„Man muss bereit sein, alles dem Fußball unterzuordnen.“

Yannick Stark – Fußballprofi und einziger Darmstädter im Lilienteam

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©Klaus Mai

In der Länderspielpause sprachen wir mit Yannick Stark, in Darmstadt geboren, in Kranichstein aufgewachsen und zur Schule gegangen. Daher kennt ihn FRIZZmag-Redakteur Michael Hüttenberger, damals Yannicks Schulleiter an der Erich Kästner-Schule.

FRIZZmag: Super, Yannick, dass das geklappt hat. Wir wollen mit dir kein zwar reines Fußball-Interview machen, fangen aber trotzdem mal mit Fußball an. Niederlage in Ingolstadt verdaut?

Yannick Stark: Ja. Wir hatten diese Woche eine ausführliche Videoanalyse, aber eine Niederlage steckt immer länger in den Kleidern und in den Köpfen.

Und jetzt ist es wegtrainiert?

Es ist halt immer unglücklich, wenn man mit einer Niederlage in die Länderspielpause geht, weil man dann nicht gleich das Ergebnis wieder gutmachen kann, aber, das haben wir abgehakt.

Es läuft ja diese Saison wieder ganz gut für dich. Die zweieinhalb Jahre davor waren ja, ums klar zu sagen, ziemlich beschissen.

Ja, kann man so sagen.

Und es gehört schon ganz schön was dazu, aus so etwas wieder rauszukommen. Wie hast du das gepackt?

Das ist ganz schön viel Kopfsache. Dass ich es grundsätzlich im Kreuz habe, 2. Liga zu spielen, das war mir immer klar, das hatte ich ja schon vorher nachgewiesen. Und Rückschläge sind in Karrieren auch normal, sei es jetzt durch solche Erfahrungen oder durch Verletzungen. Und klar, es hatte auch was mit Glück zu tun, dass ich vom Trainer eine Chance bekommen hab. Und dann kommt eben Schritt für Schritt das Selbstvertrauen zurück, der Spaß kommt zurück und irgendwann läuft es dann wieder fast wie von selbst.

Du hast also zwischendrin nicht mal an dir selbst gezweifelt?

Naja, es gab sicherlich Phasen wo man nachdenkt, wo man dann Vieles hinterfragt. Aber das ist halt im Sport so, gerade bei uns ist das ist ein sehr krasses Tagesgeschäft. Die eine Woche kanns, überspitzt gesagt, katastrophal laufen und in der nächsten Woche ist man wieder der Held.

Hat es dir geholfen, in Darmstadt zu sein, wo Familie und Freunde sind, oder erhöht das eher den Druck wegen der besonderen Erwartungshaltung?

Für mich war das schon eine Erleichterung. Es ist schön, wenn man die Familie hat, Bekannte und Freunde außerhalb des Fußballs, mit denen man sich auch mal über andere Themen unterhalten kann. Und es ist auch von Vorteil, wenn man keine großen Eingewöhnungsphasen braucht, weil man alles kennt.

Ist so eine Krise dann auch eine Art persönlicher Reifeprozess, an dem man wächst oder bleibt da eine Verunsicherung übrig?

Da geht man schon gestärkt raus, gerade wenn man das positiv überwinden kann. Ich bin ja schon jemand, der sich das Leben früher phasenweise gerne mal einfach gemacht hat, so gut es geht, ob das beim Fußball war, oder in der Schule, da ist mir Vieles zugeflogen …

… kann ich bestätigen.

Und es ist sicher eine wichtige Erfahrung, wenn man merkt, dass man was investieren muss, und vor allem, wenn man investiert, dass man da auch was zurückbekommt.

Wenn wir schon gerade bei Schule sind, deine Realschulprüfung damals an der EKS, das müsste jetzt ziemlich genau zehn Jahre her sein?

Genau, 2010 habe ich mein Abi gemacht und drei Jahre vorher meine Realschulprüfung.

Dein Sport-Prüfungsthema damals, erinnere ich mich noch, war Viererkette. Was würdest du sagen, aus heutiger Sicht, warst du damals schon ziemlich nah dran, oder hatte das noch nicht so viel mit der professionellen Realität zu tun?

Grundsätzlich hab ich das Thema ganz gut erklären können, war ja auch ne Eins (grinst). Aber mit dem heutigen Spielstil hatte das relativ wenig zu tun, jeder Trainer hat da auch seine eigenen taktischen Feinheiten.

Du bist in Kranichstein aufgewachsen und in die Schule gegangen, die EKS ist ja heute noch mega multikulti, da kriegt man schon mit, wie die unterschiedlichen Jungs so ticken. Ist das eine Erfahrung, die man im Profifußball brauchen kann?

Grundsätzlich empfand ich das als eine schöne Erfahrung. Ich finde es gut, wenn viele Kulturen aufeinander treffen, weil man viel voneinander lernt und auch viel voneinander profitiert. Ich habe jetzt noch mit sehr vielen Jungs von damals zu tun, der Kontakt ist nie abgerissen. Auf den Fußball übertragen hilft das natürlich weiter, wenn man weiß, wie man die Jungs anzupacken hat oder wie sie außerhalb des Platzes ticken.

Du hast dann an der Brecht Abi gemacht. Wie hast du insgesamt deine Schulzeit erlebt?

Ich glaube, das war bei mir wie bei vielen anderen. Als man dann endlich aus der Schule draußen war, war man froh, dass man einen Haken dahinter machen konnte. Aber rückblickend war meine Schulzeit schon sehr schön, gerade auf der IGS und auf der Brecht. Ich will nicht sagen, dass ich mich immer auf die Schule gefreut habe, aber ich bin im Prinzip gerne zur Schule gegangen.

