Buch des Monats September 2019

Maßstäbe in der Welt der Bücher ...

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… setzen die monatlichen Buchempfehlungen aus Darmstadt. Seit 1952 trifft sich regelmäßig eine unabhängige Jury aus Schriftstellern, Journalisten und Literaturkritikern, um aus der Vielzahl der Neuerscheinungen ein Buch besonders hervorzuheben.

Mit der Auszeichnung soll diesen Büchern zu einer größeren Verbreitung verholfen werden. Dabei fällt die Wahl nicht unbedingt auf literarische Bestseller, manches Buch wurde durch die Auszeichnung „Buch des Monats“ erst erfolgreich.

Aktuell gehören der Jury an:
Peter Benz, Michael Braun, Oliver Jungen, Hanne F. Juritz, Adrienne Schneider, Prof. Dr. Wilfried F. Schoeller, Dr. Tilman Spreckelsen, Dr. Gerhard Stadelmaier, Dr. Hajo Steinert, Wolfgang Werth. 

Begründung der Jury 


Im Jahr 1961 erhält der bosnische Jugoslawe Ivo Andrić (1892 - 1975) den Literaturnobelpreis. Sein kroatischer Staatschef, Marschall Tito, tobt: der Kroate Miroslav Krleža  hätte den Preis verdient gehabt. Andrić, der mit seiner Višegrad-Trilogie („Die Brücke über die Drina“, „Das Fräulein“, „Wesire und Konsuln“) weltberühmt wurde, saß nicht nur zwischen allen Volkstumsstühlen, wobei er es sich besonders mit den Bosniern ob seiner schonungslosen Darstellung ihrer Sitten und Gebräuche gründlich verdarb. Er war der Botschafter des Königreichs Jugoslawien in Hitlers Berlin bis 1942, versuchte den Angriff Deutschlands auf sein Heimatland zu verhindern, blieb danach drei Jahre in selbstgewähltem schriftstellerndem Belgrader Hausarrest und schrieb seine drei großen Bücher. Nach dem Krieg war er ein kultureller Repräsentant des kommunistischen Jugoslawien – und blieb im „Brand der Welten“, so der Titel der Biographie, die Michael Martens, der Balkan-Korrespondent der FAZ, nach jahrelanger glanzvoller Recherche in brillant bohrender journalistischer Prosa komponiert hat, sich und der Welt: ein Rätsel. Eine Gestalt, für niemanden recht fassbar. Außer für den Biographen, der sie im Panorama aller  machthistorischen und literaturpolitischen Hintergründe balkanesischer Würfe und Verwerfungen plastisch werden lässt. Ohne ein Denkmal zu errichten, aber auch ohne eines vom Sockel zu stoßen. So bleibt die Figur auch und gerade für uns Nachgeborene beweglich.

©Verlag

Im Brand der Welten. Ivo Andrić. Ein Europäisches Leben

Rating: 5 of 5

Michael Martens

Zsolnay Verlag, Wien

19. August 2019

978-3-552-05960-3

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