„Unser Ziel ist es, den SV98 step by step zu professionalisieren..."

Interview mit Lilien-Vizepräsident Volker Harr

by

© Klaus Mai

Volker Harr ist Vizepräsident bei Darmstadt 98. Der gebürtige Darmstädter war schon immer Lilien-Fan. Heute steht er nun als Mit-Verantwortlicher im Stadion. Harr erzählt im Interview mit FRIZZ, wie er  Vize-präsident wurde, welche seine Aufgaben sind, was das Besondere am Verein ist, wie er dessen Zukunft sieht und über das besondere soziale Engagement von SV Darmstadt 98.

FRIZZ: Herr Harr, wie wurden Sie Vizepräsident beim SV98?

Volker Harr: Ich bin schon als Junge ins Stadion gegangen und habe mich für den Verein interessiert und engagiert. Irgendwann fragte mich der ehemalige Präsident Hans Kessler, ob ich mir vorstellen könne, im Präsidium mitzuarbeiten. Da habe ich mich gerne überzeugen lassen, denn so konnte und kann ich die Zukunft des Vereines aktiv mitgestalten. Das gesamte Präsidium ist vor einem Jahr wieder gewählt worden und das einstimmig, was mich sehr gefreut hat. Zu unserem Amt gehört sehr viel Engagement und Herzblut und das selbstverständlich unabhängig davon, in welcher Liga die Lilien spielen.

FRIZZ: Welche Aufgaben haben Sie im Verein?

Volker Harr: Ich bin zuständig für die Vermarktung und den Vertrieb, kümmere mich also u.a. um die Sponsoren und deren Projekte. Wir sind weiterhin froh über jeden, der unseren Verein unterstützen möchte. Die Zusammenarbeit mit den Sponsoren werden wir in der nächsten Zeit auch noch weiter intensivieren.

FRIZZ:  Sie sind ja hauptberuflich Banker in Frankfurt. Wie schaffen Sie das zeitlich?

Volker Harr: Alle Präsidiumsmitglieder haben noch einen Hauptberuf. Bei mir funktioniert das nur, weil meine Familie - meine Frau und die drei Kinder - voll hinter mir stehen. Meine Frau hält mir den Rücken frei - ohne sie wäre das alles nicht möglich. Schließlich habe ich in meiner Position neben den normalen Terminen an den Wochenenden auch einige Sponsoren-Veranstaltungen, wo das Netzwerken im Vordergrund steht.

FRIZZ: Wie haben Sie die letzten Jahre beim Verein erlebt?

Volker Harr: Der Aufstieg in die 2. Liga mit dem Herzschlagfinale in Bielefeld und auch der Aufstieg in die 1. Liga waren weder vorhersehbar noch planbar. Es ist wirklich ein Traum in Erfüllung gegangen. Eigentlich war das Ziel des Vereins, nicht aus der 2. Liga abzusteigen. Als der Schlusspfiff beim letzten Spiel gegen den FC St. Pauli ertönte, liefen mir und vielen anderen Fans die Tränen. Es war ein unglaubliches Gefühl, es geschafft zu haben! Das haben wir unserer Mannschaft, den Trainern, dem Betreuerteam und unserer treuen Fangemeinde zu verdanken. Die Mannschaft ist integer und hält zusammen – jeder gönnt dem anderen seine Einsatzzeiten. Dirk Schuster hat ein unglaubliches Händchen für die Auswahl der Spieler. Für mich ist es ein tolles Erlebnis, den Verein seit drei Jahren als Präsidiumsmitglied begleiten zu dürfen. Der bisherige Erfolg wurde hart erarbeitet, ist aber auch ein Geschenk, das wir annehmen und genießen sollten. So freue ich mich auf die Spiele mit den anderen Bundesligavereinen.

FRIZZ: Was ist das Besondere beim SV98?

