„Ich bin sehr ausdauernd, in allem was ich tue.”

Michael Hüttenberger im Interview mit Birgit Adler

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Birgit Adler managt seit 30 Jahren das FRIZZ-Magazin (vormals Klappe), hat vier Töchter großgezogen und gehört zu den 100 weltbesten Triathletinnen ihrer Altersklasse.


FRIZZmag: Hi Biggi. Ich finds toll, dass ich Dich interviewen darf. Selbst-Exhibitionist ja sonst nicht so Dein Ding? 

Birgit Adler: Nein, überhaupt nicht. Ich hab auch lange überlegt, ob ich das über-haupt machen soll.

Du warst in Sachen Triathlon bis 9. Februar auf Lanzarote, vom 9. bis 23. März auf Mallorca, ab 21. April für 10 Tage in Texas. Klingt nach viel unterwegs. Was ist Darmstadt für Dich: Durchgangsstation, Home-Base oder doch emotionale Heimat?

Emotionale Heimat. Ich bin mit Herz Darmstädterin, ich liebe meine Stadt.

Aber es ist trotzdem verkraftbar, dass Du so oft weg bist?

Für die Stadt ja (lacht). Für die Familie vielleicht weniger.

Trotz vieler Triathlon-Termine, Du bist ja auch FRIZZmag-Chefin. Was genau sind da Deine Aufgaben?

Ich kümmere mich darum, dass alles rund läuft: Backoffice, Organisation, etc.

FRIZZ, Familie, Freunde, Fitness. WievielProzent haben diese vier Fs in Deinem Leben jeweils - also in den wieviel Stunden, in denen Du nicht schläfst?

Ich schlafe immer sieben bis acht Stunden. Trainiere in der Regel eine bis vier Stunden täglich. Der Rest ist dann FRIZZ, Family & Friends.

Du bist als Iron-Woman ja quas iProfi-Triathletin ...

Als Profi würde ich mich nicht direkt bezeichnen. Also, was den Aufwand angeht mach ich das schon professionell, aber vom Verdienst eher nicht (lacht).

Und wie muss man sich den Tag einer Eisenfrau vorstellen?

Ein Beispiel für einen Trainings-Tag wäre: Ich steh um 5.30 Uhr auf, trainiere ab 6:30Uhr circa zwei Stunden, das ist meistens Schwimmtraining und bin dann, nachdem die Hunde versorgt sind, für FRIZZ tätig. Dann kümmere ich mich um Haushalt, Essen etc., bevor ich mich am Nachmittag oder am frühen Abend wieder für zwei bis drei Stunden dem Training widme. Gegen 20Uhr bin ich dann fertig, dann gibt es Essen und so gegen 22 Uhr gehe ich ins Bett.

Nehmen wir mal eine Rad-Einheit, wie lange dauert die im Schnitt?

Eineinhalb bis fünf Stunden, das variiert, je nachdem, wie nahe der Wettkampf ist. Momentan steht einer kurz bevor, da fahr ich bis zu 140 Kilometer.

Schwimmen, Laufen und Radfahren, wie wird das im Training kombiniert?

Tag vor, Radfahren und Laufen kommt auch mal an einem Tag vor, das nennt man dannKoppeltraining. Heute bin ich zum Beispiel 25 Kilometer gelaufen und im Anschluss 20 Kilometer Rad gefahren, um die Beine locker zu bekommen. Ich hab aber auch mal Rad-Einheiten mit nur 60 Kilometern, dafür mit Intervallen oder Berg-Einheiten und mache danach nochmal einen Anschlusslauf von zehn bis 15 Kilometern. Dazu gehört auch immer Athletik und Stabilisierungsübungen.

Und dafür gibt es einen festen Plan?

Genau. Ich habe den für mich weltbesten Trainer (Ralf Ebli, ehemaliger Bundestrainer der Deutschen Triathlon-Union, Anm. d. Redaktion), der mich betreut und schaut, dass das Training für mich passt. Mit ihm bereite ich die Wettkämpfe vor und er schreibt mir auch den Plan dazu. Außerdem schaut er auch immer, ob es mir gut geht und passt dann den Plan meinen Bedürfnissen man.

Und dieser Plan bestimmt Dein Leben - der Rest wird drumherum organisiert? 

Im Moment, ja. Mein Ziel ist es, bei den Weltmeisterschaften, also dem Ironman auf Hawaii, teilzunehmen. Und das kann man nur, wenn man da sehr intensiv trainiert. Sonst ist das nicht zu schaffen. Ich schaue aber, dass ich der Familie und dem Verlag nicht zu viel Zeit wegnehme, also trainiere ich eher früh morgens oder spät am Abend.

Du bist ja nicht als Iron-Woman auf die Welt gekommen, wie hat das alles angefangen?

Als ich etwas jünger war (lacht), habe ich vier Kinder zur Welt gebracht. Und dann haben irgendwann meine Rückenbeschwerden angefangen. Ich bin zum Physiotherapeuten gegangen und der hat festgestellt, dass ich mich besser mal ein bisschen sportlich betätigen sollte. Das hab ich dann auch gemacht und hab relativ schnell meinen allerersten Halbmarathon in Egelsbach absolviert.

