Die Lilien-Glosse

Darmstadt-Glosse #98 Oktober 2016

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©Thea Nivea

Heißt das jetzt, es geht nur über Fußball, fragt meine Mutter. Dachte ich mir so, sag ich. Also, sagt mein Vater, das ist doch wohl auch legitim, wenn das tatsächlich ihre 98. Glosse ist. Ist es, sag ich, und außerdem sind die Lilien wichtig. Wichtiger, als die OB-Wahl, fragt meine Mutter. Jedenfalls nehmen die Lilienfans den OB nicht mehr so wichtig, sag ich. Wieso, fragt meine Mutter. Er wurde ausgebuht, sagt mein Vater, bei der Stadionumbenennungszeremonie.

Jonathan-Heimes-Stadion, sag ich, das hat was. Und so kapieren wenigstens alle Neuen, worums bei den Lilien geht: Kämpfen, kämpfen, kämpfen. Davon hat man in Köln nix gemerkt, sagt mein Vater. Eben, sag ich, aber im Derby wars schon anders, Johnnys Geist eben. Trotzdem grottiges Spiel, sagt mein Vater, aber halt mit Glückstor. Torn schieße, wann mer Chance hat, des is kah Kunst, sag ich, awwer Torn schie- ße, wann mer kah Chance hat …

Wird das jetzt ne Datterich-Glosse, fragt meine Mutter. Vielleicht ne Sandro-Glosse, sagt mein Vater. Ich dachte, sagt meine Mutter, der ist weg. Schau an, sag ich, Mama hat was mitgekriegt. Ja, sagt mein Vater, der Wagner ist weg. Obwohl der gerade wieder da war, sag ich. Erklärt ihrs mir, fragt meine Mutter, oder wollt ihr mich ausgrenzen? Integration ist angesagt, sag ich, gegen Hoffenheim haben gleich 8 Neue gespielt. Und gekämpft, sagt mein Vater. Und was ist jetzt mit dem Wagner, fragt meine Mutter. Der ist nach Hoffenheim, sagt mein Vater, und er war wieder da, weil die Lilien gegen Hoffenheim gespielt haben.

Mit schon wieder einem Last-Minute-Tor, sag ich. Und warum dann Sandro-Glosse, fragt meine Mutter, wo der doch jetzt Hoffenheimer ist? Wg. Sandro Sirigu, sag ich, der ist noch da. Urgestein quasi, sagt mein Vater, und Flankengott, Vorlage gegen Hoffenheim und Direktflanke gegen die Eintracht. Was bitte ist eine Direktflanke, fragt meine Mutter. Eine Flanke, sag ich, die z.B. beim Gondorf ankommen soll, sich aber ins Tor verirrt. Wahrscheinlich, sagt mein Vater, weil die Hirschkuh im Training keine Flanken hat üben lassen.

Welche Hirschkuh, fragt meine Mutter. Die Hirschkuh, sagt mein Vater, heißt Norbert Meier und ist Lilientrainer. Und, sag ich, war an ihrem 58. Geburtstag zum 2. Mal brünftig. Weil, sag ich, der Oliinyk in der Nachspielzeit ein Tor geschossen hat. Auf Pass vom Sirigu, sagt mein Vater. Obwohl der Oliinyk ja einen ukrainischen Pass hat, sag ich. Könnte es sein, dass ihr mich veräppeln wollt, fragt meine Mutter. Keine Spur, sagen mein Vater und ich unisono, du bist nur halt im Fußball nicht so drin. Dass der Schuster in Augsburg ist, sagt meine Mutter, weiß selbst ich.

Er hat Darmstadt verlassen, weils kein neues Stadion gibt, sag ich. Quatsch, sagt meine Mutter. Ja, ja, sagt mein Vater, die Lilien suchen au- ßerhalb, der OB in der Stadt. Marienplatz wär doch ne Idee, sag ich. Sehr witzig, sagt meine Mutter. Zu klein, sagt mein Vater, aber die Erstwohnhäuser für die Flüchtlinge wären da viel besser als in der Otto-Röhm-Straße. Und nach 10 Jahren, sag ich, könnten sie als Rathaus weiter benutzt werden. Der Amtssitz vom Partsch in seiner 3. Wahlperiode, sagt mein Vater. 3. Wahlperiode, fragt meine Mutter. Ja, sag ich, er macht weiter, weil niemand sonst kandidiert und ihm dieser Job absolut Spaß macht.

Ich dachte, OB zu sein wäre mehr als ein Job, sagt mein Vater, und Gegenkandidaten gibts jetzt schon keine. Abwarten, sag ich. Jochen Partsch ist ein super OB, sagt meine Mutter. Niemand behauptet das Gegenteil, sag ich, deshalb tun sich die anderen Parteien ja so schwer. Aber vielleicht kandidiert ja der Schuster und geht in die Politik, weil er mit dem 1:0 gegen die Lilien alles erreicht hat, was man als Trainer erreichen kann. Oder weil, sagt mein Vater, der Weinzierl auf Schalke Heimweh hat und nach Augsburg zurück will. Dann müsste der Partsch mal richtig kämpfen, sag ich, wie eine Lilie. Das alles hier, sagt meine Mutter, ist gar keine Lilien-Glosse. Sonder

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