Eine Stadt, ein Netz

Von der Utopie eines flächendeckendes WiFi und ersten Ansätzen in der Digitalstadt Darmstadt

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Der Titel „Digitalstadt” schreit schon fast nach Vernetzung. Doch wie vernetzt man eine ganze Stadt? Wie bietet man ein stabiles und kostenlosen WiFi-Netz und welche Infrastruktur braucht man dazu? Welche Angebote gibt es schon und welche Vor- und Nachteile haben sie?

In Darmstadt gibt es zurzeit zwei Versuche, über große Flächen hinweg ein WiFi-Netz aufzubauen .- das von der Stadt eingerichtete „Darmstadt WiFi” und das Mitmachnetz „Freifunk Darmstadt” der gleichnamigen Bürgerinitiative.

Darmstadt WiFi

Anfang September öffneten die Stadt Darmstadt und die Entega ihr gemeinsam betriebenes WiFi zur unbegrenzten Nutzung. Die ersten Überlegungen zu einem öffentlichen und kostenlosen WiFi gab es schon 2014, gleich verbunden mit der Frage, ob sich die Wissenschaftsstadt Darmstadt ein solches WiFi-Angebot überhaupt leisten könne. Eine Kostenprüfung, ein Magistratsbeschluss und zwei Jahre später sind die Überlegungen Wirklichkeit geworden und jedermann kann sich in der Innenstadt ins Darmstadt WiFi einloggen. Das war, wenn man sich über die Darmstadt App oder die Entega App anmeldete, zu Beginn nur mit einer maximalen Dauer von einer bzw. drei Stunden pro Tag möglich. Dass man jetzt unbegrenzten Zugang zum Internet hat, liegt auch daran, dass die „Penetration der Apps nicht so erfolgreich war wie erhofft”, erklärt der Geschäftsführer der Entega Energie und Entega Medianet, Thomas Schmidt.

Das Netz wird über Access-Points am Marktplatz, Luisenplatz, Wilhelminenstra- ße, Elisabethenstraße, City Carree, ErnstLudwig-Platz, Marion-Gräfi n-Dönhoff-Platz, Ludwigsplatz, Stadtkirchenplatz sowie Friedensplatz und Karolinenplatz aufgebaut. Sobald ein*e Nutzer*in vor Ort ist, kann er sich ganz einfach mit einem One-Click-Verfahren anmelden und mit geschmeidigen 10Mbps (was gut für FullHD Videos reich) durch die Innenstadt surfen. „Technisch ist das möglich, da die Standorte der Access-Points gut ausgewählt sind, und vor allem, weil man keine Wände hat”, schmunzelt der Projektleiter der technischen Umsetzung Peter Schwarz. Das erwähnte One-Click-Verfahren wird allerdings von Seiten der Freifunker kritisiert, da es eine technische wie auch soziale Hürde darstelle. „Vom automatisierten Mailempfang werden keine Mails empfangen, solange man die Vorschaltseite nicht akzeptiert hat. Ein anderes Problem ist, dass blinde Menschen solche Vorschaltseiten nur sehr schwer bedienen können, da deren Vorlesehilfen damit Probleme haben”, erklärt Marco Holz von der Darmstädter Freifunk-Initiative. Wissenschaftsstadt und Entega haben dennoch Pläne, die sich sehen lassen können. Es wird gerade daran gearbeitet, das Staatstheater und somit den Georg-Büchner-Platz in das bestehende Netz aufzunehmen. Ebenso werden alle neuen Busse und Bahnen der HEAG mobilo mit dem Darmstadt WiFi ausgestattet. Langfristig sei das Ziel, weitere städtische Orte wie das Vivarium, die Stadtbibliothek oder den EAD in das Stadtnetz zu integrieren. Fern ab von allem Möglichen sei derzeit die Ausstattung eines Darmstadt deckenden Netzes, erläutert Thomas Schmidt: „Das gibt es so in Deutschland noch nicht, doch als Digitalstadt muss man darüber diskutieren.” Spätestens dabei würde man mit dem Freifunk Darmstadt kooperieren

Freifunk Darmstadt

„Freifunk Darmstadt” ist eine Initiative von Bürgern, die ihren Internetzugang frei zur Verfügung stellen. Hierfür wird neben dem existierenden Router ein weiterer Router angeschlossen, auf dem die Firmensoftware von Freifunk installiert wird -und schon hat das Freifunknetz einen neuen Access-Point. Mit zwei Routern ist zudem eine Trennung zwischen Heimnetz und öffentlichem Netz möglich, was einen Schutz vor Übergriffen auf die Geräte im Heimnetz garantiert. Ziel des Ganzen ist es, ein möglichst flächendeckendes, dezentrales und unabhängiges Netz zu schaffen, das durch Dezentralisierung und Unabhängigkeit vom „Betreiber” stabil und ausfallsicher ist.

Noch ist das Freifunknetz nur an einigen Punkten in Darmstadt verfügbar. Wenn man an einem dieser Orte ist, kann man sich einfach einwählen - keine Vorschaltseite, kein One-Click-Verfahren, keine Anmeldung. Trotz dieses extrem leichten Zugangs und der Ausfallsicherheit hat das Freifunknetz noch Mängel: Dadurch, dass unterschiedliche Privatpersonen das Netz betreiben, gibt es keine einheitliche Geschwindigkeit und der schnelle Ausbau ist nicht ohne die Eigeninitiative der Bürger möglich. Das lässt den Traum eines fl ächendeckenden Freifunknetzes nicht weniger attraktiv werden. Insgesamt bietet der Freifunk eine kostengünstige Alternative zur teuer aufgebauten Hardware der Stadt. Welches der beiden Netze das bessere ist, lässt sich nur sehr schwer beantworten, da sich Aufgaben und Ziele drastisch unterscheiden.

Was die Sicherheit des Netzes angeht, sind Darmstadt WiFi und Freifunk Darmstadt identisch. Es ist und bleibt ein öffentliches Netz, was bedeutet, dass es nie so sicher sein kann wie ein privates, geschlossenes WiFi. Nutzer sollten darauf achten, dass in der Webadressenzeile „https” steht. Das „s” steht für secure bzw. dafür, dass die Internetseite mit einer Verschlüsselung arbeitet

Das Darmstadt deckende Netz

Der „spannende Ansatz” (Thomas Schmidt) wird wohl weder von der Stadt noch von der Initiative Freifunk alleine gestemmt werden können. Jeder kann der Stadt Feedback zur ihrem Angebot geben und einen Freifunk Hotspot bei sich in der Straße aufbauen. Um die Utopie einer stadtweit vernetzten Digitalstadt zum Leben zu erwecken, müssen nicht nur die Freifunk-Initiative, Entega und Wissenschaftsstadt an einem Strang ziehen, sondern ganz Darmstadt.

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