Viele Jungs gerade in Kranichstein träumen ja von einer großen Karriere als Profi-Fußballer, für die bist du ein Vorbild. Oder vielleicht auch von einer als Boxer, wie Jack Culcay das vorgemacht hat. Was würdest du denen als Tipp geben, was ist das Wichtigste, was man außer Talent drauf haben muss, um seinen Lebenstraum realisieren zu können?

Man muss bereit sein, auf Vieles zu verzichten, gerade wenns dann so mit 15, 16, 17 anfängt mit Partys, Mädels, Alkohol. Bei mir waren es Klassenfahrten, die ich nicht mitmachen konnte, weil halt einfach das Training vorging. Die Hauptvoraussetzung ist, dass man genau weiß, was man will und dafür auch bereit ist alles unterzuordnen, auch wenn noch so viele Verlockungen kommen.

Es gibt ja eine Menge Fußballprofis, die machen einen richtigen Kult um ihre Frisur. Wie ist das bei dir? Gehst du gern zum Friseur oder wie bändigst du deine Haare?

Die Mutter eines Bekannten von mir ist Friseurin, da geh ich alle vier, fünf Wochen hin, da muss ich auch gar nicht viel sagen, die weiß schon, was sie zu tun hat. Also, Haarkult ist nicht so mein Ding.

Du bist der einzige Darmstädter im aktuellen Lilienteam und kennst dich hier aus. Wirst du gefragt, was man hier so machen kann, zieht ihr manchmal mit Teamkollegen gemeinsam los und was ist da besonders angesagt?

Ja, klar, man macht schon auch außerhalb des Platzes was zusammen. Wenn die Jungs Tipps brauchen, können sie gern zu mir kommen. Aber eigentlich findet man sich in Darmstadt schnell zurecht und die fühlen sich auch alle soweit wohl, wie ich das mitbekomme.

Ab und zu trifft man ja auch welche von deinen Kollegen, Hamit Altintop hab ich schon mal mit Frau und Kindern in der Wilhelminenstraße getroffen, Peter Niemeyer am Bundestagswahlabend in der CS gesehen. Wo könnte man dich treffen?

Ich bin auch öfter mal in der Stadt unterwegs, bei schönem Wetter gerne im Café, aber einen bestimmten Anlaufpunkt, wo ich immer bin, den gibt’s nicht.

Und in welchem Viertel wohnst du?

Im Verlagsviertel, also zwischen Bessungen und der Heimstättensiedlung.

Du hast dich vor dem alten Rathaus fotografieren lassen, hast du einen besonderen Bezug dazu?

Ja, da haben zweimal die Aufstiegsfeiern stattgefunden bzw. die Klassenerhaltsfeier. Ein Bild, das ich so schnell nicht vergessen werde, war, als wir beim Aufstieg oben aus dem Fenster geguckt haben und unten der Marktplatz voll war mit Fans, alle in blauweiß, das sind Sachen, die man nicht vergisst. Und dann ist das ja auch ein Treffpunkt der Lilienfans vor den Heimspielen.

Dein Kollege Sandro Wagner hat mal sinngemäß gesagt, als Fußballer verdient man zwar ziemlich viel, aber eigentlich noch nicht genug, weil man dafür ja sein Jugend opfern muss und viele Freiheiten. Welche „Freiheiten“ fallen bei dir weg?

Also z.B. spontane Trips, wenn man mal Lust hat, mit der Freundin irgendwohin zu fliegen. Urlaub zu machen ist auch nur in relativ begrenzter Zeit möglich, Geburtstagsfeiern müssen öfter mal ausfallen. Aber gut, dafür verdienen wir verhältnismäßig gutes Geld, können unser Hobby zum Beruf machen, das entschädigt schon für Vieles.

Du hast ja noch ein paar Profijahre vor dir, wenn es gut läuft.

Hoffentlich, ja.

Und gegen einen zweiten Bundesliga-Aufstieg mit den Lilien, an dem du dann aktiver beteiligt bist, hättest du nichts einzuwenden, oder?

Da hätte ich theoretisch absolut nix dagegen(lacht).

Trotzdem, irgendwann ist es ja vorbei mit dem aktiven Profifußball. Hast du schon eine Idee, wie es bei dir dann weitergeht, oder machst du dir darüber im Moment noch keine Gedanken?

Momentan noch nicht, jedenfalls nicht allzu intensive. Dem Sport würde ich schon gerne erhalten bleiben, ob im Fußball direkt oder in einer anderen Funktion. Irgendwo in einem Büro sehe ich mich gerade noch nicht, aber konkrete Pläne hab ich noch keine geschmiedet.

Alles klar. Danke, alles Gute und auf bald mal wieder.

Vita:

*28. Oktober 1990 in Darmstadt, aufgewachsen in Kranichstein, 2010 Abitur an der Bertolt-Brecht-Schule, kickte in der Jugend für die SGA-Arheilgen, Hassia Dieburg und Eintracht Frankfurt. Mit den Lilien stieg er 2011 als „Spieler der Saison“ in die 3. Liga auf, spielte dann in der 2. Liga für den FSV Frankfurt und 1860 München, bevor er im Januar 2015 zu den Lilien zurückkehrte und in die 1. Bundesliga aufstieg. Dort kam er allerdings kaum zum Einsatz, wurde im Sommer 2016 zum FSV Frankfurt in die 3. Liga ausgeliehen und steht jetzt wieder im aktuellen Zweitligakader der Lilien.

Spiele im November:

Sa., 4.11., 13 Uhr

Eintracht Braunschweig - SV Darmstadt 98

Fr., 17.11., 18:30 Uhr

SV Darmstadt 98 - SV Sandhausen

Fr., 24.11., 18:30 Uhr

1. FC Union Berlin - SV Darmstadt 98

Mehr Infos unter:

www.sv98.de

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