Steffen Jung

Vom Barchef zum Chef einer Tagesbar

by

Steffen Jung ist ein bekanntes Gesicht in der Darmstädter Gastronomie-Szene. Oder eher: der Szene-Gastronomie. Hillstreet Club, Kesselhaus, Weststadt Café, Centralstation, Das Waben – dies sind die wohlbekannten Namen der Gastronomiebetriebe, die ihn während seiner Laufbahn geprägt haben, bevor er im Sommer 2010 in der Schulstraße die Tagesbar apéro eröffnete. 

Erste Erfahrungen in der Gastronomie sammelte der gebürtige Herborner nach dem Abitur zunächst als Service- und Barkraft in einem italienischen Bistro seines Heimatorts, wo er auch alles rund um die Essenszubereitung lernte. Nicht nur in Sachen Bewirtung wurde die Bistro-Betreiberin für Steffen Jung zum großen Vorbild. Als ehemalige Innenarchitektin weckte sie nachhaltig sein Interesse an diesem Berufsfeld und so kam er schließlich nach einer Schreinerlehre in Frankfurt1992 nach Darmstadt, um Architektur zu studieren. 

Dort bot sich zur Finanzierung des Studiums eine Stelle als Barkeeper im Hillstreet Club an, wo Steffen Jung auf eine weitere Persönlichkeit traf, die seinen Werdegang als Vorbild mitbestimmte: Der Barchef Marek Wozniak vermittelte seinem Team grundlegende Kenntnisse der Barkultur, was weit darüber hinaus ging, "nur" gute Cocktails zu mixen – ein Wissen, das Steffen Jung verinnerlicht hat und das ihn heute noch begleitet. Damals gehörte der Hillstreet Club den Centralstation-Machern Alexander Marschall und Michael Bode, die zu der Zeit auch das Kesselhaus und das Weststadt Café betrieben, wo Jung ebenfalls – in der Sommerpause des Hillstreet Clubs – eingesetzt wurde. Als 1999 die Centralstation eröffnete, avancierte er zum Barchef der Lounge. Ein Karriereschritt in der Gastronomie, der die Entscheidung erforderte, das Studium dafür aufzugeben. 

Diese Entscheidung hat Steffen Jung nicht bereut. Doch nach über acht Jahren Centralstation war es für ihn an der Zeit für eine neue Herausforderung. Nach dem kurzen Umweg über den Friedensplatz als Geschäftsführer des Wabens hat er nun seine berufliche Heimat und Erfüllung in der Schulstraße gefunden. Dort betreibt er seit mehr als anderthalb Jahren die Tagesbar apéro, ein Lokal, das sich an dieser Stelle sehr gut etabliert hat. Schon wenn man das apéro betritt, spürt man, dass ein gut durchdachtes Konzept hinter allem steckt – von der Einrichtung bis zum Angebot der Speisen und Getränke. 

Steffen Jungs Konzept basiert auf einer Philosophie, die sich im Laufe der Zeit herauskristallisiert hat: "Auch durchaus negative Erfahrungen, die ich während meines Erwerbslebens gemacht habe, sehe ich positiv als Erweiterung des Erfahrungshorizonts. Man entwickelt ein Gespür dafür, was beim Gast ankommt und was nicht", meint der Mittvierziger. Deshalb habe er eine bodenständige, authentische Gastronomie anbieten wollen. Unverzichtbar ist für ihn dabei eine hohe Qualität, die schon bei der Auswahl der Zutaten anfängt. Das gilt sowohl für die Getränke als auch für die angebotenen Speisen, wobei er ebenso viel Wert auf ein ausgewogenes Preis-Leistungs-Verhältnis legt. 

Zur Philosophie des Gastronomen gehört es aber auch, sich darauf zu besinnen "woher man kommt": "Meine Familie hat zwar viele Akademiker hervorgebracht, aber mein Urgroßvater gründete eine Bäckerei mit Lebensmittelgeschäft, die schließlich von meiner Mutter geführt wurde. So bin ich in einem Haushalt aufgewachsen, in dem auch die Lehrlinge aus der Bäckerei wohnten und mit am Tisch saßen. Ein harmonisches Miteinander ist mir sehr wichtig, sowohl hier im Lokal als auch im Zusammenspiel mit anderen Darmstädter Gastronomen und Einzelhändlern. Da können Synergieeffekte frei werden, von denen alle profitieren." 

In diesem Sinne hat es sich auch bewährt, sich in der Szene einen Namen gemacht zu haben, denn das apéro lebt weniger von der Laufkundschaft als von den Stammgästen, die den Inhaber auch aus seiner langjährigen Tätigkeit in Darmstadts Nachtleben kennen. Wer abends im Hillstreet Club oder der Centralstation anzutreffen ist, der geht tagsüber „zum Steffen“, weil man dort immer jemanden trifft, den man kennt und wenn nicht, setzt man sich an die Bar und plaudert mit dem Chef.

Wegen der Synergieeffekte hat sich Steffen Jung auch die Schulstraße als Domizil für seine Tagesbar ausgesucht. Dort herrscht eine einzigartige Solidarität unter den Geschäftsinhabern, die es zum Ziel hat, die besondere Qualität der Schulstraße als Einkaufstraße zu erhalten und zu fördern, denn nirgendwo in Darmstadt gibt es noch so viele Einzelhändler wie hier, so viele kleine Geschäfte und Läden, die ein exklusives Angebot führen. 

Aus diesem Grund passt das aperó sehr gut zum Gesamtambiente der Schulstraße und lädt zum Verweilen ein, mit Blick auf das bunte Treiben. Apéro ist übrigens der in der Schweiz übliche Begriff für "Aperitif", wobei nicht allein das Getränk gemeint ist, sondern auch die appetitanregenden Häppchen, die dazu gereicht werden Der Name ist also Programm. Und die Gäste haben das Konzept gut angenommen; sie schätzen das aperó für seinen guten Kaffee, die ausgesuchten Teesorten und Getränke, die appetitlichen Canapés und Baguettes, die neben handgemachter Quiche, ebensolchem Kuchen und Salaten und auf der Speisekarte stehen. 

Zuguterletzt sei noch darauf hingewiesen, dass das apéro lokalen Künstlern die Möglichkeit bietet, in temporären Hängungen ihre Fotos oder Gemälde zu präsentieren. Jung bietet also nicht nur Erquickliches für das leibliche Wohl, sondern auch für Geist und Seele.

Back to topbutton