Volker Harr: Die Leute mögen unseren old-school-Flair. Das Stadion stammt aus den 1920er Jahren und wurde in den 1950er Jahren teilweise erneuert, ist jetzt aber wirklich in die Jahre gekommen. Durch den sportlichen Erfolg, den die Mannschaft hat, besteht jedoch auch die Gefahr, hier über manche Probleme hinwegzusehen. Das Stadion hat mit seinem offenen Charakter einen gewissen Charme, jedoch stoßen wir derzeit mit den Baulichkeiten und der ganzen Ausstattung an die Grenzen des Machbaren. Zum Beispiel haben wir die Festangestellten der Geschäftsstelle von vier in der 3. Liga auf 15 erhöht, weil wir natürlich Verstärkung in den verschiedenen Bereichen, unter anderem auch im Vertrieb, benötigen. Allerdings haben wir jetzt mit der aktuellen Infrastruktur ein Platzproblem für die Mitarbeiter.

FRIZZ: Wann ist mit der Fertigstellung des neuen Stadions zu rechnen?

Volker Harr: Der sportliche Erfolg und der Aufstieg in die 1. Bundesliga haben uns ein bisschen überrollt. Wir sind ja nur Mieter des Stadions, die Stadt Darmstadt ist Eigentümerin und treibt derzeit den Stadionumbau wirklich sehr gut voran. Bis jedoch die ersten Bagger anrollen, wird noch ein bisschen Zeit ins Land gehen. Wir rechnen mit einer Fertigstellung des Sportzentrums Merck-Stadion am Böllenfalltor nicht vor 2018. Wichtig ist uns, dass die Fans gut in die Planung eingebunden werden, da wir in Darmstadt eine Fangemeinde vorfinden, die immer auch tolle Ideen liefert.

Unser Verein könnte ohne die vielen Ehrenamtler das Ganze gar nicht stemmen. Insofern passt der neue Claim: „WIR LILIEN. AUS TRADITION ANDERS“ perfekt. Außerdem können wir uns auf unsere Sponsoren verlassen, die den Verein teilweise seit Jahren unterstützen.

FRIZZ: Welche sind die sozialen Aktivitäten des Vereins? Was heißt „Im Zeichen der Lilie“?

Volker Harr: Beim SV98 ist das Besondere, dass sich der Verein mit Partnern für soziale Projekte engagiert. So werden seit 2012 alle sozialen Aktivitäten des SV98 im Rahmen der Kampagne „Im Zeichen der Lilie“ gebündelt - eine tolle Aktion, um etwas Gutes zu tun und einen Anteil für benachteiligte Menschen zu leisten. Unterstützt werden wir von der Software AG, der Entega, von TE Connectivity, der Firma Datron, der Firmengruppe PEAK und den Echo Zeitungen (Medienpartner). Außerdem stellt der SV98 gemeinsam mit der Stadt Darmstadt Freikarten für Darmstädter Bürger mit geringem Einkommen zur Verfügung.

FRIZZ: Es gibt ja ein völlig neues soziales Konzept auch im Sponsoring-Bereich ....?

Volker Harr: Ich kenne den  geschäftsführenden Gesellschafter der PEAK-Gruppe, Axel Dohmann, aus der „Lilien-Sauna“ in Erzhausen, da er dort als Aufgießer seit über 20 Jahren einer Freizeitbeschäftigung nachgeht. Unmittelbar nach dem Spiel in Bielefeld äußerte er Interesse, als Sponsor einzusteigen, um soziale Projekte zu unterstützen. Getreu nach dem Motto: „Wir können diese Welt nicht vollständig verändern, aber vielleicht können wir mit diesem Ansatz etwas dazu beitragen, sie ein klein wenig besser zu verlassen als wir sie vorgefunden haben“. Gemeinsam entwickelten wir dann ein völlig neues Konzept im Sponsoring-Bereich - einen eigenen Baustein. Damit sollen soziale Projekte aus der Region aktiv gefördert werden. Die Darmstädter Unternehmensgruppe PEAK ist inzwischen offizieller Premiumsponsor der Lilien.

