Ernst Ludwig bittet zum Tanz

Tagung und Konzert anlässlich des 350. Geburtstags des Landgrafen

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© Klaus Mai

Vom 30. November bis zum 2. Dezember veranstaltet die Christoph-Graupner-Gesellschaft zusammen mit dem Jagdschloss Kranichstein und der Dotter-Stiftung eine Tagung mit Begleitkonzert, die dem Darmstädter Landgrafen Ernst Ludwig gewidmet ist.

Ernst Ludwig war einer der prägendsten Regenten des einstigen Fürsten- und späteren Großherzogtums, der nicht nur den imposanten Bau des Residenzschlosses in der Stadtmitte initiierte, sondern auch eine Reihe von Jagdschlössern in der Peripherie erbauen ließ, seine Theater- und Opernliebe in einem eigens dafür umgebauten Gebäude kultivierte und schließlich überhaupt den dafür notwendigen musikalischen Apparat durch das Engagement von Christoph Graupner (1683-1760) als Hofkapellmeister modernisierte und erheblich vergrößerte. Am 26.12.2017 jährte sich Ernst Ludwigs Geburtstag zum 350. Mal. Das, erläutert die Vorsitzende der Christoph-Graupner-Gesellschaft, Prof. Dr. Ursula Kramer, sei „Grund genug für uns, ihm und seinen künstlerisch-musikalischen Aktivitäten eine eigene Veranstaltung zu widmen.”

Unter dem Titel Ernst Ludwig, Landgraf von Hessen-Darmstadt - Musiker, Tänzer, Komponist wird die Persönlichkeit Ernst Ludwigs, seine musikalische Sozialisation und seine diversen musikalischen Aktivitäten im Erwachsenenalter wissenschaftlich reflektiert und in den Kontext seiner Zeit gestellt. Kramer wünscht sich „viele interessierte Besucher*innen, gerne auch zu einzelnen Vorträgen.“

Ein Herrscher, der tanzt, singt, Laute spielt, komponiert und dirigiert? Dass, so Kramer, „bei der Erziehung von Fürstenkindern grundsätzlich auch künstlerische Fächer und die Musik im besonderen auf dem Unterrichtsplan standen, ist hinlänglich bekannt.” Kunstausübungen von Fürsten aber galten seinerzeit eher als Akte von „Dilettanten“. Nicht so bei Ernst Ludwig. Er wirkte in Hamburg als aktiver musikalischer Partner von keinem geringeren als Johann Mattheson, seines Zeichens professioneller Komponist und Sänger an der Hamburger Oper. Anstatt sich zu Hause um die Regierungsgeschäfte zu kümmern, frönte Ernst Ludwig in der Ferne seinen musischen Neigungen. Sehr wahrscheinlich nutzte er seinen Hofkapellmeister Christoph Graupner für eigenen Kompositionsunterricht und beteiligte sich an Opern Graupners durch das Schreiben einer eigenen Ouvertüre, die Graupner in der Partitur dann entsprechend kenntlich machte. Mit seinem „Kollegen“, dem Grafen von Erbach, stand Ernst Ludwig in musikalischem Dialog, indem die beiden sich gegenseitig Sammlungen von Kompositionen widmeten.

Wie Ernst Ludwigs Kompositionen zu bewerten sind, was sein künstlerisches Tun über ihn als Regenten, dessen Ruf noch heute von seiner ausgeprägten Jagdleidenschaft dominiert ist, aussagt, diesen Fragen widmen sich renommierte Wissenschaftler*innen aus dem In- und Ausland.

Deren Terminplänen ist es geschuldet, dass die Tagung zeitlich nicht mehr ganz genau zum eigentlichen Jubiläumstag passt, wohl aber das Jubiläumsjahr angemessen beschließt. Der Ort hingegen könnte nicht passender sein - das Jagdschloss Kranichstein.

Landgraf Georg I., einer der Vorgänger Ernst Ludwigs, ließ den dreiflügeligen Renaissancebau zwischen 1578 und 1580 errichten - mit ebenerdigen Ställen und Wirtschaftsräumen und fürstlichen Wohn- und Schlafräumen im Obergeschoss. „Unter den beiden hessischen Landgrafen Ernst Ludwig und seinem Nachfolger Ludwig VIII. wurde es im 18. Jahrhundert zum Zentrum höfischer Jagdkultur und diente zeitweise als Regierungssitz. Im 19. Jahrhundert wurde es dann zur Sommerresidenz der Großherzöge”, erläutert Onno Faller, Geschäftsführerin des Jagdschlosses, das sich seit 1952 im Eigentum der Stiftung Hessischer Jägerhof befindet, die es in den 1980er und 1990er Jahren umfassend restaurieren ließ. „Die Tagung wird in unserem schönsten Raum, dem Rondellsaal stattfinden, der extra für die Parforcejagd konzipiert wurde - mit Blick auf den Park und Blick in den Wald”, freut sich Faller. Auch alle Referent*innen sind im Jagdschloss-Hotel untergebracht. Da parallel zur Tagung eine Ministeriums- und Stiftungsjagd stattfindet, werde man auch Schüsse und Hörnerklänge hören. „Das wird nicht viel anders als vor 350 Jahren sein, man hätte es nicht besser inszenieren können.”

