Down oder froh?

Darmstadt-Glosse #148 Dezember 2020

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©Thea Nivea


Hi, ich bin Thea Nivea.

Nivea hab ich von meinem Vater. Weil ich als Kind mal Nivea gegessen habe. Erklärt er jedem, ders nicht hörn will. Überhaupt erklärt er reichlich viel. Damit ich durchblicke, sagt er. Dabei blick ich schon durch, sogar bei Politik. Oder bei Fußball. Und erklär ihm auch manchmal was. Oder meine Mutter mischt sich ein. Was dabei raus kommt, na ja, könnt Ihr selbst lesen, jeden Monat. Wenn Ihr mir was erklärn wollt, schreibt mir einfach: t.nivea@frizzmag.de

Locken, sagt mein Vater, hattest du schon als Kind. Zwischendrin, sag ich, war ich mal down deswegen, jetzt find ichs cool. Sind Locken, fragt meine Mutter, aktuell gerade angesagt? Keine Ahnung, sag ich. Aktuell ganz klar, sagt mein Vater, blondgelockte Engel haben Konjunktur. Holde Knaben auch, sag ich und fange an, laut zu singen. Still, sagt meine Mutter. Ja, ist denn schon wieder Nacht, frag ich. Why Nacht, fragt mein Vater, is it schon dunkel outside?

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Die Kontaktbeschränkungen, sag ich, tun uns nicht wirklich gut. Tiefstes Wortwitz-Niveau, sagt meine Mutter. Kein Wunder, sag ich, wenn schon mit meinem Besuch bei euch die Zwei-Haushalt-Grenze erreicht ist. Und das in einer Doppelhaushälfte, sagt mein Vater, und noch bis zum 20. Dezember. Das ist der Plan, sag ich, erst alles downlocken, damit wir Weihnachten alle frohlocken können. Sogar das Singen, sagt meine Mutter, soll dann temporär erlaubt werden. Aero‘ sole mio, tönt mein Vater.

Silvester, sag ich, ist dann stille Nacht. Wird nicht so ganz der Kracher dieses Jahr, sagt mein Vater. Wär ein schöner Mitnahmeeffekt, sagt meine Mutter, kein Feuerwerk mehr wg. Corona und nicht wg. der Umwelt. Man sieht, sag ich, es ginge, wenn man wollte. Wäre die Umweltpolitik so konsequent wie die Coronamaßnahmen, sagt meine Mutter, dann könnte man die Klimaziele vielleicht noch erreichen. Der City-Tunnel wird ja begrünt, sagt mein Vater, das ist doch brutal konsequent.

Der Westwald, sag ich, wird untertunnelt, das ist auch brutal. Die beste Alternative, sagt meine Mutter. Vor allem, sag ich, die jüngste, ein paar Wochen auf der Welt und schon auserwählt. Man hätte besser die älteste nehmen sollen, sagt mein Vater. Welche, frag ich, möchtet ihr eine Spätgeborene nicht mal gnädig einbeziehen? ICE-Bahnhof Tann, sagt mein Vater, direkt an der A5-Trasse. Die Siedlung Tann ist viel zu weit außerhalb, sagt meine Mutter. Das war der heutige Hauptbahnhof seinerzeit auch, sagt mein Vater.

Schienen-Charlie, sag ich. Nein, sagt mein Vater, Hoffmann Walter, das war seine Idee damals. Wirklich, fragt meine Mutter, ich dachte der Bypass? Ich rede nicht von fallen gelassenen SPD-Ex-OBs, sag ich, sondern von Radschnellrouten. Ah, sagt meine Mutter, ich bin für die flotte Frieda oder die mittige Mathilde. Hauptsache Frauenpower, sag ich. Genau, sagt meine Mutter, dieses Jahr sind erstmals alle drei Preise der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung an Frauen vergeben worden. Toll, sagt mein Vater, auch bei Hoffmanns hat jetzt Frau Gabi das Sagen. War das nicht schon immer so, fragt meine Mutter. Jetzt auch in der Waldkolonie-SPD, sagt mein Vater. Du meinst, sag ich, weil sie die Räumung der Starkenburg-Kaserne begrüßt hat?

2031, sagt mein Vater, kann Darmstadt dann weiter wachsen, noch mal um 5.000. Klingt nicht so frohlockend, sag ich. Nee, sagt mein Vater, ich halte das Wachstum Darmstadts nicht für so unvermeidlich, dass mans nur gestalten kann. Man könnte auch, sag ich, aber meine Mutter unterbricht mich. Wir wollten, sagt sie, in der Weihnachtszeit den Wahlkampf außen vor lassen. Du bist ja, sagt mein Vater, fast so ne Spaßbremse wie Mutti Merkel. Was wollen wir, fragt meine Mutter rigide, Weihnachten essen?

Spahnferkel, sag ich, statt Weihnachtsgans, wär doch mal ne Alternative. Man schreibt das ohne „h“, sagt mein Vater. Weihnachten ohne „h“, sag ich, ist wie … Ich bin gespannt, sagt meine Mutter. Wie, sag ich, Impfen ohne Dosen. Aha, sagt meine Mutter, wieso? Naja, sag ich, ich wollte mich dieses Jahr gegen Grippe impfen lassen, aber in der Apotheke sagten sie mir, Impfdosen gäbe es wahrscheinlich erst wieder … … an Weihnachten, sagt mein Vater. Nee, sag ich, eher Ostern. Da sind wir dann ja schon alle gegen Corona geimpft, sagt meine Mutter. Und das Downlocken hat endlich ein Ende, sag ich. Kennt ihr den Witz, sagt mein Vater, wo ein Mann zum Arzt kommt und sagt: Herr Doktor, ich will mich kastrieren lassen? Ja, Papa, sag ich, sei jetzt nicht down, aber lass uns lieber zefix frohlocken. Luja, ruft meine Mutter. Mit euch ists, sagt mein Vater, fast wie im Himmel.

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