Die soziale Plattform, unter der die Darmstädter PEAK-Gruppe das Engagement zusammengefasst hat, ist heute als PEAK98 bekannt, eine Kombination aus PEAK und SV98. Somit wurde auch ein eigener Internetauftritt www.peak98.de geschaffen, um über die Aktivitäten zu berichten.

FRIZZ: Wie wird das Konzept umgesetzt? 

Volker Harr: Bei jedem unserer Heimspiele wird eine Einrichtung aus der Region unterstützt - also bei 17 Heimspielen 17 Einrichtungen, wie die Darmstädter Tafel oder Darmstädter Hospizeinrichtungen. Wir achten darauf, dass die gespendeten Beträge 1:1 an Bedürftige weitergegeben werden. Uns ist es wichtig, dass wir regionale Organisationen unterstützen. Das ist nicht immer einfach, diese zu finden, denn wir haben gemeinsam den Anspruch, die Bedürftigkeit genau zu prüfen. Auch die Aktion „Du musst kämpfen!“ von Johnny Heimes und Andrea Petkovic zugunsten krebskranker Kinder wurde damit unterstützt. Dazu werden im Fanshop und während der Heimspiele Lose zum Preis von 1 Euro verkauft. Es winken Sachpreise wie Essensgutscheine, unterzeichnete Trikots oder Fußbälle. Bei den Spielen werden jeweils ungefähr 2000-3000 Lose verkauft. Das Schöne ist: man kann gewinnen und macht etwas Gutes. Dann spendet die PEAK-Firmengruppe noch jeweils 500 Euro pro Heim-Tor und der SV98 stellt einen Teilbetrag aus der eigentlichen Sponsoringsumme zur Unterstützung der ausgewählten Projekte zur Verfügung. So sind bisher allein für diese Aktionen 76.000 Euro zusammengekommen. 

FRIZZ: Was ist hier in Zukunft noch geplant?

Volker Harr: Geplant ist in der nächsten Saison zum Beispiel ein PEAK Pizza-Mobil unter dem Namen „PEAKza“. Von jedem verkauften Stück Pizza werden dann 0,50 Euro gespendet. Der Bus soll während der Saison in der Darmstädter Innenstadt präsent sein. Wir entwickeln fortlaufend neue Ideen und hoffen, diese umzusetzen. Gerne würden wir die Idee, dass sich ein Fußballverein sozial engagiert, im ganzen Bundesgebiet bekannt machen und vielleicht auch bei Auswärtsspielen einsetzen. Ein Ziel von PEAK98 ist, die Spendensumme von über 100.000 Euro in der ersten Liga zu erreichen. Axel Dohmann sagte mir neulich, er hielte das für ein realistisches Ziel, denn er glaubt an die Mithilfe der Fans und den besonderen Spirit in Darmstadt. 

FRIZZ: Was ist das Schöne an dem sozialen

Engagement?

Volker Harr: In der Bundesliga geht es ums große Geschäft, um Sieg oder Niederlage. Ein Sieg macht einen Verein, seine Fans und eine Fußballmannschaft glücklich. Mit den Spenden an soziale Institutionen möchten wir gemeinsam etwas erreichen und unser Glück mit Menschen teilen, deren Leben manchmal nicht so glücklich verläuft wie unseres. Jeder einzelne Fan kann überlegen, was er selbst im Alltag für andere machen kann – einfach über den Tellerrand schauen, ob zum Beispiel im direkten sozialen Umfeld Hilfe benötigt wird. 

FRIZZ: Kommen Sie noch selbst dazu, Sport zu treiben?

Volker Harr: Ich spiele Tennis und mein größtes Hobby ist das Skifahren. Aber jetzt freue ich mich erst mal diebisch auf die 34 Bundesliga-Spiele!

FRIZZ: Vielen Dank für das Gespräch!

www.sv98.de

Back to topbutton