Gegen die Wand

Darmstadt-Glosse #107 Februar 2017

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©Thea Nivea

Wie gehts denn jetzt weiter, frag ich, nachdem ihr in der Stavo so gegen die Wand gefahren seid? Das war schon ein sehr bedrückendes Gefühl, sagt meine Mutter. Komm, jammer nicht so, sagt mein Vater, der BVB spielt bei jedem Heimspiel gegen die Wand und freut sich drauf. Na ja, sag ich, die Wand ist gelb und voller Fans, das kann man vom Rest der Stavo nicht gerade behaupten. Das ganze Spektrum von Rot bis Braun, sagt meine Mutter, das ist für Demokraten schwer nachvollziehbar. Oh, sagt mein Vater, ist das jetzt schon grünschwarzer Offiziellsprech? Was, fragt meine Mutter. Dass es, sag ich, eklig ist, Mehrheiten unter Rückgriff auf die AfD zu organisieren. Eklig oder nicht, sag meine Mutter, es ist zumindest fragwürdig.

Soll ich dir mal verraten, was zumindest fahrlässig ist, frag ich. Bitte, sagt meine Mutter. Keine Mehrheiten zu organisieren, sag ich, wenn man weiß, dass man nicht grundsätzlich eine hat. Also irgendeinen von den anderen 36 ins Klo sperren, sagt mein Vater, Jochen Partsch geht mit Jürgen Barth pinkeln während der Abstimmung, reicht doch schon. In Sachen Grundsteuer nicht, sag ich, da hättens schon zwei sein müssen, weil der Haupt- und Finanzausschuss dagegen war.

Wir wollten eine grundsätzlich andere Dialogkultur, sagt meine Mutter, wem nützt denn eine Symbolpolitik der Siege und Niederlagen? Was heißt denn hier Symbolpolitik, sagt mein Vater, hätte die SPD plötzlich für die Grundsteuererhöhung sein sollen, nur weil die AfD auch dagegen ist? Oder Uffbasse für die Lichtwiesenbahn? Die Lichtwiesenbahn, sag ich, ist ein Anschlag auf die Gesundheit der Studenten, die sollen die 800 Meter laufen. Ach Thea, sagt meine Mutter.

Reg dich nicht auf, sag ich, ist nicht von mir, hat Jürgen Barth gesagt. Der, sagt meine Mutter, soll sich ja auch über den Fraktionszwang bei Uffbasse beklagt haben, den es da neuerdings gibt. Geben soll, sag ich, ich kann mir das bei Uffbasse nicht vorstellen. Das wär doch die Lösung, sagt mein Vater. Von was, frag ich. War da nicht die Frage, sagt mein Vater, wie es weiter geht? Und was, fragt meine Mutter. Was was, fragt mein Vater. Was wär die Lösung, frag ich.

Jürgen Barth geht zu den Grünen zurück, sagt mein Vater. Wie auch immer, sag ich, es muss was passieren, solche Trotzreaktionen wie das Sozialticket zurückzuziehen, machen die Stadtgesellschaft kaputt. Und, sagt mein Vater, wenn dieser CDU-Vorsitzendendarsteller zu seinem Einjährigen drastische soziale Einschnitte ankündigt, wird mir übel. Mir auch, sagt meine Mutter.

Immerhin ein bisschen familiäre Einigkeit, sag ich. Komm, sagt mein Vater, über den Sieg bei der Digitalen Stadt haben wir uns alle gefreut, sah schön aus, das neue Stadtschild: Digitale Stadt Darmstadt. Das war nur symbolisch, sag ich, es bleibt bei Wissenschaftsstadt. Und das weißt du wieder mal, sagt mein Vater. Diesmal 1000%ig, sag ich, weils der OB im FRIZZmag-Interview gesagt hat. Und ja, okay, beim Altintop hab ich mich halt mal geirrt. Aha, sagt meine Mutter. Der hat kein Haus gekauft in Darmstadt, sag ich, aber spätestens am 28. Juli werden wir wissen, ob er bleibt. Wieso, fragt meine Mutter.

Saisonstart der 2. Liga, sagt mein Vater, aber, fällt mir dabei gerade ein, war da nicht was mit 15. Juni und den alternativen Stadionstandorten? War da nicht was mit Haushaltsloch, fragt meine Mutter. Wenn die Lilien Eier in der Hose hätten, würden sie ihr Stadion selbst bauen. Oh, sag ich, Mama wird drastisch. Dann sag uns bitte noch, sagt mein Vater, wohin. Es wird bis Ende Oktober einen Masterplan geben, sagt meine Mutter. Ich würde auch nach Offenbach fahren, sagt mein Vater. Du spinnst wohl, sag ich. Warn Witz, sagt mein Vater, die Sache mit dem Stadion darf auf keinen Fall gegen die Wand gefahren werden. Das Stadion ist bestimmt nicht die größte Sorge, die wir im Moment haben, sagt meine Mutter. Ja, sag ich, Kohl ist tot. Und, sagt mein Vater, die Spargelsaison ist rum.

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