Freut euch feste

Darmstadt-Glosse #111 November 2017

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Hi, ich bin Thea Nivea.

©Thea Nivea

Nivea hab ich von meinem Vater. Weil ich als Kind mal Nivea gegessen habe. Erklärt er jedem, ders nicht hörn will. Überhaupt erklärt er reichlich viel. Damit ich durchblicke, sagt er. Dabei blick ich schon durch, sogar bei Politik. Oder bei Fuß- ball. Und erklär ihm auch manchmal was. Oder meine Mutter mischt sich ein. Was dabei raus kommt, na ja, könnt Ihr selbst lesen, jeden Monat. Wenn Ihr mir was erklärn wollt, schreibt mir einfach: t.nivea@frizzmag.de

Ich krieg den totalen Freuanfall, sag ich. Einen was, fragt meine Mutter. Na, sagt mein Vater, sie freut sich halt. Ah ja, sagt meine Mutter, und warum? Na, weil, sag ich, die CDU und die CSU und die FDP und die Grünen fangen sich an zu mögen und die SPD lebt noch. Sagen wir mal, sagt mein Vater, in Niedersachen, weil da Weil ist. Der neue Hoffnungsträger der SPD, fragt meine Mutter. Immer, wenn bei denen mal einer nicht verliert, sag ich, wird er von den Medien gleich zum Hoffnungsträger hochsterilisiert. Stilisiert, sagt meine Mutter. Ach, sag ich. Nein, sagt mein Vater, das war ein Labbadia-Zitat.

Gehts jetzt um Fußball oder Politik, fragt meine Mutter. Lieber nicht Fußball, sag ich, die Lilien sind gerade nicht so gut drauf. Müssten sie aber, sagt meine Mutter. Nein, sagt mein Vater, zu wenig Punkte, zu viele Gegentore. Ich glaube, sag ich, sie meint wg. dem Stadion. Ach so, ja, sagt mein Vater, der große Wurf, der Masterplan steht, wir dürfen weiter zu Hause spielen und zwei Jahre mit offenen Flanken rechts und links. Aber das Bölle bleibt, sag ich, und vor allem, was jeden Kommunalpolitiker freuen sollte, die Lilien machen es selbst. Dann wirds auch nicht teurer, sagt mein Vater, und es bleibt bei 50 Mio geplantem Defizit im Haushalt 2018. Hört auf zu unken, sagt meine Mutter, ich finde, die Stadt und der Verein haben sehr gut zusammengearbeitet.

Freude und Lob von allen Seiten, sag ich, Partsch ist sehr gut und Fritsch ist sehr gut. Selbst das allgemeine Beschwerdeblatt hat kaum was zu meckern, sagt mein Vater, obwohl man sich ja sonst schon fragt, ob dieser andauernd anklagende Defätismus eigentlich Redaktionskonzept ist oder nur der Bedeutungsfrust einzelner. Pauschaule Presseschelte hat noch nie geholfen, sag ich. Aber aufregen darf man sich schon mal, sagt meine Mutter, also, wie die mit dem Schellenberg umgegangen sind … Man kriegt übrigens seine Parkgebühren zurück, sag ich, wenn man im Vivarium einen veganen Reitkurs bucht. Haha, sagt meine Mutter. Wenn sich mal wieder niemand richtig aufregt – wir schaffen Abhilfe, sloganiert mein Vater, wir sind der Pulsschlag der Region.

Nichts ist so alt, wie die Zeitung von gestern, sag ich. Oder das Wahlergebnis von vorgestern, sagt meine Mutter. Oder meine Glosse vom Vormonat, sag ich, ich sagte doch, wenn Wahlen was ändern würden … Ich bin gespannt, sagt mein Vater, was sich ändert mit Jamaika. Gimme dope, Angela, sing ich, dope, Angela, dope before the morning come. Du verwechselst da was, sagt mein Vater. Ja, ich weiß, sag ich, heißt Hope statt Dope. Auch, sagt mein Vater, ist aber kein Jamaika-Song, sondern Südafrika. Okay, sag ich, aber ähnliche Farben. Na ja, sagt meine Mutter, plus rot und blau. Oh, sag ich, das wär ja dann so ne Art Allparteienregierung.

So ein bisschen wie bei den Fastnachtsfarben, sagt mein Vater, französische Trikolore plus Gelb. Helau, sag ich, die Fastnachtssaison fängt ja auch an am 11.11., noch ein Grund zur Freude, und es ist meine 111. Glosse und neun Tage später ist schon Weihnachtsmarkt, freu, freu, freu. Das find ich gar nicht so erfreulich, sagt mein Vater, dass der Weihnachtsmarkt schon zwei Wochen vor dem ersten Advent losgeht. Und vor allem, sagt meine Mutter, eine Woche vor Totensonntag, das passt gar nicht. Es geht doch auch gar nicht wirklich um Weihnachten, sag ich, sondern um Kommerz, Spekulatius und Nikoläuse gibst doch schon fast ganzjährig.

Dann könnte man im Advent ja auch Heinerfest feiern, sagt meine Mutter. Danke für die Überleitung, sag ich. Wieso, fragt meine Mutter. Der Film, sagt mein Vater, sie präsentieren doch ihren Heinerfestfilm. Filme, sag ich, sind insgesamt sechs geworden, am 29.11. in der Centralstation, mit Live-Musik und Talks und Popcorn und kostet auch keinen Eintritt. Schon gut, sagt mein Vater, wir kommen ja mit. Und danach, sagt meine Mutter, gehen wir auf den Weihnachtsmarkt. Schön, sag ich, wird dann ja ein richtiger Familien-Freu-Fest-Tag.

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