©Thea Nivea
Thea Nivea Glosse
Thea Nivea
Hi, ich bin Thea Nivea. Nivea hab ich von meinem Vater. Weil ich als Kind mal Nivea gegessen habe. Erklärt er jedem, ders nicht hörn will. Überhaupt erklärt er reichlich viel. Damit ich durchblicke, sagt er. Dabei blick ich schon durch, sogar bei Politik. Oder bei Fußball. Und erklär ihm auch manchmal was. Oder meine Mutter mischt sich ein. Was dabei raus kommt, na ja, könnt Ihr selbst lesen, jeden Monat. Wenn Ihr mir was erklärn wollt, schreibt mir einfach: t.nivea@frizzmag.de
Also, sag ich, ich hatte jedenfalls schon mal recht. Womit, fragt meine Mutter. Mit allem, sagt mein Vater, du kennst doch unsere Tochter. Mit fast allem, sag ich, jedenfalls war unser letztes EM-Spiel das beim Heinerfest gegen Spanien. Ich hatte aber auch ein bisschen recht, sagt mein Vater, wir hätten im Endspiel gegen England gespielt. Und gewonnen, sag ich. Sowieso, sagt mein Vater, die Engländer können außerhalb ihrer Insel nix gewinnen. Na dann, sagt meine Mutter, sind die Wogen ja wieder geglättet, aber warum durften die Engländer überhaupt mitmachen, die sind doch aus der EU ausgetreten? EU und UEFA, sag ich, sind noch nicht ganz dasselbe. Und gestritten, sagt mein Vater, haben wir uns ja auch nicht wirklich. Ich hab mich ja auch ein bisschen gefügt, sag ich, mit der Relativierung meines Tipps. Naja, sagt mein Vater, ein Fragezeichen hinter deinem Juli-Glossen-Titel ist nur knapp genug Öl auf den familiären Wogen. Immerhin, sag ich, hab ich keins ins Feuer gegossen. Besser Öl auf den Wogen, sagt meine Mutter, als Öl auf dem Woog. Sehr coole Anspielung, Mama, sag ich, aber apropos Öl auf irgendwas, was meint ihr, gießt Jürgen Barth eher Öl auf die Wogen oder ins Feuer der Darmstädter Lokalpolitik? Auf jeden Fall, sagt mein Vater, hat er mal wieder für eine Zäsur gesorgt. Stimmt, sag ich, Grün-Schwarz-Lila hat keine eigene Mehrheit mehr. So bedeutend ist das auch wieder nicht, sagt meine Mutter, im Magistrat ändert sich gar nichts und in der Stavo gabs schon lange keine Kampfbeschlüsse mehr mit ausschließlich nur den 36 Stimmen der Koalition. Trotzdem, sagt mein Vater, ohne eigene Mehrheit macht eine Koalition keinen Sinn. Sagt auch der OB, sag ich, aber braucht es denn in der Kommunalpolitik unbedingt feste Koalitionen? Jedenfalls, sagt mein Vater, verbessert sich jetzt die Position der SPD. Ganz im Sinne von Jürgen Barth, sagt meine Mutter. Hör ich da, sagt mein Vater, leicht zynische Untertöne? Wäre nachvollziehbar, sag ich, beim Haushalt haben sie eh schon zusammengearbeitet und Dezernentenwahlen stehen vor der nächsten Kommunalwahl eh nicht an, da könnte man doch mal ganz unzynisch sachbezogen und frei von Koalitionszwängen entscheiden, vielleicht sogar mit wechselnden Mehrheiten. Das ist pure Politikromantik, sagt meine Mutter, real funktioniert das nicht. So ähnlich, sagt mein Vater, hätte das dein Ex-OB wahrscheinlich auch gesagt. Das Haus des Jugendrechts z. B., sag ich, ist ein gutes Beispiel, wozu Koalitionszwänge führen. Wieso, fragt meine Mutter. Weil, sag ich, wir das in Darmstadt schon viel früher hätten haben können. Seh ich auch so, sagt mein Vater, Partsch war dagegen, deshalb war auch die grüne Fraktion dagegen und somit auch die Koalition. Obwohl, sag ich, die CDU eigentlich dafür gewesen ist. Jetzt kriegen wir es ja, sagt meine Mutter, und gut so, dass da die Wogen geglättet sind. In Sachen Straßenbahn nach Wixhausen sind sie es offenbar auch, sagt mein Vater, da erkennen etwas überraschend auch die Grünen den Volksentscheid an. Du meinst, sag ich, diese lächerliche Bürgerbefragung, da könnte ich mich voll aufregen. Wieso, fragt mein Vater, es gab immerhin eine Rücklaufquote von 48 %. Das ist wie beim Brexit, sag ich, die demnächst sterbende Generation entscheidet über die Zukunft. Weil, sagt mein Vater, die demnächst Erwachsenen sich eben nicht genug beteiligen. Trotzdem, sag ich, das ist für mich ein Wixit, meine Generation wäre dafür gewesen, und überhaupt, was wären heute die Kranichsteiner ohne Straßenbahn, auf die hat man ja damals zum Glück auch nicht gehört. Zum Glück, sagt meine Mutter, schlagen die Wogen in der Politik nicht so hoch, mäßige mal deine Emotionen. Was soll das eigentlich immer mit deinen Wogen, sag ich. Das Einvernehmen, sagt mein Vater, kommt wohl auch daher, dass nicht genug Kohle in der Kasse ist. Trotzdem, sag ich, Politiker sollen meinungsbildend agieren, nicht Meinungen hinterherlaufen, da kann ich mich richtig aufregen, und so viel Öl, Mama, dass sich meine Emotionswogen glätten, kannst du gar nicht über mich gießen.