Bäcker, Historiker, heimat- und naturverbunden

Ludwig „Lutz“ Achenbach ist Eberstädter und Quotenmann im Präsidium der Stadtverordnetenversammlung

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©Klaus Mai

FRIZZmag: Lieber Ludwig Achenbach, wir kennen uns ja wg. meinem Vater, weil der, da war ich gerade mal acht Jahre alt, mit Ihnen irgendwas politisch gemacht hat. Darf ich, wie sonst auch, Du sagen?

Ja, bitte.

Wann bist Du eigentlich Ludwig und wann Lutz?

Ludwig, wenn ich unterschreiben muss, und Lutz für meine Freunde und eigentlich für alle anderen auch.

Wer ins Präsidium will, muss offenbar aus Eberstadt sein. Ist das ein Zufall oder hat das Gründe?

Naja, (lacht) wir haben im Präsidium eine Quoten-Nicht-Eberstädterin und einen Quoten-Mann, also die beiden Minderheiten sind vertreten. Wir Eberstädter sind weltoffene, verbindende Leute, die sich auch mal durchsetzen können. Das ist für ein Präsidium keine schlechte Voraussetzung.

Wie lange bist Du schon in der Stavo?

Seit 1993, also schon seit 26 Jahren. Aber ich habs noch nie mit so viel Überzeugung gemacht wie im Moment.

Die Stavo-Vorsteherin ist ja protokollarisch die erste Bürgerin der Stadt. Bist Du dann nach ihr und Nicole Frölich der dritte Bürger?

So rechne ich nicht. Immer der, der auf dem Stuhl sitzt, ist in dem Moment der Stadtverordnetenvorsteher.

Also, das ist ans Amt gekoppelt und nicht nach unten zu deklinieren, oder?

Genau. Grundsätzlich ist Birgit Pörtner die erste Bürgerin der Stadt. Es ist ein guter parlamentarischer Brauch, dass die stärkste Fraktion diese Position besetzt und die drei stärksten die Stellvertreter stellen.

Warum hat Deine Partei gerade Dich als Stellvertreter ausgesucht?

Ich wurde wahrscheinlich für in der Lage gehalten, eine Sitzung zu leiten und mich durchzusetzen, wenn es sein muss. Aber ich bin sicherlich auch ein verbindendes Element. Es  ist kein Geheimnis, dass ich mit den allermeisten Kolleg*innen im Haus sehr gut auskomme.

Wenn man so eine Stavo-Sitzung leitet, muss man ja neutral sein. Würdest Du viel lieber flammende Reden halten?

Ja, manchmal schon. Gut, wenn man länger dabei ist, wird man ruhiger und abgeklärter. Aber es gibt immer wieder Themen, für die das Herz schlägt. Da kann es schon mal vorkommen, dass ich zuerst hessischen Dialekt rede und plötzlich was auf lateinisch. Auch, dass einem die „Gäul” durchgehen, kann passieren. Aber darum hab ich auch für andere Verständnis. Ich finde es bei jedem Redner okay, wenn er Temperament, Emotionen und damit auch Engagement zeigt.

Wenn man Dich googelt, kriegt man raus, dass Du gelernter Bäcker und studierter Historiker bist. Magst Du davon was erzählen?

Ja. Den Bäckerberuf habe ich im elterlichen Betrieb in Eberstadt gelernt, die Bäckerei Achenbach war seit 1878 in Familienbesitz. Als mein Vater krank wurde, war ich am Studieren in Wien und musste nach Hause zurückkehren, um die Bäckerei selbst weiterzuführen. Ich habe mich dann allerdings dazu entschieden, mein Studium fortzusetzen und die Bäckerei zu verpachten. Nach dem Ende meines Studiums hatte ich dann noch fünf Assistentenjahre an der Universität.

Backst Du heute noch? Und wenn ja was?

Ab und zu mal Riwwelkuche und zu Weihnachten Anisgebäck mit historischen Modeln.

Was sind denn Deine politischen Leidenschaftsthemen?

Heimat, Mittelstand und kulturelle Identität. Diese drei Begriffe möchte ich nicht den falschen Leuten überlassen.

Und was gibt es denn privat im Leben an Hobbys oder so, was Du unseren Leser*innen verraten würdest?

Früher hab ich ganz viel Chorgesang gemacht, Schulchor, Hochschulchor und Männergesangverein. Zum Singen hatte ich aber viele Jahre keine Zeit mehr, da ich selbstständig bin. Ich führe eine Agentur für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, das ist mein Beruf, das muss funktionieren. Vor etwa vier Jahren habe ich wieder angefangen zu singen und zwar in Traisa bei GoGospel, weil es der Seele einfach gut tut. Anfang 2017 hatte ich eine Knieoperation, seitdem trainiere ich drei bis viermal pro Woche in Eberstadt im Akuf Sportstudio,  das tut mir supergut, da schwänze ich sogar mal eine Sitzung für. Und natürlich Apfelbäume pflanzen, Äpfel ernten, keltern und in den alten Gewölbekellern, die wir noch haben, den eigenen Apfelwein fabrizieren.

Was würdest Du Dir wünschen für Darmstadt, wenn es morgen sofort Realität sein könnte?

Das ist eine Frage, die sich, glaube ich, jeder Stadtverordnete viel zu selten stellt. Ich würde mir eine attraktive Schienenverkehrsanbindung ganz weit in den Ostkreis wünschen, die auf der anderen Seite auch nach Westen rausgeht, bis nach Weiterstadt. Das hängt auch mit der Wohnungsnot hier zusammen. Als Konservativer habe ich bei Miete, Wohnen und Hausbau sehr privatwirtschaftliche Ansichten. Es kann doch nicht sein, dass hier alles überhitzt ist und im östlichen Landkreis oder im Odenwald stehen viele Immobilien leer. Das führt zu Wertverfall, daran können ganze Altersversorgungpläne scheitern. Eine Schienenverbindung von Ost nach West durch Darmstadt durch, das wäre geil.

Wo hast Du Dich fotografieren lassen und warum?

Ich habe mich für einen Platz im Mühltal auf Höhe der Kaisermühle entschieden. Das ist landschaftlich mein Lieblingsplatz in Eberstadt. Da sieht man einerseits die Kaisermühle, in der anderen Richtung eine geschwungene Hügellandschaft. Das muss Tolkien (J.R.R. Tolkien, Schriftsteller, u.a. „Der Herr der Ringe”, Anm. d. Red.) gesehen haben, als er sich das Auenland ausgedacht hat.

Hast Du ein politisches Leitmotiv oder sowas wie ein Lebensmotto, das Du uns zum Abschluss noch verrätst?

Leben und leben lassen. Und, was ich super finde und nicht hätte besser formulieren können, als unser Großherzog Ernst Ludwig: Habe Ehrfurcht vor dem Alten und Mut das Neue frisch zu wagen, bleib treu dir selbst und den Menschen, die du liebst.


Danke für das Gespräch.

ludwig_achenbach.vita


*1.8.1962 in Darmstadt, aufgewachsen in Eberstadt. Abitur an der Viktoriaschule in Darmstadt, Bäckerlehre im Familienbetrieb. Magister-Geschichtsstudium an der TU Darmstadt, zwei Semester in Wien. Fünf Jahre Assistentenstelle, seit 1999 selbstständig mit Agentur für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Seit 1982 Mitglied der CDU, seit 1993 in der Stavo. Vater einer jugendlichen Tochter.
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