„Religion spielt eine große Rolle für mich“

Mitsch Schulz im Gespräch mit Konstantin Rausch

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© Mitsch Schulz

Konstantin „Kocka“ Rausch ist 25 Jahre alt und in Russland geboren. Der Mittelfeldmann, spielte schon einige Jahre Bundesliga in Hannover, bevor er zum VFB Stuttgart wechselte. Seit Beginn dieser Saison spielt er am Böllenfalltor, wohnt in Eberstadt und ist schon voll in Darmstadt angekommen. Wir treffen uns in einem Café und sprechen über seine Herkunft, seine Familie und Religion.

FRIZZ: Bist Du gut in Darmstadt angekommen?

Konstantin Rausch: Ja, sehr gut,  ich wohne in Eberstadt in einer schönen Gegend. Ich bin momentan Single. Mir gefällt es wirklich gut hier, es ist ruhig, trotzdem nah an der Stadt und ich komme sehr schnell zum Training. Das finde ich wichtig, ich bin nicht so der Typ, der jeden Tag stundenlang zum Training fährt. Ich hab mich hier sehr schnell zu recht gefunden, kenne schon viele Cafés und Restaurants, wir gehen ja auch im Spielerkreis vor oder nach dem Training was essen. Da lernt man die Gegend schon kennen.

FRIZZ: Wie läuft es sportlich?

Konstantin Rausch: Ich hab einen Einjahresvertrag. Wir haben uns so geeinigt, und dachten, dass das für beide Seiten erstmal das Beste ist. Ich wollte zu einem Verein, bei dem ich wieder spielen kann, um wieder richtig in Form zukommen und mein Selbstvertrauen wieder zurückzugewinnen. Es ist schwierig, wenn man fast eineinhalb Jahre kaum gespielt hat. Deswegen habe ich mir gesagt, dass ich auf jeden Fall in eine Gegend und zu einem Verein möchte, bei dem ich mich wohlfühle, wo die Leute offen und ehrlich sind und wo ich eine Chance habe, zu spielen und dem Verein zu helfen. Ich bin zufrieden und froh, dass das bisher ganz gut läuft.

FRIZZ:  Deine bisherige Karriere?

Konstantin Rausch: In Hannover war ich ja schon mit 16 und habe mein erstes Bundesligaspiel mit 18 gemacht.  Ich hab ca. 75 U-Länderspiele gemacht, bin sehr früh Profi bei Hannover geworden und habe mein erstes Bundesligaspiel mit 18 gemacht. Insgesamt habe ich 150-mal für Hannover gespielt. Das lief sehr gut, da war ich 22 und es gab ziemlich viele Angebote. Das ging damals alles sehr schnell. In Stuttgart kam dann der kleine Bruch. Daran sieht man, wie schnelllebig unser Geschäft ist. Erst lief alles unglaublich gut, auf einmal ist man kurz von der Bildfläche verschwunden und dann wird es schwierig. Dann heißt es, der hat nicht mehr so viel drauf, oder ist satt. Deswegen bin ich froh, jetzt mit Darmstadt wieder einen Partner zu haben, der gut zu mir passt und ich denke, dass ich auch gut zu Darmstadt passe. Hier hat von Anfang an alles gepasst und ich bin sehr gut aufgenommen und unterstützt worden. Das macht den Fußball dann auch aus, dass viele Dinge auch außerhalb des Platzes passen. Spieler und Verein müssen voneinander profitieren und sich gegenseitig unterstützen. Es wird von vielen Leuten oft unterschätzt, dass es auch um das eigentliche Spiel herum gut passen muss. Die Spieler müssen sich untereinander verstehen, die Bedingungen müssen geschaffen werden, dass alle Spieler Ihre Topleistungen abrufen können. Dazu sind einfach ein paar Dinge im Leben und auch außerhalb des Platzes notwendig. Die Spieler müssen sich in der neuen Stadt wohlfühlen, das Umfeld mit denen die Spieler tagtäglich zu tun haben, muss stimmen. 

