Gleichberechtigung 2018

Was hat sich in den letzten 100 Jahren getan?

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© Archiv der deutschen Frauenbewegung

Am 12. November 1918 wurde das Frauenwahlrecht nach einem jahrzehntelangen Kampf gesetzlich verankert. Seitdem können Frauen wählen und gewählt werden - ein Meilenstein in der Geschichte. Wie sieht es 2018 mit der Gleichstellung aus?

Es hat sich in den letzten 100 Jahren viel getan: im Sexualstrafrecht, Arbeitsrecht, Familienrecht oder Gleichstellungsgesetze. Gleichwohl gibt es auch heute noch zahlreiche Debatten: gleiche Bezahlung von Frauen und Männern, Quoten in den Führungsebenen der Wirtschaft, der Anteil von Frauen in der Politik, Frauenarmut. Aktuell bestimmt die #Metoo-Debatte über Gewalt an Frauen und Mädchen die öffentliche Diskussion. 40 Prozent der Frauen in Deutschland haben seit ihrem 16. Lebensjahr körperliche und/oder sexuelle Gewalt erlebt, laut einer Studie von 2004. In Österreich wurde gerade die ehemalige Grünen-Politikerin Sigi Maurer wegen „übler Nachrede“ zu einer Geldstrafe verurteilt, weil sie sich gegen sexuelle Belästigung gewehrt hat und obszöne Nachrichten publik gemacht hat. Auch das zeigt, dass noch einiges zu tun ist.

Viel diskutiert wurde in den letzten Jahren über eine Frauenquote in der Wirtschaft. Durch die 2016 eingeführte Frauenquote in den Aufsichtsräten ist der Frauenanteil in den rund hundert Unternehmen auf durchschnittlich 30 Prozent gestiegen. Ganz anders sieht es allerdings in den Vorständen deutscher Unternehmen aus. Dort bewegt sich der Frauenanteil seit Jahren im unteren einstelligen Bereich, nur bei den 30 Dax-Unternehmen stieg er um zwei Punkte auf 13 Prozent. Für die Vorstände gibt es bislang keine verbindliche Quotenregelung.

Wahlrecht heute

Frauen gehen heute in der Regel so häufig zur Wahl wie Männer, doch liegt der Anteil Parlamentarierinnen im Deutschen Bundestag lediglich bei 31 Prozent. Ausgerechnet in dem Jubiläumsjahr zum Frauenwahlrecht ist die Frauenquote erstmals gesunken. „Das Wahlrecht für Frauen allein hat bisher leider noch nicht in ausreichendem Maße dazu geführt, dass Frauen gleichberechtigt in Parlamenten vertreten sind“, sagt die Frauendezernentin der Stadt Darmstadt Barbara Akdeniz. „Verantwortlich für die anhaltende Unterrepräsentanz von Frauen sind ihre im Vergleich zu Männern geringeren Aufstiegschancen in Parteien, z. B. bei der Vergabe von Wahllistenplätzen und Direktkandidaturen.“ Verbindliche gesetzliche Vorgaben für Parteien könnten das ändern. Doch damit allein ist es noch nicht getan. „Wir müssen junge Frauen dazu ermutigen und unterstützen, sich politisch einzumischen, aber gleichzeitig auch daran arbeiten, die Bedingungen dafür zu verbessern, z. B. bei der Vereinbarkeit von politischem Mandat und Familie.“ Kinderbetreuung während Sitzungen für Politiker*innen und ehrenamtlich Tätige oder flexiblere Organisation der Sitzungstermine sind weitere Möglichkeiten, um die politische Teilhabe von Frauen zu verbessern.

Politische Maßnahmen in Darmstadt

Die Themen, die das Frauenbüro der Wissenschaftsstadt Darmstadt aktuell beschäftigen, sind in den letzten Jahren gleich geblieben. Schwerpunkte sind u.a. Existenzsicherung und Erwerbsarbeit, Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie Bekämpfung von Gewalt gegen Mädchen und Frauen. 2015 wurde mit der Unterzeichnung der Europäischen Charta für die Gleichstellung von Frauen und Männern auf lokaler Ebene ein großer Schritt erreicht, der der Gleichstellungspolitik eine stärkere Schubkraft und Akzeptanz sichert. Der 1. Darmstädter Gleichstellungsaktionsplan 2018-2020 wurde unter Beteiligung der Bürger*innen erstellt: „Die Europäische Charta zur Gleichstellung von Frauen und Männern auf lokaler Ebene stellt ein strukturiertes Instrument dar, welches alle gleichstellungspolitischen Bereiche durchdringt und jederzeit Transparenz herstellt“, erläutert Edda Feess, Leiterin des Frauenbüros der Wissenschaftsstadt Darmstadt.

