Zukunft ist gut für alle

Darmstadt-Glosse #109 September 2017

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©Thea Nivea

Was ist das denn fürn Spruch, fragt mein Vater. Mein ultimativer Wahlkampfslogan, sag ich, die Quintessenz aus all dem plakativen Allgemeinplatzschwachsinn. Sehr gut, sagt mein Vater. Von welcher Partei ist der, fragt meine Mutter. Von keiner, sag ich, von irgend nem Kabarettisten, sag ich. Könnte auch von den Grünen sein, sagt mein Vater. Hör auf, sagt meine Mutter, ich leide auch so schon.

Umwelt ist nicht alles, sag ich, aber ohne Umwelt ist alles nichts. Ja, ich weiß, sagt meine Mutter. Da ist sogar die AfD kreativer, sagt mein Vater. Meinst du, frag ich, das mit der bunten Vielfalt und den drei Trachtentanten auf Droge? Auch, sagt er,aber noch besser ist das mit derliegenden Schwangeren im Grünen und: Neue Deutsche? Machen wir selber. Super, sagt meine Mutter, ich stell mir gerade die sieben alten Männer der AfD in der Stavo vor, wie sie das versuchen umzusetzen.

Frauen sind nicht alles, sagt mein Vater, aber ohne Frauen ist alles nichts. Fußball ist nicht alles, sagt meine Mutter. Genau, sag ich, aber ohne Lilien ist Fußball nichts. Oder ohne Fans, sagt mein Vater. Ohne Ultra-Choreo, sag ich. Scheiß DFB, sagt mein Vater. Gehts auch differenzierter, fragt meine Mutter. Klar, sag ich, bestechlich, korrupt und nur am Kommerz interessiert. Der DFB, sagt mein Vater, betreibt die Helene-Fischerisierung des Fußballs. Und was ist mit den Lilien, fragt meine Mutter. Alles gut, sag ich, super Start in die 2. Liga. Und von der Last des Pokals befreit, sagt mein Vater.

Zukunft braucht neue Ideen, sag ich, na, von wem ist das? Schon klar, sagt mein Vater, und Onkel Martin setzt sie um. Sehr gut, sag ich, und Mutti wirbt auf Youtube für ein Deutschland, in dem wir gut und gerne leben. Immerhin, sagt meine Mutter, in Darmstadt leb ich gut und gerne. Ich auch, sag ich. Heißt das, fragt mein Vater, ihr seid für Schwarz-Grün auch im Bund? So weit kommts nicht, sag ich, das werden die lockeren Typen aus der Männerparfümserie schon verhindern. Oder die Linke, sagt mein Vater, die einzigen mit klaren Ansagen: Millionäre besteu- ern, Abrüsten, Renten mit Niveau. Darauf trinken wir einen, sagt meine Mutter. 

Rotwein ist nicht alles, sag ich. Aber ohne Rotwein ist alles nichts, sagt mein Vater, gehen wir aufs Weinfest? Saufen, sag ich, bis wir blaue Schafe sehen? Häh, sagt mein Vater. Sie meint die Installation auf dem Büchnerplatz, sagt meine Mutter. Ja, sag ich, halt ich für Ideenklau. Ach, sagt mein Vater, wegen den Hörl-Fröschen auf der Mathildenhöhe? Auch, sag ich, die fand ich ja total super damals, da war ich, glaub ich, sechs. Ja, sagt meine Mutter, 1999. Sag ich doch, sag ich. Blaue Schafe und blaue Besucher, sagt mein Vater, passt schon. Hurz!, ruf ich, und jeder kennt ja auch das blaue Schaf als internationales Symbol des Friedens und der Toleranz. 

Zynisch sein ist nicht alles, sagt meine Mutter. Wenn man nackt und mit Lichtgeschwindigkeit um einen Raum rennt, ist es durchaus möglich, dass man sich selbst fickt, sag ich. Was soll das jetzt, fragt meine Mutter. Find ich auch witzig, sag ich. Der Spruch geht noch weiter, sagt mein Vater: Einfacher gehts, wenn man AfD wählt. Hihi, sag ich. Besser nicht, sagt meine Mutter.

Wahlergebnisse sind nicht alles, sag ich, wollen wir sie trotzdem tippen? Ich nicht, sagt mein Mutter. Ich schon, sagt mein Vater, aber gemeinsam. Okay, sag ich, ich fang an: CDU 35%. SPD 25%, sagt mein Vater. Oh, sag ich, ich dachte, die Hoffnung stirbt zuletzt, also: Linke 11%. Dann hoff ich mal, sagt mein Vater: AfD nur 9%. Echt so viel, sag ich, na gut: FDP 8%. Und die Grünen, fragt meine Mutter. Ich bin dran, sagt mein Vater: 7%.

Prognosen sind nicht alles, sagt meine Mutter, eure Tipps erst recht nicht. Wahlkampfslogans auch nicht, sag ich, obwohl ich meinen geil finde. Der ginge aber noch prägnanter, sagt mein Vater, und kämpferischer. Wie, frag ich. Zukunft für alle!, sagt mein Vater. Oder so, sag ich, steh auf und schrei: Zukuuunfft!!

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