Weltweites Renommee

Jazzinstitut Darmstadt: internationales Forschungs- und Informationszentrum

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©Klaus Mai


Nur wer genau hinschaut, entdeckt auf dem Dach des Kavaliershauses im Bessunger Jagdhof die Trompete, die als Wetterfahne nicht nur die Richtung des Windes anzeigt, sondern auch auf die heutige Nutzung des historischen Gebäudes hinweist. Der barocke Bau ist Domizil des Jazzinstituts Darmstadt.

Das Jazzinstitut Darmstadt ist eines der drei Kultureinrichtungen unter dem Dach der Wissenschaftsstadt, das der Musik gewidmet ist. Dr. Wolfram Knauer, Direktor des Instituts und Leiter seit der Gründung im Jahre 1990, lobt die Zusammenarbeit mit der Stadt, schätzt aber vor allem die Freiheiten, die ihm bei der Gestaltung des Instituts gewährt werden. Ein hohes Maß an Identifikation spricht aus seinen Worten: „Wir gehören zur Stadtgesellschaft und können ohne diese nicht existieren“.

Wie kommt man zum Jazz und nach Darmstadt? „Ich habe mich schon in meiner Jugend in den Jazz verliebt“, gesteht der studierte Musikwissenschaftler. Das ist die emotionale Seite, Jazzforschung eine ganz andere. Mit seiner Dissertation über Louis Armstrong war der weitere Berufsweg festgelegt, der Knauer auch nach Darmstadt führte. Für seine Verdienste beim Aufbau des Instituts als international renommiertes Forschungs- und Informationszentrum erhielt er 2002 den vom Land Hessen verliehenen Hessischen Jazzpreis. Als erster Nichtamerikaner versah er 2008 die Louis-Armstrong-Professur an der Columbia University in New York.

Bedeutender Nukleus für das heutige Renommee des Instituts ist die umfangreiche Sammlung des bekannten Jazzredakteurs und Jazzproduzenten Joachim-Ernst Berendt, die die Stadt 1983 ankaufte. Ein Glücksfall für Darmstadt, wie sich später zeigen sollte. Und da war 1988 auf der Mathildenhöhe die spektakuläre Ausstellung »That’s Jazz. Der Sound des 20. Jahrhunderts« mit umfassendem Katalog, der noch heute eine vielbeachtete Dokumentation zur Jazzgeschichte darstellt. Beides waren 1990 überzeugende Argumente zur Gründung eines Jazzinstituts in Darmstadt. Der zu dieser Zeit amtierende Oberbürgermeister Günther Metzger machte sich für den Ankauf der Sammlung und die Gründung eines eigenständigen Jazzinstituts stark, das seit 1997 im barocken Bessunger Kavaliersbau untergebracht ist. 

Das internationale Forschungs- und Informationszentrum genießt weltweit einen exzellenten Ruf und ist erste Adresse, wenn es um Informationen zur Geschichte sowie zur aktuellen Entwicklung des Jazz in aller Welt geht. Das Archiv bietet Bücher, Zeitschriften, Tonträger, Fotos und vieles mehr. 

Im Institut wird aber nicht nur geforscht. Zu Europas größter öffentlicher Jazzsammlung bekommt jeder Interessierte Zugang. Knauer praktiziert den Brückenschlag zwischen Wissenschaft und öffentlichkeitswirksamer Praxis. Das Institut gibt eine wissenschaftliche Buchreihe und den »Wegweiser Jazz«, das Standardwerk zur aktuellen deutschen Jazzszene, heraus. Ein Magnet für den wissenschaftlichen Austausch ist das alle zwei Jahre anberaumte Darmstädter Jazzforum.

Der »Darmstädter Jazzkalender« informiert Jazzbegeisterte über zahlreiche Konzerte und bereichert damit das kulturelle Angebot in Darmstadt. Insbesondere die facettenreichen Konzerte im historischen Gewölbekeller unter dem Jazzinstitut ziehen zahlreiches Publikum an. Bei der monatlichen Bessunger Jamsession spielen Musiker aus dem gesamten Rhein-Main-Gebiet. Das Veranstaltungsformat »Jazz-Talk« bricht mit üblichen Konzertformen. Zwischen den musikalischen Darbietungen gibt eine lockere Gesprächsrunde Aufschluss über die Musik und ihre Interpreten.

Jazzkenner wissen, wo man in Darmstadt auch an anderen Orten Jazz live genießen kann, zum Beispiel im barocken Achteckhaus in der Mauerstraße, dem »Stammhaus« des Jazzclubs Darmstadt, vielen bekannt durch die Band »En Haufe Leit Jatzmussig«. Nicht nur mit dieser, sondern auch mit einer weiteren Jazzinitiave Darmstadts, dem Förderverein Jazz, pflegt das Jazzinstitut eine enge Zusammenarbeit.

Es ist ein anspruchsvolles Arbeitspensum, das Knauer mit einem kleinen Team und vielen engagierten Ehrenamtlichen meistert. Zudem ist der Musikwissenschaftler Autor diverser Bücher. Die jüngste, 2017 erschienene Publikation ist eine musikalisch-biografische Würdigung des berühmten Jazzkomponisten Duke Ellington. „Diese Arbeit“, so Knauer schmunzelnd, „erledige ich am Feierabend und an Wochenenden“. ”

jazzinstitut.de
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