Nach der Wahl ist vor der Wahl

Darmstadt-Glosse #91 März 2016

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©Thea Nivea

Jetzt müssen schon die alten Fußballweisheiten herhalten, sagt mein Vater, dabei gehts doch nur um Kommunalwahlen. Welche Fußballweisheiten, fragt meine Mutter. Sepp Herberger, sag ich, weiß ja selbst ich. Ach so, sagt meine Mutter, der Ball ist rund. Und die nächste Wahl ist immer die schwerste, sagt mein Vater, also die OB-Wahl. Das ist die übernächste, sag ich. Nee, sagt mein Vater, ich hab Briefwahl gemacht, so nen Riesenzettel füll ich lieber zu Hause aus. Eine Wahl dauert 90 Minuten, sag ich. Genau sagt mein Vater, und bei der Wahl gehts rund. Quatsch, sagt meine Mutter, es bleibt alles, wie es ist.

Wenn Wahlen wirklich was ändern würden, wären sie verboten, sag ich. Das ist aber nicht mehr Herberger, sagt mein Vater. Nein, Tucholsky, glaub ich, sag ich. Vor allem kompletter Unsinn, sagt meine Mutter, die WählerInnen entscheiden, und bevor ihr was sagt, mit großem Binnen-I. Die wählen dann den Schellenberg und den Reißer in die Stavo, sagt mein Vater, und wir kriegen nen neuen Kämmerer und nen neuen Bürgermeister. Dann ändert sich ja doch was, sag ich grinsend. Nee, das ist Wählerverarschung, schimpft mein Vater.

Nur Nichtwählerverarschung, sag ich, die, die wählen gehen, blicken das doch eh. Ja, sagt meine Mutter, uns gefällt das auch nicht, aber bei der Zypries ist es nicht viel besser. Immerhin, sag ich, die könnte theoretisch an den Stavos teilnehmen. Und wird es praktisch auch tun, sagt mein Vater, weil sie OB werden will. OBin, sag ich, sie muss ja auch Darmstadt zusammenhalten, als Nr. 1 der SPD.

So baut man Kandidaten auf, sagt mein Vater. Macht die CDU ja deshalb auch so, sag ich, weil der Reißer und der Schellenberg wieder gewählt werden müssen. Aber doch nur von der Stavo, sagt meine Mutter, und erst 2017. Nur, frag ich, die sind extrem abhängig von der Wahl jetzt, genauso wie die Akdeniz. Und ne neue Baudezernentin brauchen wir auch, sag ich. Wärst du Dussel doch im Dorf geblieben, singt mein Vater. Das glaub ich nicht, sagt meine Mutter, und außer- dem sind wir kein Dorf. Doch, sagt mein Vater, das gallische Dorf der Bundesliga.

Wir könnten um die CL mitspielen, sag ich, wenn nach der 1. Halbzeit Schluss wäre. Und die Bayern wären in Turin nicht eingebrochen, sagt mein Vater, wenn die Lilien sie nicht so ge- fordert hätten. Obwohl wir ja krankheitsbedingt geschwächt waren, sag ich. So ne Gelbsucht ist nicht zu unterschätzen, sagt mein Vater, na ja, wird schon werden für die Bayern. Wär doch auch schade für Hoeneß, sag ich, erstes CL-Spiel in

Freiheit und sein FCB gleich raus, und das im heimischen Stadion.

Apropos heimisches Stadion, sagt mein Vater, das dauert bei uns wohl noch ein bisschen. Bis zur nächsten Kommunalwahl könnte es aber fertig sein, sag ich. Unkt ihr nur, sagt meine Mutter, wir schaffen das früher. Wir, fragt mein Vater, seit wann sagst du beim Fußball Wir-Sätze? Wir schaffen das ist eben ein typischer Muttisatz, sag ich, so wie Grün wirkt. Darmstadt ist eben die Stadt mit der besten Zukunftsprognose, sagt meine Mutter. Und der höchsten Stickoxidbelastung in Hessen, sagt mein Vater, grün wirkt.

Apropos Prognose, sag ich, ich tippe auf 30% CDU, 25% Grüne, 20% SPD und 10% UFFBASSE. Es bleibt bei Grün-Schwarz, sagt meine Mutter. Und was wählst du, frag ich sie. Haha, sagt meine Mutter. Ich sag ja, ich hab schon gewählt, sagt mein Vater. Ich wähl wieder UFFBASSE, sag ich, schon allein wg. dem Plakat, und, na ja, Grün- Schwarz wär mir schon lieber als Schwarz-Grün. Und warum tippst du dann so, fragt meine Mutter. Strategie, sag ich, dann hätte ich wenigstens richtig getippt. Was ist mit der AfD, fragt mein Vater. Nix, sag ich, nicht in Darmstadt, und erst recht nicht die gefälschte DIE PARTEI. Da sind wir uns wenigstens da einig, sagt meine Mutter.

Wann darf die SPD mal wieder gewinnen, fragt mein Vater, eurer Meinung nach? Eine Woche später, sagt meine Mutter, in Mainz. Wie die Lilien, sag ich. Wie, fragt meine Mutter. Auswärtsspiel in Mainz, sagt mein Vater, jetzt am Wahlsonntag. Und nach der Wahl ist vor dem Spiel, sag ich. 

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