Buch des Monats März 2017

"Sie kam aus Mariupol" - Natasha Wodin

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Maßstäbe in der Welt der Bücher setzen die monatlichen Buchempfehlungen aus Darmstadt. Seit 1952 trifft sich regelmäßig eine unabhängige Jury aus Schrift- stellern, Journalisten und Literaturkritikern, um aus der Vielzahl der Neuerscheinungen ein Buch besonders hervorzuheben. Mit der Auszeichnung „Buch des Monats“ soll diesen Büchern zu ei- ner größeren Verbreitung verholfen werden. Dabei fällt die Wahl nicht unbedingt auf literarische Bestseller, manches Buch wurde durch die Auszeichnung „Buch des Monats“ erst erfolgreich. Nicht Trends bestimmen das Votum, es ist allein die literarische Quali- tät. Die ganze Breite des Genres – Erzählung, Roman, Lyrik, Reise- beschreibung, Essay, Tagebuch, Briefe und auch Memoiren – wird berücksichtigt.

Aktuell gehören der Jury an: Peter Benz, Peter Härtling, Oliver Jungen, Hanne F. Juritz, Adrienne Schneider, Dr. Wilfried Schoe- ller, Julia Schröder, Dr. Gerhard Stadelmaier, Dr. Hajo Steinert, Wolfgang Werth. 

Begründung d

© Verlag

er Jury: Eine so kuriose wie schreckensnüchterne Spurensuche nach der erst als deutsche Zwangsarbeiterin dann als ukrainische Heimatlose der Welt und der Tochter abhanden gekommene Mutter der Autorin. (Adrienne Schneider)

Natascha Wodin erzählt beklemmend, ja bestürzend intensiv vom Anhängsel des Holocaust, einer Fußnote der Geschichte: der Zwangsarbeit im Dritten Reich. Ihre Mutter, die als junges Mädchen den Untergang ihrer Adelsfamilie im stalinistischen Terror miterlebte, bevor sie mit ungewissem Ziel ein deutsches Schiff bestieg, tritt wie durch ein spätes Wunder aus der Anonymität heraus, bekommt ein Gesicht, das unvergesslich ist. „Meine arme, kleine, verrückt gewordene Mutter“, kann Natascha Wodin nun zärtlich sagen, und auch für uns Leser wird begreifbar, was verlorenging. Dass es dieses bewegende, dunkel-leuchtende Zeugnis eines Schicksals gibt, das für Millionen anderer steht, ist ein literarisches Ereignis.

„Das erinnert nicht von ungefähr an die Verfahrensweise, mit der W. G. Sebald, der große deutsche Gedächtniskünstler, verlorene Lebensläufe der Vergessenheit entriss.“ (Sigrid Löffler, Laudatio auf Natascha Wodin zur Verleihung des Alfred-Döblin Preises 2015). 

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