
©Thea Nivea
Thea Nivea Glosse
Thea Nivea
Hi, ich bin Thea Nivea.
Nivea hab ich von meinem Vater. Weil ich als Kind mal Nivea gegessen habe. Erklärt er jedem, ders nicht hörn will. Überhaupt erklärt er reichlich viel. Damit ich durchblicke, sagt er. Dabei blick ich schon durch, sogar bei Politik. Oder bei Fußball. Und erklär ihm auch manchmal was. Oder meine Mutter mischt sich ein. Was dabei raus kommt, na ja, könnt Ihr selbst lesen, jeden Monat. Wenn Ihr mir was erklärn wollt, schreibt mir einfach: t.nivea@frizzmag.de
Was schenken wir uns dieses Jahr zu Weihnachten, fragt meine Mutter. Weihnachten, sag ich. Wie, fragt meine Mutter. Etwas weniger kryptisch bitte, sagt mein Vater. Was ist daran kryptisch, frag ich, ist doch eindeutig: Wir schenken uns Weihnachten. Aha, sagt meine Mutter. Ich verstehe, sagt mein Vater. Was verstehst du, fragt meine Mutter. Sich etwas schenken, sag ich, im Sinne von darauf verzichten. Sie meint, sagt mein Vater, wir sollten uns das ganze Gedöns ersparen dieses Jahr. Im wahrsten Sinne des Wortes, sag ich, ersparen. Der durchschnittliche Deutsche will in diesem Jahr 281 Euro für Geschenke ausgeben, letztes Jahr waren es 282. Wir könnten uns ja mal was Selbstgemachtes oder ein liebevoll ausgesuchtes Geschenk schenken, sagt meine Mutter. Da liegst du aber voll neben dem Trend, sag ich, mehr als die Hälfte schenken Bargeld oder Gutscheine. Gutscheine sind ein prima Geschenk, sagt mein Vater, besonders für die Läden, in denen man sie kauft. Stimmt, sag ich, erfahrungsgemäß werden viele davon gar nicht eingelöst. Gut, dann machen wir das wie früher, sagt meine Mutter. Wie wie früher, frag ich. Oma und Opa haben uns immer was gekocht, sagt mein Vater, und eingefroren vorbeigebracht. Und unterm Baum, frag ich, ist es dann aufgetaut, oder wie? Nein, sagt meine Mutter, ist natürlich gleich in den Gefrierschrank gekommen. Nur die Rezepte, sagt mein Vater, waren liebevoll in Briefumschläge gepackt. Es gab eine gewisse Hoffnung, dass wir das mal nachkochen. Du oder Papa, frag ich. Kein Kommentar, sagt mein Vater. Wie früher heißt, ich mal euch ein Bild, sag ich. Oh ja, sagt meine Mutter. Aber ihr gebt nicht mehr so blöde Antworten, sag ich. Wie meinst du das, fragt meine Mutter. Naja, sag ich, wenn ich gefragt habe: Wie gefällts Dir? hat Papa immer nur gesagt: Schön. Nein, sagt mein Vater, ich hab gesagt: Sehr schön. Dein Vater, sagt meine Mutter, war noch nie sehr fantasievoll mit Lob. Deine Reaktion, sag ich, war auch nicht viel besser. Wieso, fragt meine Mutter, was hab ich gesagt? Die Hauptsache ist doch, hast du immer gesagt, sag ich, dass es dir selber gut gefällt. Das Megalob schlechthin, sagt mein Vater. Ich verstehs ja schon, sag ich, sollte halt so was Emanzipatorisches haben, so wie: Mach dich nicht abhängig vom Lob anderer, vertrau auf dich selbst. Manchmal, sagt mein Vater, ist halt ein Lob aus heiterem Himmel auch ganz schön. Das sagt genau der Richtige, sagt meine Mutter. Im Gegensatz zu Lachen aus heiterem Himmel, sag ich, das war nicht lustig. Ach, sagt meine Mutter, du meinst dein erstes Weihnachtsbild, das du uns gemalt hast? Ja, sag ich, da war ich fünf. Das muss ja traumatisch gewesen sein, sagt mein Vater. Ja, sag ich, ihr habt euch kaputtgelacht. Heute find ich das ja auch lustig, aber damals nicht. Stimmt, sagt mein Vater, ich erinnere mich, Ochs und Esel und Josef und Maria und Jesus, und alle mit Namen. Ich hab das Bild noch, wartet, sagt meine Mutter, ich komm gleich wieder. Du konntest schon schreiben, sagt mein Vater. Aber nur große Buchstaben, sag ich, und ich hab OKS und ESL geschrieben und PAPA und MAMA statt Josef und Maria. Und BEBI statt Jesus, sagt mein Vater. Hier, sagt meine Mutter und hält das Bild hoch, schau mal, wir dachten, das hier sei dann Omi. Obwohl da ganz klar OWI steht, sag ich. Du hast halt manchmal noch Buchstaben auf dem Kopf gemalt, sagt meine Mutter. Und wer konnte schon ahnen, sagt mein Vater, wen du meinst. Obwohl der total süß lacht, sag ich, Omi lacht fast nie. Wo doch Stille Nacht ihr Lieblingslied ist. Heilige Nacht, singt mein Vater, Gottes Sohn, o wie lacht… Genau, sag ich, ich dachte halt, Gottes Sohn heißt Owi. Wenn’s dich tröstet, sagt mein Vater, du bist nicht die Einzige, das ist ein uralter Witz. Und was machen wir jetzt Weihnachten, frag ich. Wie du gesagt hast, sagt meine Mutter, wir schenken es uns gegenseitig und feiern gemeinsam ein schönes Weihnachtsfest. Was, frag ich, heißt das konkret? Das, sagt mein Vater, besprechen wir jetzt gemeinsam bei nem Glas Glühwein auf dem Weihnachtsmarkt. Also, sag ich, alles wieder wie immer.
Hier gehts zu Instagram!