Wann war das?

Etwa vor 13 Jahren. Und dann dachte ich mir, das hat so gut geklappt mit den 21 Kilometern, dann schaff ich doch auch vielleicht zwei Monate später den Marathon in Frankfurt. Und den hab ich dann auch geschafft. Und dann meinte mein Mann, er würde mich jetzt mal im Verein anmelden, damit ich ordentlich trainieren kann. So bin ich dann zum TUS Griesheim gekommen und in die Leichtathletik-Abteilung eingetreten. Ich bin dort mehrfache Hessenmeisterin über verschiedene Distanzen geworden. Und deutsche Meisterin mit der 400m-Staffel. Dann fingen irgendwann wieder so kleine Wehwehchen an, im Knie oder auch wieder im Rücken, weil das so eine einseitige Belastung war. So kam ich zum Schwimmen und da hat mich wieder der Ehrgeiz gepackt: Ich wollte ordentlich schwimmen können und hab regelmäßig trainiert. Da waren auch Triathleten dabei und die sagten dann irgendwann mal: Fahr doch mal mit uns Rad. Also bin ich ab und zu mit denen Rad gefahren und hab immer gehört: Ironman, Ironman ... Die haben immer erzählt, wie anstrengend das ist. Und dann wollte ich es einfach auch mal selbst erleben. Also hab ich Trainingslager besucht, um einfach mehr trainieren zu können, und vor fünf Jahren war es dann soweit mit meinem ersten Ironman in Frankfurt. Mittlerweile trainiere ich beim DSW Darmstadt.

Zwischendrin warst du ja auch mal in Kapstadt …

Ja, ich bin davor viele Marathons gelaufen, immer nur aus Spaß. Wenn es einen Marathon gab, der mich interessiert hat, dann bin ich hingefahren. Zum Beispiel bin ich in Kapstadt den Two-Oceans-Marathon mitgelaufen, 56 Kilometer. Das hat super viel Spaß gemacht, war aber eine echte Grenzerfahrung, morgens gegen fünf Uhr, noch im Dunklen sind wir losgelaufen und dann die Hitze … Wettkämpfe faszinieren mich einfach, sie zu bestreiten, das Ziel zu erreichen, mich zu verbessern. Und mein nächstes Ziel ist jetzt Hawaii, da möchte ich ganz gerne starten.

Kommst Du auch beruflich über die Strecke? Setzt Du da auf die schnellen Erfolge oder auf Ausdauer und Beharrlichkeit?

Ich würde schon sagen, dass ich sehr ausdauernd bin, in allem was ich tue. Wenn ich ein Ziel habe, dann nehme ich mir schon die Ruhe und die Zeit dafür es auch zu erreichen. Ob das im Geschäftlichen, Privaten oder im Sport ist, das ist egal. Vom Typ her hätte ich eher die Veranlagung zum Sprinter, aber das ist mir zu anstrengend (lacht). Mich stresst das.

Du machst seit 35 Jahren Stadtmagazin, hast also gefühlt so früh angefangen, wie ich mit meiner Glosse. Wie kams dazu? Ist Stadtmagazin zu machen Deine Berufung oder hättest Du Dir auch vorstellen können, z.B. ein Friseur-Imperium hochzuziehen?

Nicht ganz seit 35 Jahren. Der Verlag gehört mir seit 1988, am 27.2. waren es genau 30 Jahre, seit 1986 habe ich mitgearbeitet. Friseur hätte mir auch Spaß gemacht, aber da funktioniert das mit der Zeiteinteilung nicht so. Ich mag das nicht so gerne, immer am selben Ort zu sitzen oder zu stehen. Da passte der Verlag schon gut. Ich hab relativ schnell erkannt, dass ich meine Zeit da so einteilen kann, wie das mir gut tut, und hab dann nachgelegt mit der Prüfung zur Verlags- und Werbekauffrau. Später hab ich dann auch noch die Ausbildereignungsprüfung abgelegt und bis heute elf Azubis in meinem Verlag ausgebildet. Und es ist ja auch insgesamt eine gute Sache, man ist in diesem Job immer mitten im Geschehen und am Puls der Zeit.

Du bist außerdem auch noch Mutter von vier Töchtern, die jetzt wie alt sind?

Die Älteste wird im Mai 29, dann 27, 25 und 15.

Hättest Du gerne auch noch einen Sohn gehabt? Oder hat so ein Weiberladen auch Vorteile?

Beim ersten Kind war’s mir egal. Beim zweiten hätte ich mir schon einen Jungen gewünscht, weil ich ein Pärchen ganz nett gefunden hätte. Und beim dritten und vierten Mal wollte ich dann Mädchen, weil Mädchen kann ich, da weiß ich wie’s geht (lacht). Und auch jetzt ist es toll, mit meinen Töchtern zusammen zu sein.

Wie kriegt man das eigentlich alles hintereinander? Unternehmerin und Mutter in Zeiten, wo’s ja noch nicht so berauschend war mit Kita-Plätzen oder einem Ganztagsschulangebot? 

