Der Mängelmelder - Stadtteilpflege mit dem Smartphone

Politisch interessierte Informatiker mobilisieren Bürger/innen für ihre Stadt.

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Gelbe Säcke, die wochenlang am Straßenrand stehen, große Schlaglöcher, von denen im Rathaus niemand etwas weiß, und andere Defizite in unserer Stadt werden hoffentlich bald der Vergangenheit angehören. Denn es gibt die Mängelmelder-App, mit der Bürger/innen Schäden und Ähnliches schnell melden können.

Alles begann, als sich die beiden Informatiker Dr. Tobias Klug und Dr. Robert Lokaiczyk bei einem Forschungsprojekt der TU Darmstadt zum Thema E-Partizipation kennenlernten. Auch bei ihrer Doktorarbeit, die beide im Darmstädter Büro des Softwareunternehmens SAP schrieben, beschäftigten sie sich mit der Frage, wie Bürgerbeteiligung im Netz möglich sein kann und welche Formen Kommunen nutzen und welche nicht.  

Diskussionen um den Bürgerhaushalt

Aus den gewonnen Erkenntnissen gründeten die beiden 2010 mit dem Exist-Gründungsstipendium des Hessischen Wirtschaftsministeriums das Unternehmen „wer denkt was“. Ziel war es, aus den bestehenden Angeboten an Onlinepartizipation Produkte zu entwickeln, mit denen Bürgerbeteiligung via Internet auf kommunaler Ebene möglich ist. Denn die meisten Angebote waren bis dato bei der Bevölkerung nicht angekommen. „Man muss kämpfen um Bürger zu beteiligen“, so Klug. Das erste Produkt der beiden politisch interessierten Informatiker war eine Plattform, auf der Bürger/innen und Politiker/innen online diskutieren und über Vorschläge abstimmen können. Eingesetzt wird es zum Beispiel im Bürgerhaushalt der Stadt Darmstadt, bei dem sich zuletzt über 600 Bürger/innen beteiligten. Doch laut Klug ist es nicht die Anzahl der Beiträge, die den Bürgerhaushalt so erfolgreich machen, sondern die Qualität der Beiträge, die so in die Diskussion eingebracht werden. 

Mängelmelder

Etwa zur selben Zeit stellte „wer denkt was“ den so genannten Mängelmelder vor. Ein Programm, das jeder auf seinem Mobiltelefon installieren kann, um damit etwaige Schäden oder Defizite in der Stadt zu melden. Ob Glasscherben auf dem Gehweg oder eine beschmierte Parkbank - alles, was von der Stadt behoben werden kann, wird von „wer denkt was“ an die entsprechende Stelle weitergeleitet. Dies soll den Gemeinschaftssinn unterstützen: So kann sich jeder für sein Viertel und dessen Bewohner einsetzen. Besonders gut funktioniert das Ganze, wenn die Kommunen mit dem Unternehmen zusammenarbeiten, denn dann kann das System an die kommunalen Voraussetzungen angepasst werden. Die App gibt es bereits in vielen deutschen Städten und in Luxemburg. Aber auch in Darmstadt, wo die Stadt bisher noch nicht direkt mit dem Mängelmelder verbunden ist, kann ein jeder Defizite melden. „wer denkt was“ versendet dann eine E-Mail, in der das Problem beschrieben wird und ein Foto, das ein Melder geschossen hat, sowie die Koordinaten zu sehen sind. Ein Problem bei der Kommunikation gibt es aber noch immer: Die Strukturen in vielen Rathäusern sind so verworren, dass eine Rückmeldung über behobene Mängel erst spät oder gar nicht erfolgt.

Appjobber

Ein Jahr nach der Einführung des Mängelmelders brachte „wer denkt was“ ein neues Produkt auf den Markt. AppJobber heißt das Programm, mit dem jedermann kleines Geld mit kleinen Aufträgen verdienen kann. Das Prinzip ist denkbar simpel: Ein Unternehmen benötigt Informationen ähnlicher Art von verschiedenen Orten. Doch anstatt eine Person dafür zu bezahlen, an jeden Ort zu fahren, macht es AppJobber möglich, den Auftrag an viele verschiedene Personen, die schon vor Ort sind, zu vergeben. Erster Kunde von AppJobber war TomTom. Der Hersteller von Navigationssystemen aktualisiert seine Karten immer wieder und benötigt dafür Informationen über Änderungen im Straßenverlauf. Auch andere Unternehmen, wie der Schokoladenhersteller Rausch und die Deutsche Bahn, nutzen mittlerweile den AppJobber. Für die Jobber ist die Nutzung ganz einfach, sodass die Anzahl stetig ansteigt. Nachdem in Deutschland über 100.000 Menschen auf diese Art kleines Geld verdienen, ist das mittlerweile auch in Italien, Finnland, Österreich, Frankreich und der Schweiz möglich. Diese Nutzer sind zwar überwiegend junge, männliche Studenten, aber auch Senior/innen gestalten so ihre Spaziergänge ein wenig interessanter. 

Ein weiteres Angebot von „wer denkt was“ ist eine interaktive Karte, auf der die Barrierefreiheit von verschiedenen öffentlichen Orten eingestuft und von anderen Nutzern abgerufen werden kann. Gemeinsam mit der IVM (Integriertes Verkehrs- und Mobilitätsmanagement Region Frankfurt RheinMain) wurde die Karte auf www.mobilemenschen.de erstellt. Bei Verwaltungsgebäuden und anderen oft besuchten Orten wird selbst die Höhe der Treppenstufen, die Steigung der Rollstuhlrampe, das Vorhandensein von Ansagen und Blindenschrift im Aufzug und viele weitere Detailinformationen erfasst. Wir hoffen auf weitere tolle Ideen.

www.appjobber.de            

www.mängelmelder.de        

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