Habemus Partscham

Darmstadt-Glosse #104 April 2017

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©Thea Nivea

Wir gehen gleich nach dem Frühstück zu Oma, sagt mein Vater. Kommst du mit, fragt meine Mutter. Ich muss erst mal wach werden, sag ich, gib mir noch nen Kaffee.

Ich hab was total Wirres geträumt, außerdem muss ich noch zu mir. Wieso, fragt meine Mutter. In den Klamotten geh ich noch nicht mal zu Oma, sag ich. Was hast du geträumt, fragt mein Vater. Es hat irgendwie gebrannt, sag ich. Wo, fragt meine Mutter. Im Liebighaus, sag ich, aber irgendwie auch nicht, es war alles voller weißer Rauch. Weißem Rauch, sagt meine Mutter. Mama, sag ich, das ist mir grad mal so egal. 

Ein Zeichen, eine Symbolik, sagt mein Vater, weißer Rauch, die Papstwahl ist entschieden, sehr mystisch. Ich denke, sagt meine Mutter, sie hat eher von der OB-Wahl geträumt, weil, dass die schon im ersten Wahlgang entschieden war, hat ja auch bei anderen Albträume ausgelöst. Weil dass die, sag ich, was für ne albtraumhafte Formulierung. Ich dachte, sagt meine Mutter, so was wär dir egal. Der Typ am Fenster, sag ich, war jedenfalls, glaub ich, Rafael Reißer.

Welcher Typ am Fenster, fragt meine Mutter. In meinem Traum, sag ich, da sind Leute aus dem Liebighaus rausgerannt und ham mir auf die Schulter geklopft. Und dann kam der Reißer ans Fenster und hat was gerufen. Was denn, fragt mein Vater. Weiß ich nicht mehr, sag ich, ich dachte erst meinen Namen, aber das war, weil mich Mama da gerade geweckt hat. Du hast tief geschlafen, sagt meine Mutter, ich musste dich wachrütteln. Echt, sag ich, egal, wen habt ihr eigentlich gewählt? Bei deiner Mutter ist das doch klar, sagt mein Vater. Und bei dir, frag ich.

Er ist 100% im Schulz-Hype, sagt meine Mutter. Bundestagswahl ist erst im September, sagt mein Vater, und dann ist Schulz mit lustig, nach zwölf Jahren Mutti ist Vati dran. Also Siebel, sag ich. Vielleicht, sagt mein Vater, hab ich ja auch Knechtel auf den Stimmzettel geschrieben. Wen, fragt meine Mutter. Das ist, sag ich, der komische Typ, der überall auf den Fotos zwischen dem Siebel und dem Schulz war, als der in DA war. Ich dachte, sagt meine Mutter, das sei ein Bodyguard. Ne, sagt mein Vater, der war mal Bürgermeister und schon damals ein Bildhüpfer. Ich find den nicht schön, sag ich. Nicht Bildhübscher, sagt mein Vater, Bildhüpfer, auf Deutsch kamerageil.

Ich hätt ne Stichwahl gut gefunden, sag ich, immerhin hab ich das ja auch getippt. Vergiss mal deinen FRIZZ-Tipp, sagt meine Mutter, das war gut so für alle. Vielleicht gabs ja auch keine Stichwahl, sag ich, weil der Partsch der einzige war, der sich nicht in seinem Wohnzimmer fotografieren lassen hat. Ja, alle acht Sofas unwählbar, sagt meine Mutter. Und ich würde schon gern mal wissen, sagt mein Vater, wer von den Kandidaten regelmäßig Straßenbahn fährt und dabei Datterich liest.

Ich bin froh, dass jetzt wieder ruhigere Wochen kommen, sagt meine Mutter. Ich wär froh, sagt mein Vater, wenn mal was passiert außer Ankündigungen. Am Friedensplatz, sag ich, ham sie neulich Pflanzen aus den Kübeln geholt, und digitale Stadt sollen wir auch werden. Die wollen beste Bedingungen schaffen für nen Erdoganauftritt, sagt mein Vater, zum Bursaverbot. Burkaverbot, sag ich, nochen Kaffee bitte. Bist wohl noch ziemlich verpennt, sagt mein Vater. Wie, ach so, ja, kapiert, sag ich, also doch nicht so ruhige Wochen. Für die Lilien jedenfalls entscheidende, sag mein Vater, 6 Spiele im April.

Ist bei Oma eigentlich Eiersuchen angesagt, frag ich. Ja, sagt meine Mutter. Okay, dann komm ich direkt hin, sag ich. Vorher rufst du sie bitte an, sagt meine Mutter, hast du gehört? Thea, wo bist du mit deinen Gedanken? Ich glaub, sag ich, ich weiß jetzt, was der Reißer gesagt hat. Wieso, wann, fragt meine Mutter. In ihrem Traum, sagt mein Vater. Ach so, ja, und was, fragt meine Mutter. Habemus irgendwas, sag ich. Habemus Papam wahrscheinlich, sagt mein Vater. Genau, sag ich, oder jedenfalls so ähnlich.

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