss beim Klimaticket, den der OB wieder infrage gestellt hat. Nachvollziehbar, sag ich, aber die Mehrheiten in der Stavo standen auch ohne seine SPD. Der OB ist der Einzige, sagt mein Vater, der die aktuelle Haushaltslage verinnerlicht hat. O-Ton Siebert, sagt meine Mutter, der neue, alte Genosse Fraktionsvorsitzende. Siebel, sagt mein Vater, Siebert, auch Michael, ehemals grüner Bürgermeister und übrigens der, der immer Baby-Benz gesagt hat. Jaja, sag ich, die Michaels aus der Mottenkiste. Weißt du, sagt meine Mutter, wer mir richtig leid tut? Jochen Partsch, sagt mein Vater. Quatsch, sagt meine Mutter, André Schellenberg. Ja, tragisch, sag ich, er war zwölf Jahre der Held des Haushalts, hatte alles im Griff, gönnt sich dann ne dritte Amtszeit und es ballert riesige Löcher in die Kasse. Und das Schlimmste kommt noch, sagt mein Vater. Was genau meinst du, fragt meine Mutter. Er meint, sag ich, die Folgen der Grundsteuerreform, die sind für Darmstadt heftig. Was noch nicht alle kapiert haben, sagt mein Vater. Ist ja auch nicht ganz so einfach zu verstehen, sag ich. Ahja, sagt meine Mutter, aber du kannst das kurz und verständlich erklären?! Ich kanns versuchen, sag ich. Da, sagt mein Vater, bin selbst ich gespannt. Also, sag ich … … sprach Zarathustra, sagt mein Vater. Unterbrich mich nicht, sag ich, ich muss mich konzentrieren: Im Zuge der Grundsteuerreform wurden alle Immobilien in Deutschland neu bewertet. So weit, so klar, sagt mein Vater, wir z. B. müssen weniger Grundsteuer bezahlen. Genau, sag ich, so gehts in Darmstadt vielen, was in der Summe heißt, bei gleichem Grundsteuerhebesatz nimmt Darmstadt 2025 weniger ein. Aber, sagt meine Mutter, der Hebesatz wurde doch gerade erhöht? Eben, sagt mein Vater, von 535 auf 875, wegen der Haushaltslage. Ich dachte, sagt meine Mutter, die Grundsteuerreform soll aufkommensneutral sein? Schon, sag ich, aber wenn Darmstadt 2025 so viele Steuereinnahmen haben will wie 2024, müsste der Hebesatz noch mal um 306 Punkte steigen. Das wären ja dann weit über 1.000, sagt meine Mutter, nee, da hast du was falsch verstanden. 1.081 genau, sagt mein Vater, das würde unseren privaten Haushalt ordentlich belasten. Okay, sag ich, dann zahle ich nächstes Jahr mein Heinerfestgeld wieder zurück. Welches Heinerfestgeld, fragt meine Mutter. Das, sag ich, was ich dieses Jahr kriege. Gestrichen, sagt meine Mutter, freiwillige Leistung, können wir uns nicht mehr leisten. Kompromiss, sagt mein Vater, du musst am Sonntag nix zahlen, wenn wir gegen Spanien gewinnen. Okay, sag ich, ich überdenke meine Prognose. Alles andere, sagt mein Mutter, käme mir auch spanisch vor.