„Im Ring trägst du die Verantwortung allein.“

Jaro Meffert ist Deutscher Meister im Kickboxen

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Bei den Junioren hat es Jaro Meffert vom Verein Budo-Do-Tameshi vergangenes Jahr bis zu den Weltmeisterschaften geschafft. 2019 hat er bei den Herren alle Titel verteidigt. Wie prägen Sport und Erfolg das Leben und die Persönlichkeit des 20-Jährigen?


FRIZZmag: Gleich doppelt herzlichen Glückwunsch, lieber Jaro! Du hast 2019 souverän dein Abitur absolviert und zeitgleich die Deutschen Meisterschaften im Kickboxen in der Gewichtsklasse bis 63 Kilo gewonnen. Wie hast du bloß das Trainings- und Lernpensum geschafft?

Jaro Meffert: Auch wenn die Turniere mich mental sehr beanspruchen, hat das Training geholfen, mich auch beim Lernen zu fokussieren. Tagsüber habe ich mich auf die Prüfungen vorbereitet und das abendliche Training war dann ein guter Ausgleich.

Dann konkurriert der Leistungssport nicht mit dem alltäglichen Leben?

Ich würde sagen: Je besser im Sport, desto besser im Leben. Training und Erfolge geben mir auch mehr Energie und Selbstbewusstsein. Es ist aber auch richtig, dass Abitur und Turnier für mich doppelte geistige Anstrengung bedeutet haben.

Wie hat es dich zum Kickboxverein „Budo-Do- Tameshi“ - im Wahrsten Sinne des Wortes – verschlagen? Und was macht Sport und Verein so besonders?

2012 habe ich mit einem Freund beim Probetraining des Clubs teilgenommen. Entgegen allen Klischees: Die Menschen, sowohl die Trainingskollegen als auch die Trainer, sind unfassbar empathische und soziale Menschen aus allen Nationen. Der ganze Umgang ist geprägt von Wertschätzung und fairem Kampf, ohne elitär zu sein. Das hat mich sofort begeistert. 

Du hast letztes Jahr bei den Junioren bis zur Deutschen Meisterschaft alles abgeräumt, was es zu holen gab, danach warst du im National-Kader und bei den Weltmeisterschaften. Wie war das für dich?

Eine coole Erfahrung! Auch in den Weltmeisterschaften war die Atmosphäre freundschaftlich geprägt. Ich habe tolle Leute kennengelernt. Nur mit meiner Leistung dort war ich unzufrieden, weil ich gleich zu Anfang einen schlechten Einstieg hatte und damit nicht mehr ganz nach vorne kam.

Du warst mit dem 9. Platz bei den Weltmeisterschaften immerhin im vorderen Drittel!

Ja, aber es wäre mehr drin gewesen, und das ärgert mich.

Mit deinen 19 Jahren hast du alle deine Titel, die du bei den Junioren erhalten hast, bei den Herren verteidigt. Eigentlich fangen die Herren erst mit 20 Jahren an. Warst du in deinem Leben schon immer so ehrgeizig?

Nicht immer. Wie andere Jugendliche hatte auch ich meine Motivationstiefs, sowohl im Training als auch in der Schule. Aber genau in dieser Phase hat mir der Verein Halt gegeben. In dieser Zeit habe ich gelernt, wie wichtig mentale Stärke ist und dass es sich lohnt, daran zu arbeiten.

Dein Verein „Budo-Do-Tameshi“ trainiert im Martinsviertel und bringt unglaublich viele aufstrebende Talente hervor. Inklusive Junioren haben dieses Jahr alle Sportler einen Platz auf dem Podest erkämpft. Eure Trainer scheinen alles richtig zu machen?

Ja, unsere Trainer sind super. Sie sind für uns alle auch Bezugspersonen und Vorbilder. Jimmy Jwinski als Haupttrainer und Oliver Hahl im Leistungssport sind sehr erfahren und kompetent. Sie legen viel Wert auf ein - wie sie sagen -  schönes technisches Kickboxen. Im Gegensatz zum einfachen Boxen, erfordert die Sportart wesentlich mehr Koordination, da du ja Fäuste und Füße benutzt, mit Tritten und Schlägen kämpfst. Mentale Kontrolle als Basis für Körperbeherrschung steht im Vordergrund. Es kommt auf die richtige Haltung an.

