„Hier ist das Leben individuell-zusammen.”

Bauwagenplatz Diogenes: Off the Grid, im Netzwerk der Natur

by

© Klaus Mai

In Bessungen, hinter der Radrennbahn schlängelt sich ein kleiner ungeteerter Weg durch das Grün einer Schrebergartensiedlung entlang der Lichtenbergschule und trifft auf ein kleines Idyll Darmstädter Wohnkunst: der Bauwagenplatz Diogenes.

Wer denkt nicht als erstes an Peter Lustig und die Kinderserie Löwenzahn, wenn er*- sie vom Leben in einem Bauwagen hört. Auf den ersten Blick ist die Löwenzahn-Fantasie stimmig: Wohnlich gestaltete Bauwagen, die sich harmonisch ins umgebende Grün einfügen. Peter Lustig sei aber ein schlechtes Beispiel, widerspricht Gabrielle Fend, die seit 15 Jahren auf Diogenes lebt: „Er lebt alleine und hat immer Knatsch mit seinem Nachbarn. So ist das Leben hier nicht.”

Auf Diogenes wird gemeinschaftlich gelebt - gemeinschaftlich innerhalb der neunköpfigen Bauwagenplatzgemeinde, gemeinschaftlich mit den Nachbarn und gemeinschaftlich mit der Natur. Die Bewohner*innen treffen sich mindestens einmal im Monat zum Plenum, Nachbarn werden zu Festen eingeladen. „Wenn es der Natur um den Platz schlecht geht, geht es uns schlecht”, erklärt Jilly Latumena, die seit drei Jahren auf Diogenes wohnt.

Die Natur war für Jilly die ausschlaggebende Motivation, ihre Wohnung in der Stadt hinter sich zu lassen. „Ich wohnte in einer WG in der Elisabethenstraße, die Mitte der Konsumhölle. Da war mir zu viel Lärm, zu viel Gewusel.”

© Klaus Mai

So gesehen ist Diogenes ein Gegenpol zur „Konsumhölle”: Der Boden bleibt unverdichtet, die Bewohner*innen generieren Strom per Solarzelle, heizen mit selbst gehacktem Holz, sammeln Regenwasser, schleppen Trinkwasser ganz nach Verbrauch, entsorgen ihr Brauchwasser umweltgerecht und benutzen eine gemeinschaftliche Komposttoilette. Gabrielle Fend erklärt: „Wir gehen hier zwangsläufig viel bewusster mit Ressourcen um, weil alles Arbeit macht.” Diese Arbeiten seien identitätsstiftend, ergänzt Jilly Latumena: „Leben hier ist quasi schon eine viertel Stelle.” Manchmal sei das auch anstrengend, wirft Gabrielle ein: „Noch was, was bei Peter Lustig nicht ganz stimmt, denn da sieht das immer so locker-flockig aus.”

Trotzdem sind sich beide einig, dass sich das Leben auf dem Bauwagenplatz „lohnt”. Neben Erfolgsgefühlen und Zufriedenheit nach geschaffter Arbeit entschädigt vor allem die Gemeinschaft und die Natur um den Bauwagenplatz. Gabrielle und Jilly erinnern sich an gesellige Abende mit selbst gebackener Steinofen Pizza im Dämmerlicht und glimmender Glühwürmchen.

und glimmender Glühwürmchen. „Das Leben hier ist anders. Jede*r alleine hat hier seinen*ihren Bauwagen, gemeinsam pachten wir den Platz”, sagt Gabrielle. „Hier ist das Leben individuellzusammen.”

Weitere Informationen:

www.wagenplatzdiogenes.wordpress.com

Back to topbutton