Man muss einfach sehen, dass Spieler auch ganz normale Menschen sind, die mal Probleme haben oder sich aus irgendeinem Grund nicht wohlfühlen. Wenn dann ein Spieler auf einmal drei, vier Spiele lang nicht so gut ist, heißt es sehr schnell, dass er ein schlechter Spieler ist. Es kann auch mal sein, weil er ein Mensch ist wie jeder andere, dass er mal etwas krank war, oder familiäre Probleme hatte und sich aus irgendeinem Grund nicht wohlfühlt. Aber das sind Sachen, die nie gesehen werden und das ist schade. Da spielen dann die Medien auch eine große Rolle. Aber das gehört eben zum Profitum dazu. Da muss man lernen, als Spieler gut mit umzugehen. Aber fast alle Spieler, die ich kenne können das  auch sehr gut. Ich hab damit, speziell auch mit der Erfahrung aus Stuttgart, überhaupt keine Probleme, aber ich würde mir wünschen, dass es mehr Leute gibt, die auch mal hinter die Kulissen gucken und sehen, dass das alles nur menschlich ist.

FRIZZ: Wie siehst Du dich selbst? 

Konstantin Rausch: Ich bin schon sehr  geradeaus, ich finde, jeder Mensch sollte das sein, also immer ehrlich mit Leuten umgehen, egal ob man viel oder wenig mit ihnen zu tun hat. Ich würde sagen, ich bin offen und ehrlich, aber das ist eine Frage, die besser jemand beantwortet, der mich gut kennt. Sich selbst einzuschätzen ist immer schwierig. 

FRIZZ: Du bist ja in Russland groß geworden und dann als Kind nach Deutschland gekommen...

Konstantin Rausch: Ja, ich bin schon in Russland sozialisiert worden und viele Eigenschaften als Mensch und die Art wie man denkt, werden ja in den ersten Jahren festgelegt. Ich habe gelernt, wie es ist, in Deutschland zu leben, habe mich auch total gut angepasst und kann hier sehr gut leben. Ich möchte hier auch immer leben. Da bin ich wirklich deutsch. Aber meine Mentalität und meine Denkweise sind, glaube ich, sehr russisch geprägt. Bei uns ist es extrem familiär. Bei russischen Familien ist es oft so, dass man für die Familie alles tut. In Deutschland habe ich das oft so kennengelernt, dass alles etwas weicher, etwas softer ist, da wird mal dies und das durchgehen gelassen. Wir sind da vielleicht ein bisschen härter und entschlossener mit der Familie. Da kommt nichts dazwischen. Das ist so der größte Unterschied. Es ist schwer, das zu beschreiben. Es ist auch nicht besser oder schlechter, es sind eben unterschiedliche Ansichtsweisen, oft auch nur Kleinigkeiten. Vielleicht sind wir etwas  stolzer oder radikaler, was viele Dinge betrifft.

FRIZZ: Welche Bedeutung hat Familie?

Konstantin Rausch: Ich bin schon der Familienmensch und habe die Familie gerne um mich herum. Das Fußballleben ist halt einfach so, dass man Wege einschlägt, die zur Trennung von Familie und Wohnort führen. Ich lege aber sehr viel Wert darauf, meine Familie so oft wie möglich zu sehen. Deswegen nutze ich im Moment auch jedes Mal, wenn ein, zwei Tage trainingsfrei sind, oder jetzt die Länderspielpause, um Nachhause nach Celle zu fahren und alle zu sehen. Mir ist der ständige Kontakt zu Freunden und der Familie sehr wichtig. Das sind die Menschen, die mich schon vor und natürlich auch während meiner Fußballkariere begleitet haben. Man kennt sich in und in und auswendig und kann über alles reden.

FRIZZ: Popkulturelle Interessen?

