Stadt verordnet ne Versammlung

Darmstadt Glosse #50 Oktober 2012

by

©Thea Nivea

Also, ich fands ja eine Schnapsidee, aber mein Vater hat darauf bestanden, wg. meiner 50. Glosse. Dafür gebührt dir Respekt und Familiensolidarität, hat er gesagt, die Solidarität besteht darin, dass wir mit dir zur Stavo gehen. Und der Respekt, hat meine Mutter gesagt, danach chic Essen zu gehen. Das mit der Stavo hatte ich mir selbst vorgenommen, ich wollte für meine Jubiläumsglosse unbedingt ein paar O-Töne haben. Sie wollten mich da aber partout nicht alleine hin lassen.

Wg. der möglichen Folgeschäden, sagt mein Vater, als wir auf der Empore sitzen. Meine Mutter meint, er hat Schiss, dass du abhaust und mit dem Glosse schreiben aufhörst. Angeblich träumt er davon, dass ich auf 100 komme. Ich will, sag ich, gar nicht so lange bleiben und am liebsten würd ich gleich wieder gehn, so fad wie das anfängt.

Aber dann gehts plötzlich ab. Das entwickelt sich ja zu einer echten Klimakatastrophe, sagt mein Vater. Ich blick nicht ganz, worums geht, irgendwie um eine taktische Kapitalerhöhung und um den gefeuerten HSE-Mayer. Meine Mutter findets etwas ermüdend. Das mit den Konversionsflächen ist schon spannend, sag ich, weil ein paar von meinen Leuten gehofft hatten, dass in der Lincoln-Siedlung endlich mal Wohnungen abfallen. Die SPD-Frau hat Recht, sagt mein Vater, die Lindscheid ist mit ihrem Job überfordert, das muss der Chef jetzt selbst in die Hand nehmen.

Gehen Sie davon aus, dass wir mit Hochdruck daran arbeiten. Meine Mutter zuckt zusammen. Ich frag sie, was los ist. Sekundenschlaf, sagt sie, erst der Schreck und dann die Erleichterung, dass es der Partsch ist. Ich checks grad nicht, sag ich. Mein Vater erklärts mir sofort: Das hat der Hoffmann immer gesagt. Was, frag ich. Gehen Sie davon aus, dass wir mit Hochdruck daran arbeiten. Ja, gibt meine Mutter zu, aber dem Partsch glaub ichs. Und warum, frag ich, ist der so genervt und zieht Grimassen hinter den Rednern? Das kann ich ganz gut verstehen, sagt mein Vater, wenn man große Ziele hat, nerven Leute mit Hang zum Detail.

Und mich nervt, dass die Grünen alles so persönlich nehmen, sagt meine Mutter, wie pampige kleine Mädchen. Ja, sagt mein Vater, wie blöd wir doch alle sind und dieser Die-Stadt-gehört-uns-Beiklang. Ne, sagt meine Mutter, das war der Tonfall deiner Sozis. Ich glaub, sag ich, die glauben, es ist total gemein, wenn man so auf ihnen rumhackt, weil sie doch die Guten sind. Gut gemeint und gut gemacht, sagt mein Vater, ist halt nicht das selbe. Meinst du, frag ich, das mit dem Klinik-Job für den Kotoucek war von der CDU nur einfach nicht gut gemacht? Jedenfalls, sagt mein Vater, hats die halbwegs guten Haushaltsnachrichten übertönt.

Ist schon ein krasses Erlebnis, sag ich, als wir in der Lobby sind. Jedes Mal wieder, sagt mein Vater. Ich kann verstehen, sagt meine Mutter, warum der Dillmann und der Barth sich dieses absurde Theater nicht mehr antun wollen. Der Barth, sag ich, hört auf, weil er die Lincoln-Siedlung besetzen will, spätestens an seinem 75. Geburtstag. Zuzutrauen wärs ihm, sagt mein Vater, und vielleicht macht der Partsch ja mit, wenn seine Geduld mit der Bima ein Ende hat. Mama hat Recht, sag ich. Wieso, fragt mein Vater.

Politik ist absurdes Theater, sag ich, deshalb hat die CDU auch einen ehemaligen Schauspieler als Bundestagskandidaten. Ich hab nix gegen Schauspieler, sagt meine Mutter. Für den, sagt mein Vater, hast du aber noch nie geschwärmt. Der hat ja auch rein gar nix mit Darmstadt zu tun, sagt meine Mutter. Aber, sag ich, er bemüht sich, den hab ich neulich auf dem Friedensplatz gesehen, ganz friedlich mit der Zypries. Mühe allein genügt deiner Mutter nicht, sagt mein Vater. Kannst du diesen eifersüchtigen Beiklang mal lassen, sagt meine Mutter. Ich werde, sag ich, jedenfalls niemandem empfehlen, ohne Not in die Stavo zu gehn. Und was empfiehlst du statt dessen, fragt mein Vater. Zu gehen, sag ich, ich hab Hunger. Ich hab reserviert, sagt mein Mutter. Wo, frag ich. Und mit ihrer Entscheidung sind wir ganz im Einklang.

Back to topbutton