Was geht app?

Darmstadt-Glosse #143 Juli 2020

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©Thea Nivea



Hi, ich bin Thea Nivea.

Nivea hab ich von meinem Vater. Weil ich als Kind mal Nivea gegessen habe. Erklärt er jedem, ders nicht hörn will. Überhaupt erklärt er reichlich viel. Damit ich durchblicke, sagt er. Dabei blick ich schon durch, sogar bei Politik. Oder bei Fußball. Und erklär ihm auch manchmal was. Oder meine Mutter mischt sich ein. Was dabei raus kommt, na ja, könnt Ihr selbst lesen, jeden Monat. Wenn Ihr mir was erklärn wollt, schreibt mir einfach: t.nivea@frizzmag.de

Du musst dein Handy schon mitnehmen, sag ich, sonst nutzt die Corona-App nix. Ich würde sowieso viel lieber hier bleiben, sagt meine Mutter, ist doch so gemütlich auf unserer Terrasse. Es wäre aber jetzt Heinerfest, sagt mein Vater, da sind wir immer weggegangen. Und als noch nix ging, hat es dich genervt; jetzt ist es auf der Terrasse auf einmal wieder so gemütlich. Egal Papa, sag ich, ich hol die schwarzen Schlossgrabenfest-Becher und du was zu trinken. Und hier, sagt meine Mutter, die roten Heinerfest-Bändchen, steckt euch die mal an.
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Ein bisschen viel Unterstützungsfolklore, sagt mein Vater, aber von mir aus, wer will Bier, wer will Wein? Erst Bier, sag ich, später Rotwein, und dann hätte ich gern noch was von den Tuk-Tuk-Keksen. Die Tuc-Cracker, fragt meine Mutter, mochtest du doch früher nie? Das ist wieder so ein Thea-Witz, sagt mein Vater, wg. Tuk-Tuk Heinerfest. Im Ernst, was essen wir wirklich?

Ich fahr schnell zum Oberfeld, sag ich. Ich staune, sagt meine Mutter. Nee, sag ich, nicht Hofladen, gegenüber, da gibts super leckere Bratwurst und Pommes. Dann zweimal bitte, sagt meine Mutter. Für mich auch zwei, sagt mein Vater. Der alte Asterix-Kalauer, sag ich. Obelix, um genau zu sein, sagt mein Vater, aber mal so nebenbei, sollte es nicht schon seit Wochen auch auf dem Wochenmarkt Bratwurst geben? Die Verwaltung muss sowas eben gründlich prüfen, sagt meine Mutter. 

Es geht schließlich um die doppelte Innenentwicklung, sag ich, des Darmstädter Wochenmarkts. Genau, sagt mein Vater, um einen verantwortungsvollen Flächenverbrauch. Und um sinnvolle Nutzungsverschränkungen, sag ich. Was sollen die Phrasen, fragt meine Mutter. Du wandelst eben nicht auf dem Boulevard des Wissens, sagt mein Vater. Hast du den Masterplan 2030 nicht gelesen, frag ich. Überflogen, sagt meine Mutter. Aha, sag ich, da steht nämlich nix von Prüffeldern, nur von Handlungsfeldern. Deshalb gibts ja jetzt auch den Summer in the City, sagt meine Mutter.

Darmstädter City-Sommer, sag ich, um genau zu sein. Womit wir wieder bei den Schaustellern wären, sagt mein Vater, und den Bratwürsten. Gut, sag ich, ich fahr dann los, also viermal? Ja, sagt mein Vater. Zieh deinen Helm auf, sagt meine Mutter, und fahr langsam. Mama, sag ich, ist doch fast alles Fahrradstraße. Da kann man nicht so schnell fahren, sagt mein Vater, wg. der parkenden Autos rechts und links. Spar dir deinen Zynismus für den Wahlkampf, sagt meine Mutter. Wenn ich zynisch wäre, sagt mein Vater, würde ich vorschlagen, den Friedensplatz zur Fahrradstraße zu machen. Wieso, fragt meine Mutter.

Dann wäre er wenigstens grün angemalt, sagt mein Vater. Nicht noch das Thema, stöhnt meine Mutter. Warum heißt ein Platz Platz, frag ich. Weil einem der Kragen platzt, sagt mein Vater, wenn man so was sieht. Weil, sag ich, man da Platz braucht. Wenn die Bäume gewachsen sind, sagt meine Mutter, wirst du damit deinen Frieden machen. Na gut, sagt mein Vater, vielleicht kann man ja zwischen den diversen Festen mobile Blühwiesen drauf rumfahren lassen. So ne Art Öko-Autoscooter-Variante, sag ich. Darmstadts Beitrag zum Klimawandel, sagt mein Vater, und zur Verkehrswende gleichzeitig. Oh no, sagt meine Mutter.

Was ist mit Kohle, frag ich. Nix, sagt mein Vater, traditionell zahlst du das Essen beim Heinerfest. Ja, aber nur, sag ich, weil ich vorher von euch traditionell Heinerfest-Geld gekriegt habe. Das gibt der Haushalt dieses Jahr nicht her, sagt mein Vater, wir hatten Corona-bedingt massive Einnahmeausfälle. Welch Tragik, sag ich, aber warum sollte es dir besser gehen als dem Stadtkämmerer. Und gleichzeitig welch glückliche Fügung, sagt mein Vater.

Wieso glückliche Fügung, fragt meine Mutter. Na, sagt mein Vater, da kommt der lang erwartete Haushaltseinbruch ausgerechnet kurz vor der Kommunalwahl und niemand kann dem Kämmerer einen Vorwurf machen. Du meinst, sag ich, die Darmstädter wählen nur aus Mitleid grün-schwarz? Warum sonst, fragt mein Vater. Bevor ich rot sehe, sagt meine Mutter, fahr lieber ich schnell los. Okay, sag ich, aber zieh deinen Helm auf. Und, sagt mein Vater, nimm dein Handy mit.

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