Computer trifft Tanz

Hochschule Darmstadt unterstützt den Aufbau des multimedialen Pina Bausch-Archivs in Wuppertal

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Pina Bausch – eine Tanzlegende. Anfangs umstritten, später verehrt, gefeiert und mit höchsten Preisen ausgezeichnet, hat die weltbekannte Tänzerin und Choreografin das von ihr so benannte Wuppertaler Tanztheater mit Beharrlichkeit und Mut zum künstlerischen Risiko zu Weltruhm geführt. Mit ihren zum Teil eigenwilligen Inszenierungen wurde das deutsche Tanztheater ein äußerst erfolgreicher deutscher Kulturexportschlager und beeinflusste weltweit das choreografische Schaffen und die internationale Tanzentwicklung. Die 2009 verstorbene Pina Bausch lebt weiter im Ensemble des Tanztheaters Wuppertal und seinen Aufführungen.

Pina Bausch und ihr Werk leben aber auch weiter in ihrem umfangreichen künstlerischen Nachlass: Unzählige Fotos, zahlreiche Videos, Regiebücher, persönliche Skripte und vieles mehr werden seit Jahren von der von ihrem Sohn Salomon Bausch gegründeten Pina Bausch Foundation gesichtet und digitalisiert. Den Aufbau des elektronischen Archivs unterstützen Studierende sowie Forscherinnen und Forscher des Fachbereichs Media am Mediencampus der Hochschule Darmstadt (h_da) in Dieburg.

Seit rund drei Jahren arbeiten die Pina Bausch Foundation und das Institut für Kommunikation und Medien (ikum) der h_da gemeinsam an einem digitalen Archiv, um das künstlerische Vermächtnis zu pflegen und zu verwalten. Die Arbeit an der Mammutaufgabe ist mittlerweile weit gediehen: Fotos, Videos und Aufzeichnungen aller Art wurden digitalisiert, mit Aufführungsdaten verknüpft und eingepflegt. Die Herausforderung für Salomon Bausch und sein Team ist es, eine Vielzahl unterschiedlicher Informationen und Interpretationen über Stücke, Spielszenen oder Rollenbeschreibungen gleichberechtigt zu integrieren. Dabei spielt die an der h_da entwickelte Technik eine zentrale Rolle: Das Archiv vernetzt nach dem „Linked Data“-Prinzip verschiedene Informationen miteinander, anstatt sie wie bei konventionellen Datenbanken in feste Kategorien einzuordnen.

Auf diese Weise entsteht eine offene, flexible und pluralistische Datenbank. Für den Nutzer sieht diese aus wie eine typische Internetseite“, erklärt Professor Dr. Bernhard Thull, der am Fachbereich Media Wissensmanagement und Informationsdesign lehrt und das Projekt als Spezialist begleitet. Eine Anbindung an das Internet oder andere Archive sei aufgrund der Flexibilität der Konstruktion und der konsequenten Nutzung quelloffener Software ebenfalls möglich.

Dem umfangreichen Schaffen von Pina Bausch gerecht zu werden, ist keine einfache Aufgabe. Die Liste der schier unüberschaubaren Menge an Hinterlassenschaften der Choreografin und ihrer Wuppertaler Kompanie ist lang: Allein die Sammlung der von Pina Bausch ausgewählten Aufführungsfotos umfasst mehr als 10.000 Bilder von 162 Fotografinnen und Fotografen. Die Stiftung findet aber auch immer wieder kleine Informationsfetzen wie persönliche Anweisungen Bauschs auf einem handgeschriebenen Zettel in der Tasche eines jahrelang nicht getragenen Kostüms.

Künftig sollen Pina Bausch-Fans eigene Erinnerungsstücke wie Fotos oder Programmhefte mit fachlicher Unterstützung selbst einpflegen können. Die Macher hoffen, dass sie das Archiv in einigen Jahren in dem geplanten „Internationalen Tanzzentrum Pina Bausch“ in Wuppertal dauerhaft der Öffentlichkeit zugänglich machen können. Das Archiv soll aber nicht nur den Fans dienen, „es ist auch gedacht als Unterstützung für Wissenschaftler und für die Recherche von Tänzern und Choreografen für die Wiederaufführung von Stücken“, erklärt Bernhard Thull.

Erst mit der digitalen 3D-Technologie als angemessene Aufnahmetechnik konnte der Filmemacher Wim Wenders einen lang gehegten Wunsch realisieren. Er produzierte den Dokumentarfilm „Pina“, der beim Deutschen Filmpreis 2011 als „Bester Dokumentarfilm“ ausgezeichnet wurde. Dieser Film trägt ebenfalls dazu bei, dass Pina Bausch unvergessen bleibt.

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