Das bisschen Haushalt...

Darmstadt Glosse #73 September 2014

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©Thea Nivea

Ein bisschen lahm war der Sommer im August ja schon, sag ich beim Essen, aber sonst war doch alles ganz okay. Stimmt, sagt mein Vater, super Lilienstart in die 2. Liga und superPokalfight. Wen meinst du jetzt, frag ich, die Lilien oder deinen Geburtsfehlerverein? Beide, sagt mein Vater, wann hat man das schon mal, 2 Pokalspiele in weniger als 24 Stunden, und jetzt noch das Superlos für die 2. Runde. Superlos,na ja, sag ich. Jedenfalls haben sich deine Rollrasenresentiments in Wohlgefallen aufgelöst, sagt meine Mutter, was Grün-Schwarz anpackt, wird eben doch was. Ich geb zu, sagt mein Vater, ich war mal kurz schlecht drauf, aber dass du plötzlich den Stadionbau lobst, wundert mich schon. Eigentlich, sag ich, müsstest du doch auch dafür sein, dass die Vereine für den Polizeieinsatz mitbezahlen. Bin ich auch, sagt meine Mutter. Wahrscheinlich, sagt mein Vater, weil das keine Grünen mehr sind, sondern Blaue. Haha, sagt meine Mutter.

Obwohl die Stadionfinanzierung ja gefakt ist, sag ich. Wieso, fragt meine Mutter. Naja, sag ich, man muss schon ziemlich blöd sein, wenn man das deinen Grün-Schwarzen glaubt mit den 14 Mio Landesmittel fürs Stadion. Wieso, fragt meine Mutter. Weil 10,5 Mio davon nicht ans Stadion gebunden waren, sag ich, die hätte man auch für alles andere nehmen können, Schulsanierung z.B. oder Nordbad, oder was weiß ich. Das stimmt nicht, sagt meine Mutter. Doch, sagt mein Vater, sie hat Recht, das waren die ganz regulären Landeszuschüsse, aber sie haben sich wahrscheinlich gedacht, in der Euphorie merkts keiner. Genau, sag ich, und die Merck-Gelder für die Namensrechte reichen gerade mal für die Zinsen der 14 Mio, die mindestens noch gebraucht werden.

Aber dann stimmts doch, das Stadion belastet den Haushalt nicht, sagt meine Mutter. Ja, sagt mein Vater, das ist ungefähr so, wie wenn wir statt einzukaufen vom Haushaltsgeld Essen gehen, das belastet uns auch nicht zusätzlich, nur haben wir dann die ganze Woche nix im Kühlschrank. Genau, sag ich, jetzt versteht ihr auch, warum ich öfter mal vorbei komme. Und ich dachte, sagt meine Mutter, dass sei die reine Elternliebe. Keine Liebe ohne Eigennutz, sagt mein Vater.

Das wahre Desaster kommt dann pünktlich zur Kommunalwahl 2016, sag ich. Genau, sagt mein Vater, die Konjunkturdaten sind am Einbrechen. Und darüber freust du dich offenbar, sagt meine Mutter. Klar, sagt mein Vater, ich lass mich ungern verarschen, dein Grün-Schwarz steigert jedes Jahr die Haushaltsausgaben, treibt damit die Schulden auf über 1 Milliarde hoch und geriert sich dann auch noch als Sanierer. Dabei, sag ich, liegt die Senkung des jährlichen Defizits nur an den hohen Steuereinnahmen. Und die sind eben konjunkturabhängig, saniert ist da gar nix. Na jedenfalls das Stadion und die Schulen sind bis dahin saniert, sagt meine Mutter, würdet ihr Haushaltsexperten dann jetzt bitte die Küche sauber machen, ich hab schließlich gekocht.

Was ist mit Nachtisch, frag ich. Fällt aus, sagt meine Mutter, eure Themen sind mir zu anstrengend. Was hätte es denn gegeben, fragt mein Vater. Traifel, sagt meine Mutter, den gibts dann halt morgen. Wir könnten, sag ich, z.B. noch über Rücktritte reden, also nicht vom Schellenberg oder so, sondern vom Klose. Oder vom Mertesacker, sagt mein Vater. Oder, sag ich, falls du meinst, wo das Positive bleibt, auch darüber, dass es jetzt endlich los geht mit der Lincoln-Siedlung. Oder, sagt mein Vater, dass es ein Bürgerbegehren gibt gegen Gänsekot im Woog. Oder, sag ich, eine neue Gebührenordnung, wo Wildpinkeln jetzt 50 Euro kostet. Wo du dich, sagt mein Vater, doch immer darüber aufregst, wenn Männer im Stehen …  

Ist gut jetzt, sagt meine Mutter, ich hol den Nachtisch, und wenn ihr die Küche fertig habt, gehen wir noch zur Jugendstilausstellung. Einverstanden, sag ich, Weltkulturerbe, auch ein super Thema. Und wir gehen gleich, sagt mein Vater, das bisschen Haushalt … macht mein Mann, sagt mein Mann, singt meine Mutter. Nee, sag ich, machen wir später.

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