In fünf Handlungsfeldern wurden 21 Maßnahmen formuliert. Schwerpunkt im 1. Gleichstellungs-Aktionsplan ist das Handlungsfeld „Gleichberechtigte Teilhabe von Frauen am Erwerbsleben“ als Basis für ein selbstbestimmtes Leben von Frauen. Im Handlungsfeld 2 geht es um die gleichberechtigte Teilhabe an Entscheidungsprozessen, da Frauen bei öffentlichen Entscheidungen vielfach unterrepräsentiert sind. Basierend auf § 13 des Hessischen Gleichstellungsgesetzes werden demnach bei einer Entsendung in Gremien mindestens 50 Prozent der Plätze mit Frauen besetzt. Die gleiche Selbstverpflichtung hat sich die Stadt bei der Besetzung von Kommissionen, Beiräten, Verwaltungs- und Aufsichtsräten in städtischen Tochtergesellschaften sowie sonstigen Gremien auferlegt. Um den Frauenanteil in der Politik sichtbar zu machen, wird auf der Webseite der Stadt eine regelmäßige Statistik über den Geschlechteranteil in kommunalpolitischen Gremien erstellt.


LITERATUR

„Ein Jubiläum mit Signalwirkung“

Das nicht-kommerzielle Frauenmagazin „Mathilde“ hat sich in der September-Oktoberausgabe 2018 mit dem Thema beschäftigt: „100 Jahre Frauenwahlrecht. Ein Jubiläum mit Signalwirkung“, das über die Mathilde erhältlich ist.

www.mathilde-frauenzeitung.de

„Darmstädterinnen im Aufbruch“

In den Jahren ab 1970 haben Darmstädter Bürgerinnen für Frauenrechte gekämpft, für ein Frauenhaus, für Frauenbildungszentren, für Selbstverteidigungskurse - Errungenschaften, die heute selbstverständlich erscheinen. Damit diese Frauen und ihr Einsatz nicht vergessen werden, wurde die Dokumentation „Darmstädterinnen im Aufbruch“ erstellt.

Ruth Häntschke, Kirsten Koch-Schäfer, Barbara Obermüller Hg.: Darmstädterinnen im Aufbruch, Justus-von-Liebig-Verlag Darmstadt 2018, 14,80 Euro, (ISBN: 978-3-87390-410-1), bestellbar über den Buchhandel

100 JAHRE FRAUENWAHLRECHT

Mit der Veranstaltungsreihe zum Jubiläum unterstreicht die Wissenschaftsstadt Darmstadt die Bedeutung dieses Meilensteins in der Geschichte der Demokratie in Deutschland.

© Archiv der deutschen Frauenbewegung

2.-30.11., täglich 8-17.30 Uhr, Ausstellung „Frauen im Aufbruch - Politische Plakate", Foyer des Stadthauses in der Frankfurter Straße, Darmstadt

Eröffnung am Fr., 2.11. um 15 Uhr: Grußwort: Edda Feess, Leiterin des Frauenbüros der Stadt Darmstadt, Impulsvortrag von Agnes Schmidt - Historikerin und Leiterin der Luise-Büchner-Bibliothek in Darmstadt.

So., 10.11., 19 Uhr: „Mehr Stolz ihr Frauen!“ - Szenisch-kabarettistische Lesung „100 Jahre Frauenwahlrecht - Femmage an Hedwig Dohm“ (1831-1919) - Kooperationsveranstaltung der Luise Büchner Gesellschaft und des Frauenbüros, Literaturhaus Darmstadt, Kasinostr. 3, Darmstadt

www.darmstadt.de/leben-in-darmstadt/soziales-und-gesellschaft/frauen/

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