Das Begleitkonzert zur Tagung veranschaulicht Ernst Ludwigs künstlerische Ambitionen optisch und akustisch. Es erklingen nicht nur Kompositionen aus seiner Feder; zwei Tanzpaare präsentieren auch historische Choreographien,

© Klaus Mai

die der Tanzmeister von Ernst Ludwigs Münchner „Kollegen", Kurfürst Max Emanuel, auf die Musik von Ernst Ludwig konzipiert hat. Es findet statt im Eberstädter Ernst-Ludwig-Saal, benannt nicht nach dem Landgrafen, sondern dem letzten Großherzog. „Der Saal ist eines unserer Flagschiff-Projekte, wir wollen ihn wieder zu einem Vorzeigesaal machen”, erläutert  Dr. Jürgen Frei, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Dotter-Stiftung. Die Dotter-Stiftung ist Kooperationspartner der Tagung und Veranstalter des Konzerts. „Die Eheleute Dotter waren sehr musikbegeistert und haben uns in persönlichen Gesprächen aufgegeben, jeden Monat in Eberstadt eine großes Konzert zu machen”, erklärt Frei das Engagement der Stiftung. Die Förderung von Kultur und Musik sei außerdem in der Stiftungssatzung festgeschrieben. Die Dotter-Stiftung hat inzwischen eine angesehene Reihe von „Dotter-Konzerten” in bemerkenswerter Bandbreite aufgelegt, die von Steffen Meder als Bereichsleiter Kunst und Kultur wissenschaftlich begleitet und organisatorisch umgesetzt werden. Von daher, so Frei, „war die Idee eines Begleitkonzertes mehr als passend.”

Der Darmstädter Oberbürgermeister und Kulturdezernent Jochen Partsch hat die Schirmherrschaft über die gesamte Veranstaltung übernommen.

cgg.info

Die Christoph-Graupner-Gesellschaft (CGG) wurde 2003 in Darmstadt gegründet und hat das Ziel, an das Werk des ehemaligen landgräflichen Hofkapellmeisters Christoph Graupner (1683-1760) zu erinnern und die Forschung zu seinem Schaffen im Kontext seiner Zeit voranzutreiben - durch Konzerte, Vorträge und Veröffentlichungen.

christoph-graupner-gesellschaft.de

dotter-stiftung.info

Die Hans Erich und Marie Elfriede Dotter-Stiftung besteht seit dem 1. Dezember 2014 und gehört ihrem Stiftungskapital nach zu den 50 größten deutschen Stiftungen. Gründer ist das Unternehmerehepaar Hans Erich und Marie Elfriede Dotter, welches testamentarisch die Stiftung als Erbin einsetzte. Stiftungszweck ist es, das Wohl des Stadtteils Eberstadt zu mehren. Auch die Region Darmstadt kann von der Stiftung bedacht werden.

www.dotter-stiftung.de.

Vita Landgraf Ernst Ludwig 

Ernst Ludwig von Hessen-Darmstadt (* 15. 12.1667 in Gotha; † 12.9.1739 bei Einhausen) war von 1678 bis 1739 Landgraf von Hessen-Darmstadt. Der Landgraf hegte eine große Jagdleidenschaft, zeigte sich als Förderer von Theater und Musik und tat sich selbst als Komponist, Sänger und Tänzer hervor. Sein Kapellmeister war Christoph Graupner, der sich 1723 erfolgreich um die Stelle als Kantor der Thomaskirche in Leipzig bewarb. Ernst Ludwig entließ ihn nicht aus seinem Dienst, weil er um die Qualität seiner Hofkapelle fürchtete, sodass schließlich Johann Sebastian Bach in Leipzig zum Zuge kam.

TAGUNG

Fr., 30.11., 14-17:30 Uhr, Sa., 1.12., 9.30-17 Uhr, So., 9.30 -13 Uhr, Jagdschloss Kranichstein

Interessierte sind herzlich willkommen, der Eintritt ist frei. Anmeldung (Catering) erbeten bis 23.11. unter 06151 / 97111888 oder anfrage@jagdschloss-kranichstein.de

KONZERT

Sa., 1.12., 19:30 Uhr,  Ernst-Ludwig-Saal, Schwanenstraße 2, Darmstadt-Eberstadt

Werke von Ernst Ludwig, Friedrich Karl zu Erbach, Georg Philipp Telemann, Christoph Graupner, Jean Baptiste Lully

Mitwirkende: Neumeyer Consort, Leitung: Felix Koch; Elisabeth Scholl (Sopran), Changhoun Eo (Altus); Marie-Claire Bär Le Corre, Pierre François Dollé; Carola Finkel, Christian Griesbeck (historische Tänze)

Karten: 10 €/8 € über die Bezirksverwaltung Eberstadt (06151 / 132423), Buchhandlung H.L. Schlapp (06151 / 593833) oder an der Abendkasse

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