Das war schon eine sehr anstrengende Zeit. In einer Kita hätte ich gar keinen Platz bekommen. Als die Kinder klein waren, also so bis zwei Jahre, hab ich sie mitgenommen zu den Terminen. Im Büro hatten die dann eine Schlafecke und konnten da auch spielen, während ich gearbeitet habe. Als sie dann älter wurden und es zu viel Tohuwabohu gab, hab ich das mit Kindermädchen oder Tagesmuttis organisiert, also die  Kinder morgens hingebracht und abends wieder abgeholt. Als dann das dritte Kind unterwegs war, war das auch nicht mehr möglich und es ging dann eigentlich nur noch mit Au-Pair-Mädchen. Und von da hatte ich immer ein Au-Pair-Mädchen und eine Haushaltshilfe, die für alle mittags gekocht hat.

Und jetzt? Wer sind Deine Teamplayer im Background?

Ich hab ein ganz tolles Team, nur deswegen funktioniert das so gut. Mein Team im Verlag besteht zum Teil schon seit 30 Jahren. Aber mein bester Teamplayer ist mein Ehemann Thorsten.

FRIZZmag feiert ja gerade Jubiläum. Was war für Dich das beglückendste Erlebnis und was die größte Enttäuschung in all den Jahren?

Beglückende Erlebnisse gibt es jeden Monat, hauptsächlich, wenn ich das neue Heft in der Hand habe. Die größte Enttäuschung, kann ich gar nicht sagen, vielleicht eher, was mich manchmal ärgert: Das wir so oft kopiert werden. Natürlich kann man Themen nicht immer neu erfinden, aber es ist oft so, dass unsere Themen einfach übernommen, aber als eigene Ideen verkauft werden. Na ja, wir sind anscheinend jeden Monat so gut, dass uns andere nachmachen (lacht).

Mal nach vorne geschaut: Was wünschst Du Dir als FRIZZ-Chefin für die nächsten Jahre?

Dass wir noch ganz, ganz viele, tolle Hefte machen und ich weiterhin ein so tolles Team an meiner Seite habe.

Du gehörst seit letztem Jahr offiziell zu den TOP 100-Frauen der Welt - mit der minimalen Einschränkung: im Triathlon und in Deiner Altersklasse. Nach der WM in Chattanooga/Tennesee letztes Jahr willst Du Dich für die Ironman-WM auf Hawaii im Oktober qualifizieren? Musst Du jetzt auf alles noch ne Schippe drauflegen?

Beim nächsten Ironman in Texas, den Amerikanische Meisterschaften 140.6 in The Woodland, muss ich aufs Podium bzw. eigentlich mindestens Zweite werden, um die Qualifikation für Hawaii zu schaffen.

Und wenn das nicht klappt?

Dann probier ich es halt nochmal. Übernächstes Jahr komme ich in eine neue Altersklasse und bin die Jüngste bei den Alten (lacht). Mit etwas mehr an Qualität im Training und wenn wir weiter Schnelligkeit aufbauen, dann sollte es vielleicht klappen.

Ist Hawaii das Größte ever oder was kann danach noch kommen? Mount-Everest Besteigung vielleicht oder als erste Frau von Europa nach Amerika schwimmen?

Also Berge sind toll und es macht bestimmt auch Spaß, da hoch zu klettern, aber ich hab Höhenangst, das ist glaube ich nichts für mich. Und von Europa nach Amerika schwimmen wäre auch nicht so mein Ding. Rudern würde mich mal interessieren.

Oder doch lieber 7-fache Oma?

Oh Gott, krass. Darauf hätte ich jetzt doch noch keine Lust. Meine Jüngste ist ja erst 15. Ich will dann schon auch Zeit haben für mein Oma-Dasein, und die hab ich jetzt eigentlich noch gar nicht. Aber im Prinzip hab ich gegen sieben Enkel nichts einzuwenden (lacht).

Unser FRIZZ-Fotograf Klaus Mai hat ja super Fotos von Dir gemacht. Als Kulisse hast Du Dir das San Remo ausgesucht. Warum?

Das hat mich mein ganzes Leben schon begleitet. Ich geh da schon seit 30 Jahren hin,  Mittagessen, Kaffee trinken oder Abendessen. Wenn ich mal weg war und wieder kam, dann hab ich mich darauf gefreut, gleich als erstes ins Remo zu gehen. Das war so ein bisschen mein Wohnzimmer. Auch als die Kinder klein waren, waren wir da fast jedes Wochenende zum Essen. Das war also schon immer so ein Lieblingsort von mir.

Gibts was in Deinem Leben, wo so für nen kurzen oder langen Moment das Gefühl aufkommt: Hey, das Leben ist doch echt gerade traumhaft?

Ja, klar, das gibts. Es ist ein wunderschönes Gefühl, Weihnachten mit meiner ganzen Familie zu verbringen. Oder wenn ich alleine mit meinen Hunden am Oberfeld spazieren gehe. Und, wie schon gesagt, wenn ich ein neues Magazin in der Hand halte. Natürlich auch der Zieleinlauf beim Ironman. Und Hawaii wäre die Krönung.

Danke für das Gespräch und viel Erfolg.
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