Posturlaubswehen

Darmstadt-Glosse #132 August 2019

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©Thea Nivea

Hi, ich bin Thea Nivea

Nivea hab ich von meinem Vater. Weil ich als Kind mal Nivea gegessen habe. Erklärt er jedem, ders nicht hörn will. Überhaupt erklärt er reichlich viel. Damit ich durchblicke, sagt er. Dabei blick ich schon durch, sogar bei Politik. Oder bei Fußball. Und erklär ihm auch manchmal was. Oder meine Mutter mischt sich ein. Was dabei raus kommt, na ja, könnt Ihr selbst lesen, jeden Monat. Wenn Ihr mir was erklärn wollt, schreibt mir einfach: t.nivea@frizzmag.de


Ich hab ne Mail vom OB bekommen, sag ich. Von Herrn Partsch persönlich, fragt mein Vater. Findest du das erstaunlich, fragt meine  Mutter. Von seinem Büro, sag ich. Und, fragt meine Mutter, worum ging es? Wg. meiner letzten Glosse, sag ich, die Frage am Schluss, warum Darmstadt kein sicherer Hafen ist. Und, fragt mein Vater, hast du eine Antwort bekommen? Nicht direkt, sag ich, aber einen Brief des Herrn Oberbürgermeisters an den Herrn Staatsminister Seehofer, zur Kenntnis. Und, fragt mein Vater, was hast du zur Kenntnis genommen?

Lass dir doch nicht alles aus der Nase ziehen, sagt meine Mutter. Ich bin noch in Urlaubsstimmung, sag ich. Du nervst, sagt meine Mutter. Die Wissenschaftsstadt Darmstadt steht für Toleranz, Weltoffenheit und gelebte Vielfalt, les ich. Mein Vater grinst. Gehts auch konkreter, sagt meine Mutter. Klar, sag ich, die Stavo hat am 19. März beschlossen, 30 Geflüchtete aus der Seenotrettung aufzunehmen. Na also, sagt meine Mutter, hattest du das in deiner letzten Glosse nicht erwähnt? Nein, war doof, sag ich, aber mir gings um die Symbolik und die Forderungen von Seebrücke.

30 Geflüchtete sind mehr als Symbolik, sagt meine Mutter. Hochgerechnet auf ganz Deutschland sind das 15.000, sagt mein Vater, da ist der Seehofer mit seiner 200.000er Obergrenze besser. Das musst du mir vorrechnen, sagt meine Mutter. Gerne, sagt mein Vater: Darmstadt hat ca. 160.000 Einwohner, das wären bei 80.000 15 Flüchtende, mal 1.000 sind 80 Mio Einwohner in Deutschland bzw. 15.000 Flüchtende. Aber 15.000 mehr, sag ich, es geht um weitere Aufnahmen, steht im Brief. Hätten wir das also geklärt, sagt meine Mutter.

Nachvollziehbar und transparent, sagt mein Vater, so wie der Herr OB die Kommunikation von Bauvorhaben zukünftig gestalten will. Meinst du, frag ich, die Sache mit dem B26-Trog und der Busspur? Z. B., sagt mein Vater, warum wurde das zwischen Hessen und Darmstadt erst so spät koordiniert, trotz gleicher Farbkonstellation? Nicht ganz gleich, sagt meine Mutter, Darmstadt ist grün-schwarz, Hessen schwarz-grün. Ist doch egal, sag ich. Nicht ganz, sagt mein Vater, die bayerischen Farben sind weiß-blau, nicht blau-weiß, da legen die Bayern wert drauf, und der Herr OB ist aus Bayern.

Jochen Partsch kommt aus Franken, sagt meine Mutter. Eben, sagt mein Vater. Das mit der Koordination, sag ich, wollte dann ja sogar der Bijan in die Hand nehmen. Und seine Genossenkollegin Heike Hartmann, sagt meine Mutter, urlaubszeitliche Propaganda-Aktionen halt. Dein Bijan Kaffenberger hat aber recht, sagt mein Vater, dass die Fraktionsvorsitzenden von grün-schwarz erst dann die zeitliche Koppelung der Sanierung des Troges und der Schaffung der Busspur forderten, war schon ein Treppenwitz.

Der OB hat das ja inzwischen alles souverän geklärt, sagt meine Mutter. Aber erst, sagt mein Vater, als es die Pressefrizzen aufgedeckt hatten, mit heftiger Resonanz. Echo, verbessere ich. Diese gewohnheitsmäßigen Stänker-Stalinisten, sagt meine Mutter, haben den OB dafür sogar mal gelobt. Wir hingegen konstatieren, sagt mein Vater …  Also stellen fest, sag ich, dass trotzdem heftige Maßnahmen auf uns zukommen. 6 Wochen nächstes Jahr, sagt mein Vater, und 2022 7 geplante, also 10 Monate Bauzeit. Und am anderen Ende der B26, sag ich, Neubau der Rheinstraßenbrücke, Bauzeit 5 Jahre. Und weitere heftige Resonanzen, sagt mein Vater, die Sportvereine klagen über 20 % Kürzung, das grünliberale Klientel über die Videoüberwachung am Lui ...

Wichtiger wären Resonanzen auf den Klimawandel, sagt meine Mutter, der Wald rund um Darmstadt stirbt ab bei der Hitze. Dazu gibts doch jetzt, sag ich, nen runden Tisch. Mit 25 Personen,  sagt mein Vater, sehr cool, abkühlen kann man sich auch nicht mehr wirklich, Blaualgen, Gänsekot, Baden im Woog, im Mühlchen oder an der Grube nicht immer empfehlenswert. Urlaub an der Nordsee, sag ich. Wie, fragt meine Mutter. Ist das deine Badeempfehlung, fragt mein Vater, noch vor dem Mittelmeer? Genau, sag ich. Aber da warst du doch gerade 3 Wochen, sagt meine Mutter. Eben, sag ich.
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