Nach der Wahl ist Frühling

Darmstadt-Glosse #103 März 2017

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©Thea Nivea

Am Tag nach der OB-Wahl beginnt der Frühling, sag ich. Quatsch, sagt mein Vater, dann gehts erst richtig los. Was ist dir an dieser Botschaft so wichtig, fragt meine Mutter. Mit irgendwas musste ich halt aufmachen, sag ich. Ich würde mir vor allem wünschen, sagt meine Mutter, dass du dich mit deinen Ausdrücken wieder etwas mäßigst. Zu Hause oder im FRIZZ, fragt mein Vater. In deiner Glosse besonders, sagt meine Mutter. Sagt die heimliche P-Leserin, stichelt mein Vater.

9 Jahre P – ein Nachruf, sag ich, wär auch ein netter Aufmacher. Wieso, fragt meine Mutter. Du kriegst wohl gar nix mit, sag ich, das P ist ans Echo verkauft. Das gibts doch nicht, sagt meine Mutter. Das Echo gibts nicht mehr, sagt mein Vater. Dann eben an die Verlagsgruppe Rhein Main, sag ich, das P ist jetzt genau wie das Echo ein Produkt in deren Sortiment. Also vorbei mit Basis-Indie-Magazin, trauert meine Mutter. Außer dem Impressum soll sich ja nix ändern, tröste ich sie. Sagen die vom P, sagt mein Vater, P=Planungssicherheit statt Parytamt. Sind das Träumer oder Zyniker, fragt meine Mutter. Mindestens einer ist ein Zyniker, sag ich. C.E.M., sagt mein Vater, der neue Garant fürs P. Was sollen die Punkte, frag ich. Abkürzung, sagt mein Vater, Cum Echo-Medien. Ich frag mich grade, sagt meine Mutter, wer der größere Zyniker ist.

Apropos, was gibts Neues vom Trumpeltier, fragt mein Vater. Der ist für mich Obstsalat, sag ich. Was bitte, fragt meine Mutter. Ein Wortspiel, sagt mein Vater. Ah ja, sagt meine Mutter, du meinst obsolet. Komisch nur, dass sich alle aufregen, sagt mein Vater, dass er genau das umsetzt, was er im Wahlkampf gesagt hat. Wir sind hier halt anderes gewohnt, sag ich, hatte er Ivankas The-White-House-Home-Shopping eigentlich auch angekündigt?

Bei uns ist jetzt ja Schulz und ein Ruck geht durch die SPD, sagt meine Mutter. Ja, sagt mein Vater, ich hab wieder Hoffnung. Noch fehlen mir die Inhalte, sagt meine Mutter. Aber Horsti hat Mutti wieder lieb, sag ich, weil die PSN-Werte der SPD steigen. Fragt sich, wie lange, sagt meine Mutter. Welche Werte, fragt mein Vater. P.S.N., sag ich, post Schulzum nominatum.

Bei den Lilien ist nur hin und wieder mal Hoffnung, sag ich, obwohl uns jetzt sogar Obama folgt. Und 2017 ein Auf- und Ab, sagt mein Vater, Heimpunkt, Heimklatsche, Derbyniederlage, Sensationssieg, Auswärtspleite, Heimpleite. Mindestens ein blaues Auge, sag ich, die BILD hatte Recht: nicht Lilien, Veilchen! Und, sagt mein Vater, die mit Fachwissen geholten Sommerzugänge sind weitgehend abgemeiert. Immerhin, sag ich, bei einigen ist es gelungen, sie anderen Vereinen zuzufringsen. Was seid ihr doch für begnadete Wortspieler, sagt meine Mutter. Trotz der Winterneuerung, sagt mein Vater, der Kader aus der letzten Saison wäre mir fast lieber.

Deshalb ist beim Magistrat auch fast alles so geblieben, sagt meine Mutter, und die neue grüne Baudezernentin ist ein absoluter Gewinn. Komm, sagt mein Vater, so lange ist sie auch noch nicht grün. Hauptsache, sagt meine Mutter, nicht hinter den Ohren. Jedenfalls glatte Wahlvorgänge, sagt mein Vater, wie beim Steinmeier, sogar den sauren Apfel Reißer habt ihr auf Anhieb durchgebracht. Nett, Nerd, nervig und neu, sag ich. Was soll das jetzt, fragt meine Mutter. Hat jemand bei der Stavo über die 4 Dezernenten gesagt, sag ich. Bestimmt ein Sozi, sagt meine Mutter. So kreativ sind die nicht, sagt mein Vater, und mal unter uns, so schlecht ist die Truppe auch nicht.

Fehlt nur noch der Boss, sag ich, oder die Bossin. Jochen gewinnt im ersten Wahlgang, sagt meine Mutter. Stichwahl, sagt mein Vater. Mit wem, frag ich. Siebel, sagt er. Kerstin Lau, sag ich. Es gibt keine Stichwahl, definitiv, sagt meine Mutter. Warum, frag ich. Hast du doch selbst gesagt, sagt meine Mutter, nach der Wahl ist Frühling. Das ist es aber, sagt mein Vater, auch noch im April.

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