Peter Schmidt

Er engagiert sich für Darmstadt

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© Klaus Mai

Sein Leben kann Bücher füllen. Peter Schmidt ist 1938 geboren, in Darmstadt aufgewachsen, hat hier die Brandnacht erlebt, kam nach einer Evakuierung im Krieg wieder nach Darmstadt zurück und lebt heute im Martinsviertel. Daher kennt kaum ein anderer Darmstadt so gut wir er. Der „Heiner mit Herz“ engagiert sich sehr für seine Stadt und seine Bürger/innen - die Liste seiner ehrenamtlichen Tätigkeiten scheint endlos zu sein. Besonders liegt ihm die Jugend am Herzen. Die 19-jährige Praktikantin Carolin Schwalme hat ihn interviewt.

Peter Schmidt ist ein sehr offener und fröhlicher Mensch. Seine ersten Lebensjahre verbrachte er im 2. Weltkrieg. Noch heute spricht er viel von der Vergangenheit: Er hat sogar ein Buch darüber geschrieben „ HYPERLINK "http://www.amazon.de/Aufgewachsen-Darmstadt-40er-50er-Jahren/dp/3831319197" Aufgewachsen in Darmstadt in den 40er und 50er Jahren“ und erzählt seine Erlebnisse in dem Film „Brandmale“. Die Kriegsjahre haben ihn bedeutend geprägt und er nahm daraus viel für sein weiteres Leben mit. Schmidt ist am 26.05.1938 in der Bleichstraße zur Welt gekommen. „Hausgeburten waren damals üblich“, erzählt uns der heute 75-jährige. Sein Vater wurde gleich zu Beginn des Krieges 1939 eingezogen, so dass Schmidt ohne ihn aufwuchs. Seine Mutter war eine selbstbewusste Frau und übertrug das auf ihre Kinder. Sie erzog Peter Schmidt und seine 2 Jahre jüngere Schwester Ingeborg schon früh zur Selbstständigkeit. „Die Frauen waren zu Kriegszeiten unglaublich stark. Es war der reine Kampf ums Überleben“, erklärt uns der Darmstädter. In den Jahren von 1940-1945 gab es 1567 Mal Fliegeralarm in Darmstadt: „Wir hatten fast täglich Fliegeralarm“, erzählt uns Peter. Die alte Brauerei (damals in der Bleichstraße 47) diente als zentraler Luftschutzkeller und rettete rund 400 Menschen das Leben. Während des Hauptangriffs auf Darmstadt, in der Nacht vom 11. auf den 12. September 1944, haben Schmidt und seine Familie glücklicherweise den Angriff überlebt und wurden mit insgesamt 30 Darmstädter/innen evakuiert und ins Erzgebirge, in die Nähe von Chemnitz, gebracht. 

Wieder zurück im zerstörten Darmstadt zog er mit seiner Familie in die Baracken in der Nähe des Böllenfalltorstadions. Das Stadion wurde damals von den Amerikanern beschlagnahmt. Dies war der Grund dafür, dass dort nur Baseball gespielt werden durfte. Einer der Spieler schloss den damals 8-jährigen in sein Herz und Peter wurde zum Maskottchen der Baseball-Mannschaft. Dies brachte ihm einige Vorteile: Er durfte die Essensreste der Mannschaft und die abgespielten Bälle mitnehmen - aus der Wolle darin strickte seine Mutter Socken, Pullover und Hosen. Diese Bälle zeigt Schmidt heute noch gerne bei Vorträgen, z. B. in Schulen. „Ich war, besonders durch den Krieg, ein Junge, der sehr viele Fragen gestellt hat. Diese wurden mir jedoch nicht beantwortet“, erzählt uns Schmidt. Daher verließ er bereits nach der 10. Klasse die Lichtenbergschule in Darmstadt. Er wechselte auf die Emanuel-Merck-Schule, eine Schule mit wirtschaftlichem Schwerpunkt. Später studierte er Volkswirtschaftslehre in Frankfurt und Mainz und beendete 1964 sein Studium.

Anschließend arbeitete er zwei Jahre in der Marktforschung und zwei Jahre im Vorstandssekretariat einer Bank in Frankfurt und wurde u. a. in München und Hamburg eingesetzt. 1968 wurden Berufsschullehrer gesucht. Dies war für Schmidt der Beginn einer 32-jährigen Karriere als Berufsschullehrer an der Friedrich-List-Schule. „Besonders gefallen an diesem Beruf hat mir die Auseinandersetzung mit jungen Menschen. Mein jüngster Schüler war 15 und mein ältester 48“, so Peter Schmidt. Außerdem war er Verbindungslehrer und im Personalrat. „Mir gefiel die ständige Umstellung auf neue Situationen und unterschiedliche Menschen. Die Lehrer vergessen, wie sie selbst als junge Menschen waren. Sie sollten lernen sich an soziale und gesellschaftliche Umstände anzupassen und an ihnen zu wachsen“, so Schmidt. 

Schmidt wurde als Vorsitzender des Stadtjugendrings einer der Hauptunterstützer der Ostpolitik von Willy Brandt. Nach jahrelanger Unterstützung der SPD wurde er jedoch 1974 aus der Partei ausgeschlossen, da er einer Kandidatur des Kommunistischen Bundes Westdeutschlands zustimmte - was aber nicht bedeutete, dass er hinter deren Parteiprogramm stand. Daraufhin führte Schmidt über 6 Instanzen bis zum Bundesgerichtshof einen Prozess gegen die Partei. 1997 wurde der Darmstädter Mitglied bei den Grünen. Heute ist er ehrenamtlicher Stadtrat im Magistrat, stellvertretender Aufsichtsrat-Vorsitzender des Klinikums, Vorsitzender des Theaterbeirats, Schriftführer und Vorstand des Kulturbundes. Auch wenn die Liste seiner ehrenamtlichen Tätigkeiten lang ist, so bereitet ihm jedes einzelne Amt Freude, denn Schmidt erzählt uns: „Alles was ich mache, mache ich auch gern“.

„Ich könnte in vielen anderen Städten leben, aber hier bin ich eben aufgewachsen und wo ich lebe, möchte ich mich auch wohlfühlen“, so Schmidt. An Darmstadt hängen viele Erinnerungen: „Eine besondere Beziehung habe ich noch heute zum „Böllestadion“. Ich gehe seit 1948 zu möglichst allen Heimspielen der Mannschaft.“

Faszinierend an ihm ist vor allem seine tiefgreifende Lebenserfahrung. Trotz vieler negativer Erlebnisse sprüht er Lebensfreude aus. Mit seinen 75 Jahren engagiert er sich noch immer, nicht nur politisch. Auch erzählt er uns: „Die Jugend liegt mir nach wie vor sehr am Herzen“. So manch einem hätte Peter Schmidt als Lehrer gut getan, denn er ist ein Mensch mit Vorbildcharakter und hat das Herz auf dem rechten Fleck.

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