Zwischen Kirche und Krone

Finn Krug gilt als herausragender Nachwuchskünstler der Region.

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2020 gewann der damals 18-Jährige das Darmstädter Musikpreis-Stipendium. Seitdem studiert er an der Hochschule für Kirchenmusik in Heidelberg, leitet Chöre, gibt Klavierunterricht und Konzerte – ab und zu auch in der Goldenen Krone.

Wir sind in der Darmstädter Pauluskirche verabredet. Finn Krug sitzt schon an der beeindruckenden Orgel und improvisiert. Der 21-Jährige trägt Pulli, Brille, Jeans und Turnschuhe. Mir fallen gleich seine langen, schlanken Finger auf. Schnell kommen wir ins Gespräch – natürlich über Musik. Die Musik der Romantik von Olivier Messiaen, Max Reger oder Franz Liszt hat es ihm besonders angetan. An einer sehr wertvollen Barockorgel in der evangelischen Kirche in Modau ist er gewissermaßen groß geworden. Pfarrer Joachim Fuchs hatte den Jungen an die Orgel gesetzt und dem hat das „großen Spaß gemacht“. Es folgte Orgelunterricht bei Dekanatskantorin Gerlinde Fricke und dem Konzertorganisten und Kantor Wolfgang Kleber.

Finn Krug, 2002 in Modau geboren, begann seine musikalische Laufbahn mit Blockflötenunterricht. Mit neun Jahren lernte er dann Klavierspielen bei Susanne Fauteck nach der „Suzuki-Methode“, zunächst nach Gehör, dann brachte er sich selbst Notenlesen bei. Es folgten Meisterkurse, Solo-Auftritte und Kammermusik mit der Flötistin Annette Graumann und dem Gitarristen Matthias Graumann, musikalische Assistenzen als Pianist für Musicals am Staatstheater Darmstadt. Jazz-Improvisationen hat er bei Uli Partheil gelernt. „Ursprünglich wollte ich einmal Jazz-Pianist werden“. Aber die Leidenschaft zur Klassik war doch stärker. 2020 gewann er mit einem Stück des Virtuosen Franz Liszt das Darmstädter Musikpreis-Stipendium.

Eigentlich stammt das musikalische Ausnahmetalent aus einer nicht so musikaffinen Familie – die Mutter betreibt die Metzgerei Krug in Bessungen, der Vater ist Automechaniker. Aber seine Familie sei stolz auf ihn, habe ihn immer unterstützt und nie gesagt: „Bub, lern' mal etwas Ordentliches“.

Lampenfieber hat Finn nur drei Minuten vor dem Auftritt. Dazu gibt es bestimmte Rituale: „Ich rauche meist eine Zigarette, setze mich dann an die Orgel oder ans Klavier, kontrolliere die Sätze, ziehe meine Uhr aus und atme tief ein. Ab diesem Zeitpunkt muss man es laufen lassen …“ Besonders herausfordernd ist es in Umgebungen, in denen es normalerweise nicht ganz still ist, wie in Kirchen und Konzertsälen. Ab und zu setzt er sich hier in der Goldenen Krone in Darmstadt ans Klavier und improvisiert Stücke wie „Summertime“ von Gershwin. Wenn es dann ganz ruhig im Raum ist und seine Freund:innen und die Zuschauenden dem Klang seiner Musik lauschen, entstehen einzigartige Momente.

Das Abitur an der Georg-Christoph-Lichtenberg-Schule in Ober-Ramstadt hat er nicht gemacht, dafür eine Begabtenprüfung für ein Musikstudium an der Hochschule für Kirchenmusik in Heidelberg bestanden. Hier studiert er mit Schwerpunkt Orgel. „Ich wollte weg von der Schule und Musik machen“. Täglich übt er drei bis vier Stunden – „das ist aber keine Arbeit, ich spiele ja für mich selbst.“ Aber abends braucht er Ruhe und Natur – so wohnt er noch in Modau. „Manchmal mache ich dann gar nichts mehr oder schaue eine Netflix-Serie, um den Kopf freizubekommen“, erzählt Finn.  

Sehr gerne gibt er seine Begeisterung für Musik weiter, leitet Chöre, gibt Klavierunterricht. In den ersten Stunden wird nicht nach Noten gespielt, vor allem der Klang und das Hören stehen im Mittelpunkt. „Wenn meine Schüler:innen Fortschritte machen und meine Anweisungen funktionieren, erfüllt mich das mit Freude“. Das Menschlich-Pädagogische liegt ihm. Sein Traum? „Das Orgel-Konzertexamen in Paris machen. Wünschen würde ich mir später einen Lehrauftrag für Orgel.“

In seiner Freizeit hört er gerne – kein Wunder – Musik, auch Pop-Musik sowie Jazz. Und er hat noch ein Hobby, das auch große Fingerfertigkeit erfordert: das Restaurieren von alten Mopeds, von denen er eine kleine Sammlung hat. Gerne fährt er mit seiner Vélosolex durch den Odenwald oder reist mit seinem VW-Bus T3 nach Holland oder Frankreich.

Was gibt ihm die Musik? Finn Krug holt Luft und überlegt: „Freude und Trauer – mit Musik kann ich alles ausdrücken!“


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Nächste Termine:


16.6., „Nacht der Kirchen“: 19 Uhr – „Mein Herz ist bereit“ – Musik für Orgel und Gesang mit Mark Adler/Tenor, Stadtkirche; 21 Uhr – „Pipes Crossover mit Lukas Euler“ in der Pauluskirche; 22 Uhr – Finn Krug & Maria Mokhova – Orgelwerke für vier Hände von der Romantik bis zur Moderne.

bio.finn_krug


Finn Krug, geboren 2002 in Darmstadt, Klavierunterricht von 2010–2020 bei Susanne Fauteck, seit 2020 Unterricht bei Grigory Gruzman. Orgelunterricht seit 2016, u. a. bei Gerlinde Fricke und Wolfgang Kleber. Jungstudent an der Hochschule für Kirchenmusik Heidelberg von 2020–2022. Seit 2022 Student für Kirchenmusik an der Hochschule für Kirchenmusik in Heidelberg mit Schwerpunkt Orgel. Zu seinen prägenden Lehrer:innen zählen: Uli Partheil (Jazz), Jutta Kargel-Depré (Musiktheorie, Gehörbildung und Gesang), Ruth Miura, ESP (Klavier), und Bruce Anderson, USA (Klavier). 2020 gewann Krug das Darmstädter Musikpreis-Stipendium.
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