Familienplanungen

Darmstadt-Glosse #113 Januar 2018

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©Thea Nivea

Okay, aber nicht vor zwölf, sag ich. Brunch ab zwölf, sagt mein Vater, kann ich gerade noch so akzeptieren. Sei doch froh, dass sie sich überhaupt so festlegt, sagt meine Mutter, dann können wir wenigstens planen. Und wir machen dann wieder mal dieses lustige Neujahrsspiel, sag ich. Trivial Pursuit verkehrt rum, fragt meine Mutter. Nee, sag ich, Wahrsagerversagen. Obwohl, sagt mein Vater, TV verkehrt wär auch nicht schlecht. Klingt wie TV total, sag ich, dann schon lieber Sissi-Saufen.

Was ist das denn, fragt meine Mutter. Das geht so, sag ich, wir gucken hintereinander alle drei Sissi-Filme und immer wenn das Wort Majestät fällt, stehen wir auf, rufen Lang lebe die Kaiserin und trinken einen. Geht nicht, sagt meine Mutter, Sissi war schon. Vielleicht ja Mediathek, sag ich, aber okay, also was jetzt? Bei Trivial Pursuit verkehrt hab ich keine Chance, sagt meine Mutter, bei eurem Blödsinnsniveau komm ich nicht mit.

War ja schon genial, sag ich, welche Frage Papa zur Antwort 38:0 gefunden hat. Offiziell gehts da doch irgendwie um ein Rugbyspiel, fragt meine Mutter, oder? Genau, sagt mein Vater, und du weißt noch meine Antwort, ist doch gefühlt 20 Jahre her. Klar, sag ich: Wie endete der Temperaturwettstreit zwischen einem Fieberkranken und einem Toten. Deine Frage auf die Antwort Ja, sagt mein Vater, war aber auch nicht schlecht. Ja, sag ich: Was ist die häufigste Antwort auf dem Standesamt. Das genau meine ich mit Blödsinnsniveau, sagt meine Mutter, dann lieber dieses Wahrsagerspiel.

Wahrsagerversagen, sag ich, man hat gewonnen, wenn das, was man wahrgesagt hat, nicht eintrifft. Aber das ist doch meistens sowieso so, sagt meine Mutter, hab ich neulich erst in der Zeitung gelesen, über die Vorhersagen zu 2017. Ham wir unsre Wahrsagungen eigentlich jemals ausgewertet, frag ich, und wann war das überhaupt? 2015 glaub ich, sagt meine Mutter. Du hast jedenfalls vorhergesagt, sagt mein Vater zu mir, dass der Bismarck-Hering Fisch des Jahres wird. Und ich, sagt meine Mutter, dass sich Jochen Partsch und Daniela Wagner trennen. Also habt ihr beide gewonnen, sagt mein Vater, weil nix davon eingetroffen ist.

Meine Vorhersage für 2018, sag ich, ist: Wir kriegen wieder ne GroKo. Aha, sagt mein Vater, du bist also nach wie vor für Neuwahlen. Spielen wir jetzt schon Wahrsagerversagen, fragt meine Mutter, dann sag ich nämlich: Darmstadt schafft zum vierten Mal hintereinander einen ausgeglichenen Haushalt. Auf Kosten der Vereine, sagt mein Vater. Eben ja nicht, sagt meine Mutter. Sie hat das Spiel kapiert, sag ich, Schuster steigt mit den Lilien in die 1. Liga auf.

Den Tipp verlierst du, sagt mein Vater, weil die Lilien 2018 kein Zweitligaspiel mehr verlieren und in der Relegation gegen Augsburg gewinnen. Ist das deine Wahrsagung, frag ich. Nein, ein Kommentar außerhalb des Spiels, sagt mein Vater, meine Wahrsagung ist: Bayern holt mit Heynckes zum zweiten Mal das Triple. Deutschland verliert im WM-Endspiel gegen Frankreich, sag ich. Der Hochzeitstermin von Harry und Meghan am 19. Mai, sagt meine Mutter, wird vier Woche vorher abgesagt. Weil, sag ich, Oma Elisabeth an ihrem 92. Geburtstag stirbt und Charles König wird.

Die SPD kriegt in Bayern die absolute Mehrheit, sagt mein Vater, im Bund gibts Neuwahlen und eine Kenia-Koalition ohne CSU. Was bitte ist Kenia, fragt meine Mutter. Schwarz, Rot, Grün, sag ich. Ich werde Oma, sagt meine Mutter. Spielende, sag ich, Privates zählt nicht. Sei doch nicht gleich so beleidigt, sag meine Mutter. Ich hasse Nötigungen durch die Hintertür, sag ich, letztens Examen, jetzt Familienplanung, gehts noch? Bleibt friedlich, Mädels, sagt mein Vater. 2018 sind wir eine glückliche Familie, sag ich. Wunsch oder Teil des Spiels, fragt mein Vater. Strengt euch an, sag ich, ich hätte kein Problem mit ner Niederlage.

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