„Ich mache Politik, weil ich einfach nicht die Klappe halten kann.”

Darmstadts next Top-Politiker*in Teil 6: Anne Marquardt (SPD) will bessere Kinderbetreuung und freies Internet für alle.

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© Klaus Mai

FRIZZmag: Wieso beschäftigst Du Dich in Deinem Alter denn schon so sehr mit Politik? Ist ja nicht gerade das spannendste Thema für viele ...

Anne Marquardt: Ich habe mir irgendwann gesagt, ich kann mich darüber beschweren, was um mich passiert, oder ich kann schauen, dass ich es verändere. Durch die Fachschaft an der Uni hab ich ein paar Leute kennengelernt und bin dadurch zu den Jusos und zur SPD gekommen.

Welches Thema liegt Dir am meisten am Herzen? Wo möchtest Du etwas ändern?

Das Thema Kinderbetreuung in Darmstadt: Es gibt immer noch nicht genug Plätze, viele Familien erfahren erst sehr kurzfristig, ob sie einen Platz bekommen oder nicht. So ist es super schwierig, längerfristig zu planen. Das ist einfach blöd, wenn man wieder arbeiten gehen möchte oder muss.

Es gibt kaum junge Leute in der Politik und die Wahlbeteiligung ist auch nicht wirklich super. Woran liegt das und wie kann man das ändern?

Viele denken: Es funktioniert ja alles gut und betrifft mich nicht, warum soll ich mich da jetzt aufregen und zur Wahl gehen. Wenn es konkret etwas mit ihnen zu tun hat, dann fangen die Leute an, sich mit Politik zu beschäftigen. Wir Politiker*innen müssen anfangen rauszugehen und zu sagen: Ich bin im Stadtparlament und das und das sind meine Aufgaben. Und nicht: Ich mache Politik und das ist mir eigentlich peinlich. Denn es ist durchaus Interesse für unsere Arbeit da und in der Konsequenz dann die Bereitschaft, wählen zu gehen.

Worauf freut man sich, wenn man zwischen sechs und zehn Stunden StaVo vor sich hat?

Auf die Diskussionen, die da stattfinden, und ich glaube, wir in Darmstadt sind ein sehr diskussionsfreudiges Stadtparlament. Es ist unheimlich spannend, warum manche Leute eine andere Position haben als ich. Das hält einen nicht sechs oder zehn Stunden wach, sorgt aber zumindest dafür, dass man die meiste Zeit interessiert zuhört.

Wie viel Freizeit hast Du eigentlich noch, in der Du machen kannst, was Du willst und Dich nicht mit Politik beschäftigen musst?

Ich arbeite für mein Ehrenamt so zehn bis zwanzig Stunden in der Woche. Ich versuche, mir jeden Nachmittag von 15 bis 17 Uhr freizuhalten, um da wirklich Zeit mit Freunden und meiner Tochter zu verbringen. Dafür gehen dann aber die Abende oft drauf.

Du hast gerade ein wichtiges Amt aufgegeben: den Vorsitz des SPD-Ortvereins Martins- und Johannesviertel. Das war bestimmt eine bewusste und nicht ganz leichte Entscheidung?

Das war eine sehr bewusste Entscheidung. Ich hab das fünf Jahre lang gerne gemacht. Aber es gibt Sachen, von denen ich nicht möchte, dass sie zu kurz kommen, vor allem meine Familie und meine Freunde. Ich schließe nicht aus, dass ich das irgendwann wieder mache, aber im Moment brauchte ich mal ein bisschen mehr Zeit für mich.

Wo siehst Du Dich in zwanzig Jahren?

Es wäre schön, wenn ich in 20 Jahren noch Politik in Darmstadt machen könnte. Ich habe aber nicht einen so konkreten Plan, dass ich sagen würde, ich möchte jetzt in fünf Jahren als Fraktionsführerin kandidieren und in zehn Jahren als Oberbürgermeisterin.

Wenn Du Dir etwas wünschen könntest, was morgen in DA Realität ist, also von so ner Art OB-Fee, wofür würdest Du Dich entscheiden? Noch wo 300 Meter Fahrradstraße, einen Veggie-Day pro Woche, ein Hochhaus mit 500 Wohnungen und einem Mietpreis von unter 8 Euro, freies Internet für alle? Oder was ganz anderes?

Freies Internet. Damit könnte man jungen Menschen zeigen, dass auch Politik was bewegen kann. Jeder hat immer sein Smartphone dabei, und ich glaube, das wird in der Zukunft auch noch mehr werden. Ich finde, dass freies WLAN inzwischen so eine Art Grundrecht ist.

Warum hast Du Dich vor dem FriedrichEbert-Platz fotografieren lassen?

Da ist ein ganz großer Spielplatz. Das ist so ein Ort, da kommt ganz viel Leben zusammen, und das ist für mich das, was Darmstadt ausmacht: Eine ganz lebendige Stadt, in der ganz viel Leben draußen statt finden kann.

Weitere Informationen:

twitter.com/pl_platypus

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