Konstantin Rausch: Ich bin Serienfan, es ist so unglaublich, wenn man da mal angefangen hat, dann will man gar nicht mehr aus dem Haus, so spannend sind manche Serien. Ich hab mit „Prison Break“ angefangen, „Homeland“ hab ich geschaut, „twenty-four“ natürlich, eine überragende Serie. Das Problem ist halt, dass es da soviele Staffeln gibt und wenn man dann einmal angefangen hat will man natürlich immer alles sehen. Jetzt schaue ich eine Mafia Serie, die das Leben von Pablo Escobar erzählt. Die soll auch sehr gut sein. Ich warte immer bis eine Staffel auf dem Markt ist und dann schaue ich sie komplett. Immer auf eine Folge zu warten, wäre nicht mein Ding.

Musik höre ich sehr gerne, RnB und Hip Hop, auch Soul mag ich sehr gerne. Mit der Zeit kommt da viel zusammen. Ich hab einen Kumpel, der DJ ist, das ist eine gute Quelle. Der versorgt mich ganz gut, auch mit neuen Sachen. Ich höre oft zuhause Musik, im Auto immer. Natürlich auch vor den Spielen. Ich mag Chris Brown sehr oder Lil Wayne.

Ich gehe auch gerne ins Kino, ich mag Drama, Thriller, Action, auch Komödien. Science Fiction ist eher nichts für mich. Die letzten Filme, die ich im Kino gesehen habe, waren „Straight Outta Compton“ und „Hitman“. „Gesetz der Rache“ mit Gerald Butler war überragend, „Walls of wallstreet“ mit Leonardo die Caprio war auch super.

Am meisten stehe ich auf Denziel Washington, den finde ich extrem gut, „The Equalizer“ war auch der Film in letzter Zeit den ich am besten fand.

FRIZZ: Nachrichten, Politik?

Konstantin Rausch: Nachrichten und Politik, wenn ich ganz ehrlich bin, mein Interesse ist da nicht so groß. Bei den ganz schlimmen Geschichten, über die dann jeder redet, die schaue ich mir am liebsten gar nicht an. Man weiß genau, dass man nicht helfen kann. Es gibt Schicksale, das ist unfassbar. Wenn es z.B. um Kinder geht, die keine Wahl haben, die im Krieg sterben, dass guck ich mir nicht an. Da kann einem nur bewusst werden, wie gut es einem geht.

Natürlich bekomme ich einiges mit, aber meistens geht es da um Machtkämpfe, oft zum Schaden anderer Menschen, die wenig tun können, das ist schade. Man weiß auch nie was wirklich stimmt. Wenn ich schon manchmal lese was über Fußball geschrieben wird… Wenn ich das mitbekomme und weiß, dass es ganz anders ist und wenn ich das dann auf Politik und Nachrichten übertrage, dann könnte ich mir vorstellen, dass ebenso nicht immer die Realität abgebildet wird.

FRIZZ: Ist Religion wichtig für Dich?

Konstantin Rausch: Religion spielt eine große Rolle für mich. Ich bin evangelisch. Religion ist ein Thema, das man als Kind schon mitbekommt. Meine Eltern waren da sehr prägend, meine Mutter besonders. Sie hat mir immer sehr viel von Respekt und Glaube und wie man sich anderen Menschen gegenüber zu verhalten hat, beigebracht. Ich hab dann schon mit 5 oder 6 Jahren abends immer gebetet. Ich mache das heute noch, jeden Abend vor dem Schlafen gehen. Ich hab meine Ikone Zuhause, die hat einen festen Platz. Auch meine Tätowierungen hängen alle mit Glaube und Familie zusammen. Nur in die Kirche gehe ich etwas zu wenig, das hängt zwar viel mit Fußball und den Terminen Samstags und Sonntags zusammen, aber da will ich mir noch mehr Mühe geben. Ich denke, man sollte seinen Glauben auch in der Kirche zeigen.

FRIZZ: Vielen Dank für das Gespräch!

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