„Mein Fummel ist wie ein Superheldencape.“

Wir sprachen mit Rosa Opossum über Queerness in Darmstadt, „besorgte Bürger” und den CSD.

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© Eva Kneer

Drag Queen, politische Aktivistin, Bloggerin, Schauspielerin. Rosa Opossum organisiert die berühmten Schrill & Laut Partys im Schlosskeller. Sie tritt für die LGBTIQ-Community ein, kämpft gegen Homophobie, Rassismus und Sexismus.

FRIZZmag: Wie wurdest Du zur Drag Queen und was fasziniert Dich daran?

Rosa Opossum: Ich fand Lilo Wanders toll und später Olivia Jones. Als ich auf einer Schwulenparty zum ersten Mal eine Drag Queen sah, wusste ich: Das will ich auch machen. Dadurch, dass ich mich schminke und einen Fummel anziehe, werde ich zu einer anderen Person und kann mir Dinge erlauben, die ich mir sonst nicht zutraue, die Maske ist wie ein Superheldencape. Wir machen uns lustig über die Anforderungen, die an die Geschlechter gestellt werden, und übertreiben Rollenklischees um zu zeigen, wie künstlich und fragil dieser ganze Kram ist.

Du ziehst Kleider an, trägst Perücke und auffälliges Make-up, Du kämpfst für Deine Werte, ob durch politische Reden oder sonstigen Aktionen. Warum?

Trotz der Ehe für alle und einer relativ offenen Gesellschaft stößt man ständig auf Diskriminierungen. Sexuellen Minderheiten geht es nicht so gut, wie man sich das wünscht, das bekomme ich besonders zu spüren, wenn ich im Fummel unterwegs bin. Das will ich nicht hinnehmen, da kann ich nicht die Klappe halten.

Wie wohl fühlst Du Dich im öffentlichen Raum? Wie reagierst Du auf Beleidigungen?

Ich fühle mich relativ wohl. Wenn mich eine Jungs-Gruppe im Bus anpöbelt, stehe ich auf und frage, was los ist. Reden hilft oft, viele haben eigentlich kein Problem. Es gibt aber leider auch ernste Angriffe, eine Freundin wurde vor kurzem von drei Männern angegriffen. Ich denke es ist wichtig, den oder die Angreifer*in wenn möglich dingfest zu machen. Lieber einen Zahn verlieren als jemanden davon kommen zu lassen.

Wie queer und bunt ist Darmstadt?

Die Stadt ist in den letzten zehn Jahren queerer geworden, der CSD findet zum achten Mal statt, es gibt ein queeres Zentrum, wir haben queere Laufgruppen. Gay Bars und Angebote von auch einmal anderen Organisationen wären wünschenswert.

Vervollständige folgenden Satz: Mein Ziel ist es in einer Gesellschaft zu leben, in der...

…es nach wie vor Unterschiede gibt, diese jedoch nicht dazu führen, dass Leute schlechter behandelt werden, es einen gesetzlichen Diskriminierungsschutz für sexuelle Minderheiten gibt und weniger Bürokratie für Trans*Personen.

Die Demo für alle schreibt auf ihrer Homepage: „Ehe und Familie vor! Stoppt Gender-Ideologie und Sexualisierung unserer Kinder.“ Deine Meinung dazu?

Unsere Gesellschaft wird moderner und progressiver. Eine konservative Partei wie die CDU machte die Ehe für alle möglich. Damit haben viele „besorgte Bürger“ ein Problem. Die LGBTIQ-Community ist die Personifizierung der Bewegung, die sie ablehnen. Unter dem Deckmantel massentauglicher Forderungen wie des Familienschutzes wird Stimmung gegen sexuelle Minderheiten und Minderheiten im Allgemeinen gemacht. Die Demo bildete sich aufgrund des Sexuallehrplans in Baden-Würthemberg, in dem Kinder aufgeklärt werden sollen: Was passiert mit dem Körper, wenn die Menstruation einsetzt? Welche sexuellen Orientierungen gibt es? Kinder haben ein Recht auf diese Informationen. Die Suizidraten von sexuellen Minderheiten im Jugendalter sind um ein Vielfaches höher als bei heterosexuellen Jugendlichen. Dem kann durch Aufklärungsarbeit und Empowerment entgegengewirkt werden.

Was wünscht Du Dir für den diesjährigen CSD in Darmstadt?

Ich wünsche mir viel Unterstützung von Trans*Personen sowie von schwulen, lesbischen, bisexuellen und heterosexuellen Menschen aus der ganzen Bundesrepublik. Ich wünsche mir einen langen Tag, der das richtige Maß an Demonstrieren, Gedenken und Feiern hat. Ich werde eine Rede halten. Man darf gespannt sein.

Vielen Dank für das Gespräch.

Weitere Informationen:

showtranse.jimdo.com

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