Welche Haltung ist damit gemeint?

Haltung auf allen Ebenen: Physische Stabilität, die Einstellung zum Kampf, aber auch zum Trainings- oder Kampfpartner. Eigentlich auch zum Leben und den Menschen allgemein!

Treten und Schlagen – das klingt nach einem hohen Verletzungsrisiko!

Tatsächlich sind langfristige Verletzungen bei den Kampfsportarten eher selten. Kreuzbandrisse und Sehnenrupturen gehören eher zum Fußball und anderen Sportarten. Blaue Flecken aber hat man ständig und ein Tritt in den Solarplexus knockt einen schon mal aus, aber das vergeht sehr schnell.

Neben dir hat auch Niklas Walter in seiner Gewichtsklasse die Goldmedaille bei den diesjährigen Deutschen Meisterschaften errungen. Seid ihr Konkurrenten?

Überhaupt nicht. Wir sind Sparringspartner und Freunde, können hervorragend miteinander trainieren, uns herausfordern und pushen, kämpfen aber in verschiedenen Gewichtsklassen. Wir kommen uns damit überhaupt nicht in die Quere!

Wie verbringst du deine Zeit, wenn du nicht trainierst?

Aktuell arbeite ich in der Nieder-Ramstädter Diakonie mit Menschen mit Behinderung. Bis letztes Jahr war ich noch in der Martinsgemeinde im Kindergottesdienst aktiv. Mich zieht es momentan in die sozialen Bereiche und ich denke darüber nach, Psychologie zu studieren.

Gerade hast du noch von Treten und Schlagen gesprochen. Ist Kickboxen ein Ausgleich zum Sanften in dir? 

Du meinst, tagsüber bin ich der Nette, und abends hau ich den anderen aufs Maul?

Überspitzt formuliert.

Im Ernst: Beim Kickboxen stehen die Technik und der Sport im Vordergrund, nicht die Aggression. Regeln, Kontrolle und der Respekt vor seinem Gegenüber. Alles Dinge, die absolut wichtig sind im Umgang mit Menschen. Da gibt es keinen Widerspruch.

Was steht in der Zukunft für dich auf dem Plan?

Die nächsten drei Monate verbringe ich mit Work&Travel in Australien. Nächstes Jahr stehen dann die Europäischen Meisterschaften an. Und wenn Kickboxen 2024 olympische Disziplin werden würde, wäre das – neben der Weltmeisterschaft- noch der ganz große Traum. 

Was ist für dich die wichtigste Erkenntnis, die du aus dem Kickboxen mitnimmst?

Im Ring bist du allein, das heißt, du musst dich auf dich selbst verlassen und kannst Verantwortung nicht abschieben. Im Ring wie im Leben braucht es das richtige Timing und Selbstbewusstsein, im Sinne von „sich seiner Selbst bewusst sein“. Das ist für mich die Quintessenz.


jaro_meffert.vita

*30.9.1999 in Darmstadt, wohnt im Martinsviertel. Seit 2012 im Kickboxverein Budo-Do-Tameshi. 2018 in der U19 im Leichtkontakt bis 63 Kilo: Bezirksmeister, Hessenmeister, Deutscher Meister. Berufung in Nationalkader und WM-Teilnahme. 2019 bei den Herren: Bestätigung aller Titel und Einladung zum Nationalkadertraining. 2018 und 2019 Auszeichnung für hervorragende sportliche Leistungen durch die Stadt Darmstadt.

Info: Kickboxverein Budo-do-Tameshi


Trainingszeiten für Breitensportler:  Mo, Mi, Fr 20-22 Uhr
Kontakt: Tel. 06151-977785, Email
Trainingsort: Turnhalle Schillerschule, Müllerstr. 11-13, Darmstadt
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