„Ich hasse Lügen!”

Dagmar Metzger vertritt die SPD im Präsidium der Darmstädter Stadtverordnetenversammlung.

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©Klaus Mai


Sie ist die Schwiegertochter und Schwiegerenkelin zweier Darmstädter Oberbürgermeister, die Frau mit der Bananenfrisur und laut BILD-Zeitungs-Head 2008 „Deutschlands ehrlichste Politikerin”.


FRIZZmag: Liebe Dagmar Metzger, wir kennen uns ja auch schon lange, weil Sie ja Genossin sind, wie mein Vater komischerweise immer noch, darf ich wie sonst auch Du sagen?

Ja, selbstverständlich.

Wer ins Präsidium will, muss offenbar aus Eberstadt sein. Ist das ein Zufall oder hat das Gründe?

Das ist reiner Zufall, dass da so viele Eberstädter oben sitzen. Oder aus Eberstadt kommt Qualität, das kann natürlich auch sein.

Wie lange bist Du schon in der Stavo?

Seit 1999, also schon seit 20 Jahren.

Die Stavo-Vorsteherin ist ja protokollarisch die erste Bürgerin der Stadt, bist Du dann die vierte oder wie ist das geregelt?

Ja, klar, das liegt an der Anzahl der Wählerstimmen. Die SPD ist die drittgrößte Fraktion, ich bin deshalb die dritte Stellvertreterin und so gesehen die vierte Bürgerin.

Wie bist Du eigentlich Stellvertreterin geworden und warum hat Deine Partei gerade Dich ausgesucht?

Damals hörte Hans-Werner Erb auf, weil er nach Mühltal zog. Dann war natürlich die Frage, wen die SPD jetzt stellt. Nach vielen Gesprächen mit Hanno Benz, unserem damaligen Fraktionsvorsitzenden, hab ich dann gesagt, dass ich mir das vorstellen könnte.

Wenn man so eine Stavo-Sitzung leitet oder vizeleitet, muss man ja neutral sein. Würdest Du viel lieber flammende Reden halten?

Ja, das kann ich ja trotzdem. Ich muss mich nur oben abmelden, gehe kurz runter ins Plenum, die anderen halten die Stellung im Präsidium und dann kann ich trotzdem weiterhin flammende Reden halten. Was ich ja im Kulturbereich auch mache.

Wenn man Dich googelt, kriegt man raus, dass Du Juristin bei der Sparkasse Darmstadt bist und die Bild-Zeitung Dir mal den Titel „Deutschlands ehrlichste Politikerin” verpasst hat, weil Du Andrea Ypsilanti nicht zur Ministerpräsidentin wählen wolltest. Magst Du davon was erzählen?

Oh, das war eine hektische und aufregende Zeit. Ich hätte niemals damit gerechnet, dass ich als Newcomerin im Landtag so einen Schnellstart hinlege. Ich hatte ja auch gar nichts gegen Andrea Ypsilanti, das ist damals falsch rübergekommen. Das war halt einfach wegen dem Wahlversprechen, das ich abgegeben habe: Nicht mit dem Linken.

Und das Parteiordnungsverfahren hast Du ja dann ziemlich problemlos überstanden, oder?

Das habe ich gar nicht richtig mitbekommen. Das ist auch sofort wieder eingestellt worden, weil ich glaubhaft dargelegt habe, dass es eine Gewissensentscheidung für mich war, zu sagen, wenn ich den Wählern im Wahlkampf verspreche, nicht mit den Linken zu koalieren, dass ich dann auch nach der Wahl dabei bleibe.

Dein absolutes Alleinstellungsmerkmal ist Deine Frisur. Turm-, Bananen- oder Vogelnestfrisur - wie wurdest Du das nennen?

Na, eher so im Audrey Hepburn Stil (lacht).

Hältst Du das heute für falsch, dass die SPD es niemals mit den Grünen und den Linken gemeinsam versucht hat, weder in Hessen, noch in Berlin? Und stattdessen jetzt in der Groko abkackt?

Also, ich kann das nur für mich sagen. Damals im hessischen Landtag waren die Linken teilweise derart verfassungswidrig, einige hatten auch Hintergründe in der SED und der PDS, dass ich gesagt habe: Nein, mit denen will ich nicht. Ob das heute noch genauso wäre, das müsste ich von dem jeweiligen Parlament abhängig machen. Andererseits ist im Bund die Groko ja auch nur eine Notlösung gewesen. Ich hätte es auch besser gefunden, wenn wir als SPD nicht in einer Groko gelandet wären, aber dadurch, dass die FDP sich verweigert hat, blieb ja gar nichts anderes übrig.

Du bist also eine rechte SPDlerin, eine Seeheimerin. Ihr passt doch eigentlich besser in die CDU, jedenfalls in die Merkel-CDU, oder warum doch nicht?

Weil sich letztendlich zu wenig bewegt! Mit der Bezeichnung “Seeheimerin” habe ich kein Problem. Ich gehöre ja auch dem Seeheimer Kreis (Zusammenschluss konservativer Abgeordneter der SPD-Bundestagsfraktion, Anm. d. Red.) nach wie vor an.

Was sind denn Deine politischen Leidenschaftsthemen, außer Kultur?

Ein Thema sind natürlich immer Haushalts- und Wirtschaftsfragen, also Finanzen.

Und was gibt es denn privat im Leben an Hobbys oder so, was Du unseren Leser*innen verraten würdest?

Ich tauche für mein Leben gerne. Ich tauche gerne ab, und zwar tief (lacht).

Was würdest Du Dir wünschen für Darmstadt, wenn es morgen sofort Realität sein könnte?

Dass wir Weltkulturerbe wären.

Du hast Dich auf dem Ludwig-Metzger-Platz fotografieren lassen, warum?  

Hier stecke ich viel Freizeit rein (Der Ludwig-Metzger-Platz liegt vor dem Liebighaus, in dem das Stadtparlament tagt, Anm. d. Red.) Aber natürlich auch, weil er nach meinem Schwiegeropa benannt ist. Ich habe den ja noch live erlebt und lieben gelernt. Ich bin glücklich, dass ich in diese Familie eingeheiratet habe. Die passen zu mir und ich passe zu denen.

Hast Du ein politisches Leitmotiv oder sowas wie ein Lebensmotto, das Du uns zum Abschluss noch verrätst?

Ich glaube, das habe ich im Landtagswahlkampf schon mal gesagt: Ich hasse Lügen!


Danke für das Gespräch. 

dagmar_metzger.vita


*10.12.1958 in Berlin Charlottenburg. Abitur, Banklehre und Jurastudium in Berlin. Seit 1985 bei der SPD. Seit 1991 in Darmstadt. 1991-1993 bei der Firma Goldwell. Seit 1994 Justitiarin bei der Sparkasse Darmstadt. 1994 Heirat mit Mathias Metzger. Seit 1999 Mitglied der Stavo.
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