Folgekosten

Darmstadt-Glosse #131 Juli 2019

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©Thea Nivea

Hi, ich bin Thea Nivea

Nivea hab ich von meinem Vater. Weil ich als Kind mal Nivea gegessen habe. Erklärt er jedem, ders nicht hörn will. Überhaupt erklärt er reichlich viel. Damit ich durchblicke, sagt er. Dabei blick ich schon durch, sogar bei Politik. Oder bei Fußball. Und erklär ihm auch manchmal was. Oder meine Mutter mischt sich ein. Was dabei raus kommt, na ja, könnt Ihr selbst lesen, jeden Monat. Wenn Ihr mir was erklärn wollt, schreibt mir einfach: t.nivea@frizzmag.de


Die GroKo ist tot, es lebe die GroKo, sagt mein Vater. Dabei hatte der Tim Huß sogar eine gewisse Erleichterung wahrgenommen, sag ich, dass Frau Bätschi zurückgetreten ist. Mit Vertragstreue und Verantwortung für den Staat die Schiss vor Neuwahlen maskieren, sagt mein Vater, da stehen sich SPD und Union in Nichts nach. Wenn in gut zwei Jahren Robert Habeck zum Bundeskanzler gewählt wird, sagt meine Mutter, sind die Folgekosten noch höher und sie werden kapieren, dass besser 2019 schon Bundestagswahlen gewesen wären.

Eher wird Bijan Kaffenberger OB in Darmstadt, sagt mein Vater, als Habeck Kanzler in Berlin. Warum nicht beides, frag ich. Ne andere Bundesregierung brauchen wir in jedem Fall, sagt mein Mutter. Stimmt, sag ich, was ist das für ne Regierung, die nen Bericht verfasst, in dem steht, dass sie 2018 23 Mrd für Flüchtlinge ausgegeben hat? Die BLÖD ist gleich voll drauf abgefahren, sagt mein Vater. Stimmt das etwa nicht, fragt meine Mutter. Naja, sag ich, die unmittelbaren Kosten für Flüchtlingsunterbringung betrugen 7,5 Mrd, 7,5 Mrd waren u.a. für Kinderbetreuung und sozialen Wohnungsbau, was nicht nur Flüchtlingen nutzt, 8 Mrd wurden zur Bekämpfung von Fluchtursachen an Herkunftsländer bezahlt.

Die Verstaatlichung von Nestlé, sagt mein Vater, wäre eine sehr effektive Maßnahme zur Beseitigung von Fluchtursachen. Die Beseitigung des Nestlé-Maskottchens Julia Klöckner auch, sag ich, wenn die weiter quasi nebenbei Pestizide genehmigt, flüchtet bald auch die deutsche Landbevölkerung. Die Bevölkerung in Afrika und Südamerika haut auch deswegen ab, sagt meine Mutter, weil Nestlé die Grundwasserrecht dort aufkauft, die Menschen kein Wasser mehr aus ihren Brunnen schöpfen können und ihr Wasser in Plastikflaschen von Nestlé zurück kaufen müssen. Aber Nestlé belobigen, sagt mein Vater, weil sie freiwillig den Zuckergehalt in 100g Kakao von 76g auf 72g reduzieren, das passt.

Kein Wunder, dass es so viele Übergewichtige gibt, sagt meine Mutter, bei so viel Zucker. Früher fand ich Nesquik toll, sag ich. Vielleicht, sagt mein Vater, weil dus nicht gekriegt hast. War wohl ganz gut so, sag ich, wenn man bedenkt, dass die durch Diabetes verursachten Folgekosten von 13 Mrd im Jahr 2000, da war ich sieben, auf 21 im Jahr 2009 gestiegen sind. 3x so viel wie die Unterbringung von Flüchtlingen, sagt mein Vater. Fehlernährte kosteten 2016 übrigens fast genauso viel, sag ich. Und in den Ost-Bundesländern sind im Schnitt 20% krankhaft übergewichtig, ca. die Hälfte mehr als im Westen.

Passt ganz gut mit dem AfD-Anteil zusammen, sagt mein Vater. Fehlernährung hat eher was mit geringer Bildung zu tun, sag ich. AfD wählen auch, sagt mein Vater, in meiner Kindheit waren Dick und Doof zwei männliche Komiker, heute ist es ein AfD-Wähler. Sorry, sagt meine Mutter, das ist mir ein bisschen zu heftig verallgemeinert. Wie auch immer, sag ich, Raucher und Alkoholiker kosten die Volkswirtschaft zusammen etwa 50 Mrd jährlich. Heißt, sagt mein Vater, zu viel Fressen, Saufen und Rauchen kostet ungefähr 10x so viel wie die Unterbringung von Flüchtlingen.

Die teuersten Flüchtlinge sind übrigens die Steuerflüchtlinge, sag ich, die kosten den Staat ungefähr 100 Mrd im Jahr. Sicher, fragt mein Vater. Quelle: Focus vom 24.9.2015, sag ich. Na dann, sagt meine Mutter. Ich finde, sag ich, die EU sollte mindestens so viele Flüchtlinge aufnehmen, wie das Mittelmeer. Ich bin geschockt, sagt meine Mutter. Der Satz ist nicht von ihr, sagt mein Vater, sondern ein Slogan von DIE PARTEI. Weil die EU nicht nur nichts zur Rettung von in Seenot geratenen Flüchtlingen tut, sondern sie auch noch verhindert, sag ich, schaut euch doch mal das Video von Joko und Klaas gegen Pro7 an. Hab ich schon, sagt mein Vater.

Deshalb wirbt die Seebrücke auch für sichere Häfen, sagt meine Mutter. Ein symbolischer Akt ohne Folgekosten, sagt mein Vater, weil für die Verteilung von Flüchtlingen der Bund zuständig ist. Trotzdem, sag ich, um uns herum sind Aschaffenburg, Heidelberg, Mainz, Wiesbaden und Frankfurt  schon als sichere Häfen ausgewiesen. Warum eigentlich nicht das grüne Darmstadt?
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