Die Netzwerkerin

Kristina Sinemus ist seit Mai 2014 Präsidentin der IHK Darmstadt Rhein Main Neckar und will die Region voranbringen.

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© Klaus Mai

Prof. Dr. Kristina Sinemus hat Biologie, Chemie, Germanistik und Pädagogik studiert, gründete vor knapp 20 Jahren das Beratungsunternehmen Genius und hat eine Professur an der Quadriga Hochschule in Berlin. Sie ist die erste Frau an der Spitze einer Industrie- und Handelskammer in Hessen. Ihre Vision, die Wirtschaftsregion Rhein Main Neckar für die nächsten Generationen im globalen Wettbewerb gut aufzustellen, treibt sie dank ihrer umfassenden Expertise, ihrer Stärke als Netzwerkerin und einer guten Portion Neugier voran. FRIZZ stellt die Power-Frau vor, die mit ihrer Familie im Martinsviertel lebt und überhaupt nicht gestresst wirkt. 

Vielseitigkeit – das ist es, was Kristina Sinemus in besonderem Maße auszeichnet. Schon die kleine Kristina war agil, neugierig, interessiert, und ständig auf Erkundungstrips unterwegs. „Das Mädchen hat Pfeffer“, sagte ihr Opa über seine Enkelin. Diese spielte gerne mit Jungs, kam früh in den Kindergarten und in die Schule. „Weil ich überall die Jüngste war, musste ich mich behaupten“, so die 51-Jährige. Geboren wurde sie im Marienhospital in Darmstadt. Nach der Promotion des Vaters zog die Familie nach Bad Arolsen in Nordhessen, in den Ferien war sie aber immer wieder bei der Familie ihrer Mutter in Südhessen. 

Nach dem Abitur wollte sie in die Welt hinaus und studieren. Ihr Vater wünschte sich jedoch, dass seine Tochter eine Banklehre macht. Ein Kompromiss war der Besuch einer Landwirtschaftsschule in einem Kloster im Harz. „Hier habe ich Hanni und Nanni in echt erlebt.“ Nach vier Monaten erhielt sie einen Studienplatz für Biologie, Chemie, Germanistik und Pädagogik an der Uni in Münster/Westfalen, absolvierte das Diplom sowie das 1. und 2. Staatsexamen in Kassel und begann 1991 am Zentrum für interdisziplinäre Technikforschung (ZIT) an der TU Darmstadt. 1995 folgte die Promotion in Biologie, dann eine Phase als freie Unternehmensberaterin und 1998 gründete sie die Genius GmbH, eine Dialogagentur für Technik- und Wissensthemen mit Sitz in Darmstadt und Berlin. Kristina Sinemus hat zudem eine Ausbildung zur Mediatorin, Moderatorin und als Coach, um bei konfliktreichen Technikthemen, wie etwa bei erneuerbaren Energien, beraten zu können. 

In der IHK Darmstadt Rhein Main Neckar ist sie neue Präsidentin und vertritt die Interessen von etwa 70.000 Mitgliedsunternehmen. Kristina Sinemus ist bereits seit über zehn Jahren in der IHK aktiv, zuletzt war sie Vizepräsidentin und hatte zuvor den Vorsitz des Ausschusses „Standortmarketing“ inne. Nach ihrer Präsidentschaft befragt: „Ich habe mir gut überlegt, ob ich kandidieren möchte, und es mit meinen beiden Töchtern und meinem Mann beraten. Schließlich habe ich mich dafür entschlossen, da ich der Region etwas zurückgeben will: Ich möchte Rhein Main Neckar fit für die Zukunft machen.“ Gefragt nach dem Stellenwert von Ehrenämtern bemerkt sie nach fast 500 Tagen als IHK-Präsidentin: „Mein Amt mache ich freiwillig und möchte andere ebenfalls dazu ermutigen, sich ehrenamtlich zu betätigen. Nur durch Vorleben können wir unsere Wertegemeinschaft weiterentwickeln.“ Wie managt sie das alles? „Ich brauche wenig Schlaf und außerdem stärkt mein Mann mir den Rücken und kümmert sich um die Familie“, erzählt Sinemus. Dass sie als Frau die Hauptverdienerin ist, sei immer noch ein Thema und für viele ein ungewöhnliches Lebensmodell. „Es wird wohl mindestens noch eine Generation dauern, bis Gleichberechtigung selbstverständlich geworden ist.“ 

In der IHK hat sie mit dem Präsidium, der Vollversammlung, den Ausschüssen und den rund 150 hauptamtlichen Mitarbeitern der IHK Darmstadt eine Vier-Säulen-Strategie zur Umsetzung ihrer Ziele bis 2019 entworfen. In den kommenden Jahren möchte die IHK Darmstadt kleine und mittlere Unternehmen noch stärker unterstützen, die Region vernetzen, das Fachkräftepotenzial erschließen und den Standort Rhein Main Neckar weiterentwickeln. Für Kristina Sinemus ist Kooperation und der Teamgedanke ein wesentliches Element der Zusammenarbeit. Damit die vielfältigen Projekte der IHK Strategie wie etwa das Metropolregionenprojekt mit den anderen Kammern oder die besondere Unterstützung von KMU entsprechend kommuniziert werden können, wurde auch die Abteilung Öffentlichkeitsarbeit der IHK ausgebaut. In der Außenwirkung ist es ihr wichtig, „authentisch zu sein und meinen eigenen, kooperativen Führungsstil weiterzuführen, denn ich gehöre nicht zu den Frauen, die Männer oder deren Führungsstil kopieren.“ Am meisten Spaß macht ihr das Netzwerken, das sie mit ihrer Zukunftsvision verbinden möchte: die Region Rhein Main Neckar im globalen Wettbewerb stärken und gemeinschaftlich voranbringen. Für Darmstadt – eine Stadt mit einer exzellenten Hochschule, großer Expertise im Bereich IT sowie Weltraumforschung und als Draufgabe viel Kunst und Kultur -– wünscht sie sich mehr Mut und Selbstbewusstsein. Die Zusammenarbeit mit der Wissenschaftsstadt Darmstadt möchte sie

intensivieren. 

„Ich habe nie ein Karriereziel vorgedacht, sondern immer das gemacht, was mir Spaß macht, dabei war der Weg das Ziel“, resümiert die agile Darmstädterin. In ihrer Freizeit spielt sie Volleyball im TSV Auerbach, genießt im Bembelsche im Martinsviertel die bodenständige Küche, besucht Ausstellungen und das Jugendstilbad oder spielt mit Freunden Doppelkopf. Man könnte meinen, ein Tag bei Kristina Sinemus hätte mehr als 24 Stunden.

www.darmstadt.ihk.de

www.genius.de

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