Die Welt von Morgen

Eine Familie auf den Spuren des Klimawandels

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Der Darmstädter Fotograf Jens Steingässer und die Ethnologin und Autorin Jana Steingässer haben gemeinsam mit ihren vier Kindern besondere Reisen unternommen – in Regionen unserer Erde, die bereits von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen sind. Sie möchten herausfinden, welche Auswirkungen die fortgeschrittene Erwärmung der Erdatmosphäre auf das Leben der Menschen hat. Von diesen Reiseabenteuern berichten sie mit brillanten Bildern, vielen Lebensgeschichten und Humor am 12. November auf der Weitsicht. FRIZZ-Redakteurin Martina Noltemeier traf Jens und Jana in einem Café im Martinsviertel. 

Ihre Reisen führten sie nach Grönland, Island, Südafrika, Lappland, Australien und Marokko. „Wir wollten nicht wissenschaftliche Zahlen zusammenstellen, sondern Geschichten über Menschen sammeln, die in Regionen leben, die vom Klimawandel betroffen sind“, erzählt Jens. Eine solche Reise bedarf eine lange Vorbereitung. „Wir wollten auch die Risiken selbst einschätzen. Deshalb haben wir schon vorher mit Einheimischen oder Menschen, die dort leben, Kontakt aufgenommen. Die sechswöchige Reise nach Grönland mit den Kindern hat sehr gut geklappt, sie waren den ganzen Tag mit den Inuit unterwegs. Unsere ältere Tochter Paula ging sogar mit ihnen zum Robbenfang“, so Jens. „Das war für uns die schönste Reise. Die Kinder haben sich so wohl gefühlt, dass sie bei der Abreise Rotz und Wasser geheult haben. Außerdem hatten wir herrlichen Schnee und fast nur Sonne“, schwärmt Jana, die sich mit der Reise nach Grönland auch einen Kindheitstraum erfüllt hat. 

Eine Alpenüberquerung mit vier Kindern und zwei Zwillingswagen

Mit ihrem Feuerwehroldtimer, der bei letzten Weitsicht-Festival vor dem darmstadtium zu erleben war, ging es bei einer zweiten Reise nach Lappland, wo sie samische Rentierhirten in der rauen schwedischen Bergwelt begleiteten. In der südafrikanischen Kalahari lernen sie, warum die Faszination unseres Planeten oft im Verborgenen liegt – und sind hypnotisiert, als ihnen der König der Tiere in die Augen schaut. Im paradiesischen Australien treffen sie auf philosophierende Farmer und tatkräftige Utopisten und erleben in Marokko, wie Wüsten die Menschen in ihre Schranken weisen. Und wenn jemand so verrückt ist, auch noch mit zwei überladenen Kinderwagen über die Alpen nach Italien zu wandern, dann sind es diese sechs. „Das könnt Ihr nicht machen“, hörten sie auf einer Hütte, bevor die Reise losging. „Die Alpenüberquerung auf der Albrecht-Route mit anfangs 100 kg Gepäck im Schlepptau war für mich körperlich die größte Herausforderung. An einem Tag waren wir 12 Stunden unterwegs, bis wir die nächste Hütte erreicht haben“, erzählt Jana. Aber auch hier hat sich gezeigt, dass es immer Lösungen gibt und auch Menschen, die helfen. Den Kindern, die auch sehr viel laufen mussten, hat die Tour viel Spaß gemacht und tatsächlich wünschen sich die Kinder derzeit, gerade diese Reise zu wiederholen. „Verzicht und Einfachheit kann auch Spaß machen“, schmunzelt Jana.

„Die Kinder sind bei unseren Reisen ein echter Türöffner. Viele indigene Völker haben mit Journalisten schlechte Erfahrungen gemacht, sodass es gar nicht so leicht ist Interviews mit Einheimischen zu bekommen. Wir haben weiterhin den Vorteil, viel Zeit mitzubringen.“ Dabei stellen die Steingässers sich und den Menschen unterwegs immer wieder die Frage: Können wir es uns leisten, heute nicht an die Zukunft der Kinder von morgen zu denken?

Vor der eigenen Haustür – im Odenwald - schließt sich der Kreis ihrer Weltreise wieder. „Die vielen Reisen schärfen auch unseren Blick und zeigen, wie toll es hier in Deutschland ist.“ 

Wer mit eigenen Augen gesehen hat, wie einzigartig unser Planet ist, der weiß ihn zu schätzen – und zu schützen.

„Es macht uns Spaß, Geschichten zu erzählen, die die Menschen interessieren und dabei eine andere Infoebene reinzubringen – und das ohne erhobenen Zeigefinger“, so Jens. Und Jana ergänzt: „Uns interessiert die Frage, wie Menschen Wege oder neue Lebensentwürfe entwickeln, mit dem Klimawandel umzugehen“. Diese Fragen besprechen sie auch mit Kindern, zum Beispiel was die Ernährung, Nutzung von Autos oder Müllvermeidung betrifft. Denn auch die kleinen Schritte sind wichtig: „Wir wollen Mut machen.“, bemerkt Jana. „Durch unsere Reisen sehen wir vieles mit offeneren Augen, erkennen Zusammenhänge und sehen auch ein Potenzial in Veränderungen“, so Jens. 

Im April erscheint zum Vortrag bei National Geographic ein Bildband „Die Welt von morgen“. Dieser wird bei einer Booklaunchvernissage am 20. Mai von 18-22 Uhr bei Zucker e.V., Liebfrauenstraße 66, Darmstadt, vorgestellt. Die Fotoausstellung ist dort am 21. und 22. Mai.

Weitere Infos unter:

www.weitsicht-festival.de

www.reiselabor.de

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