„Ich mache Politik, weil die Welt ein Update braucht.”

Darmstadts next Top-Politiker*in - Teil 1: Tim Huß (SPD)

by

© Klaus Mai

FRIZZmag: Wieso beschäftigst Du Dich in Deinem Alter schon so sehr mit Politik? Waren Fangen oder Videospiele nicht so Deine Welt?

Tim Huß: Nee (lacht). Ich war von 2010 bis 2011 Hessischer Landesschulsprecher und hab‘ nach dem Abitur überlegen müssen: Was kommt jetzt? Die Welt war mit Anfang 20 schon nicht perfekt. Seehofer, Orbán, Trump, die gibt es ja wirklich. Und da muss man was dagegen machen.

So viel zur Weltpolitik. Welches Thema liegt dir denn in Darmstadt am Herzen?

Die Verkehrswende. Darmstadt ist eine wachsende Stadt, aber immer noch voll mit Autos. Beim Radwegeausbau und ÖPNV-Ausbau geht es nicht richtig voran.

Es gibt ja kaum junge Leute in der Politik und die Wahlbeteiligung ist auch nicht wirklich super …

Na ja, in die SPD sind gerade extrem viele junge Leute eingetreten. Nicht alle jungen Menschen wissen, dass man das, was man hat, auch verteidigen muss. Auf andere hat der Druck stark zugenommen. Ich glaube aber, die Jugend politisiert sich gerade wieder. Und das ist gut so.

Wird man als „Jungpolitiker“ von den „alten Hasen” ernst genommen?

Mittlerweile ja. Man muss halt auch mal widersprechen und darf auf keinen Fall beratungsresistent sein. Ältere Politiker haben Erfahrungen, von denen wir alle profitieren. Ich versuche es nicht mit der Brechstange, sondern mit kühlem Kopf. Radboxen mit Lademöglichkeit oder der Digitale Ethikbeirat sind Ideen von mir, die ich so durchsetzen konnte.

Worauf freut man sich eigentlich, wenn man zwischen sechs und zehn Stunden StaVo vor sich hat? Du könntest ja genauso gut auf dem Weihnachtsmarkt oder im Schwimmbad sein?

Ich freue mich auf die Debatten, ich freue mich Reden zu halten und ich freue mich auf den Kampf um das beste Argument. Deshalb mache ich Politik.

Wie viel Freizeit hast Du eigentlich noch?

Unter der Woche eigentlich gar keine, mit Vollzeitjob und Abendterminen habe ich einen 15-Stunden Tag. Ich boxe mir aber die Termine am Wochenende frei, da lege ich auch höchsten Wert drauf.

Und da machst Du dann was?

Ich bin meistens im Stadion, Heimspiele am Bölle und auswärts. Auch mal abends mit Freunden weggehen und nicht über Politik reden. Und ich spiele Klavier.

Wagen wir mal einen Blick in die Zukunft: Wo siehst Du Dich in zwanzig Jahren?

Ich mag keine Glaskugeln. In 20 Jahren will ich aber sagen: Ich hab‘ was verbessert und ich habe immer noch viele neue Ideen, was man besser machen kann.

Wenn Du Dir was wünschen könntest, was morgen in Darmstadt Realität ist, also von so einer Art OB-Fee, wofür würdest Du Dich entscheiden? Noch wo 300 Meter Fahrradstraße, einen Veggie-Day pro Woche, ein Hochhaus mit 500 Wohnungen und unter 8 Euro Miete, schnelles Internet für alle? Oder was ganz anderes?

Die sind ja fast alle gut.

Die OB-Fee gewährt nur einen Wunsch ...

Ich will top ausgestattete Schulen haben, in denen Jugendliche nicht nur für den Beruf, sondern auch für das Leben ideal vorbereitet werden.

Und deswegen hast Du dich auch in der Ernst-Elias-Niebergall-Schule (Beratungsund Förderzentrum in Darmstadt, Anm. d. Red.) fotografieren lassen?

Ja, auch deswegen. Und auch, weil ich dort als Landesschulsprecher meinen ersten Besuch gemacht habe. Das war so ein Aha-Erlebnis: Hier werden Kinder in kleinen Klassen unterrichtet und es ist schon schön zu sehen, was kleinere Klassen und eine angemessene Ressourcenausstattung bewegen können. Die Kompetenzen von Förderschullehrer*innen sind ungemein wichtig und gehören langfristig an die Regelschule. Als Landesschulsprecher habe ich Inklusion deshalb ja auch ziemlich hart gepusht.

Du hast dich gerade als Kandidat für die Landtagswahl gegen Hanno Benz durchgesetzt. Was bedeutet das für Dich und für die Darmstädter SPD?

Auch die Darmstädter SPD brauchte ein Update und ich glaube, dass das ein wichtiger und mutiger Schritt ist.

Erhöht das Deine Chancen auf das Amt des Darmstädter SPD-Vorsitzenden als Nachfolger von Brigitte Zypries?

Das sind zwei Paar Schuhe. Jetzt bin ich erst mal als Landtagskandidat nominiert und hab‘ da viele neue Ideen.

Mehr Infos: twitter.com/tim_huss

tim_huß.info

*15.6.1992 in Darmstadt, Abitur an der Edith-Stein-Schule, Master Friedens- und Konfliktforschung, Planer für Entwicklungszusammenarbeit (Schwerpunkt Digitalisierung), ledig, keine Kinder. SPD-Mitglied seit 2009, Stadtverordneter seit 2014, Vorsitzender des Umweltausschusses und stellv. Vorsitzender der SPD Darmstadt.

Back to topbutton